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Fotos die lügen

Das Formel 1 Forum früherer Tage...
Beitrag Mittwoch, 12. Februar 2003

Beiträge: 543
So lautet der Titel eines Buches, das ich bereits in einem anderen Thread angepriesen habe:

https://www.motorsport-magazin.com/forum/viewtopic.php?t=3244&start=75&sid=656381c7001957b6b4f01192a69792b6

Von dort stammt auch die Idee, für solche möglicherweise oder offenkundig gefälschte Bilder, oder solche, auf die zumindest in möglicherweise "böser" Absicht nicht das zeigen, was angeblich auf ihnen zu sehen sein soll, einen eigenen Thread zu starten. So nach und nach dürfte das eine nette kleine Sammlung werden und vielleicht gelingt es uns mit vereinten Kräften ja sogar, ein paar davon zu entlarven.

Um mal einen Anfang zu machen, möchte ich zwei Bilder bringen, die mich im Moment sehr beschäftigen:

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Zu sehen jeweils das selbe Auto, ein 1940/41 bei Touring in Italien im Auftrag des NSKK gebaute Sonderversion des BMW 328. Der Krieg schien nach dem Sieg über Frankreich bald vorüber zu sein und das NSKK (sozusagen die "Nationalmannschaft") wollte für die sicher bald wieder auflebende Renntätigkeit gewappnet sein. Man hatte auch schon konkrete Pläne, drei dieser Autos sollten beim für 1941 geplanten Rennen Berlin-Rom teilnehmen.

Wie wir alle wissen ist ja dann daraus nichts geworden, aber die drei vorhandenen Autos scheinen den Krieg alle mehr oder weniger gut überstanden zu haben. Eines davon ist nach dem Krieg in Privathand bei diversen Rennen erschienen und wurde danach in die USA verkauft. Ein zweites Auto ist danach gänzlich verschollen (die Spur führt möglicherweise in die Schweiz) und eines hat den Weg zurück ins BMW-Museum gefunden. Ich vermute mal, daß es dieses letztere Auto auf den Bildern zu sehen ist.

Meiner Meinung nach sind die Bilder absolut identisch, d.h. stammen von der selben Aufnahme, nur einmal ist dick und fett die Startnummer 71 drauf gepinselt und einmal ist das Ganze in jungfräulichem weiß (oder silber? :wink: ).

Dazu muß ich sagen, daß die "71" die Startnummer eines der legendären Mille Miglia Roadster von 1940 gewesen ist (wenn auch nicht die des Siegerautos selbst), aber der "NSKK-Roadster" war bei diesem Rennen GARANTIERT nicht mit dabei!

Für mich sieht es ganz danach aus, also ob jemand versucht hätte, einem sachunkundigen Publikum einen echten Mille Miglia-Roadster vorzutäuschen.

Irgendwelche Ideen dazu?

Beitrag Mittwoch, 12. Februar 2003

Beiträge: 8060
Hier kommt einer der bekannten 'Fakes' - und ich glaube McRonalds hat genau dieses Bild schon gestern angesprochen:

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Der weiße Mercedes! Wobei hier weniger die Farbe anzuzweifeln ist, viel mehr ist die Vollretusche über's ganze Bild wichtig. Auch beim Retuschieren der Aufhängungen war man sehr akurat. Ich bin momentan weit von meinen Unterlagen entfernt, aber das Bild hat noch andere 'Ungenauigkeiten' - ich schaue heute abend mal nach.

Zum BMW: die scheinen mir wiklich identisch zu sein. Die Theorie die wir bei Willi Walb und dem Auto Union angewendet haben funktioniert aber hier nicht: kaum vorstellbar dass jemand wartet bis die 71 auf's Auto gepinselt ist um dann ein zweites Bild zu schließen.

Ganz nebenbei: es sieht mit hier auch nach einer Vollretusche aus. Das war für Pressefotos bis weit in die Achtziger Jahre durchaus üblich - aber viele Details vielen hier auch manchmal dem Pinsel zum Opfer. Ob beabsichtig oder nicht sei hier mal dahin gestellt.

Später mehr...:)

Beitrag Mittwoch, 12. Februar 2003

Beiträge: 29
Hallo Uechtel, hab auch dieses Forum entdeckt :D) (danke Holger)

Die BMW-bilder sind vollkommen identisch:

- das Vorderrad ist auf beiden Bildern GENAU identisch gedreht
- die Falten in dem Leder des Beifahrersitzes sind identisch
- die Schatten beim Scheinwerfer sind identisch
- auf dem Kühler ist einen weißen Fleck zu sehen, und zwar auf beiden Bildern.

Ich denke aber eher, das man die Nummer 71 vom Bild wegretuschiert hat, das wäre viel einfacher als andersrum?

Und zum 2. Bild: Fahrzeuge und auch Lokomotiven erhielten im Schwarz-Weiß-Zeitalter oft eine Spezielle, weißgraue Fotoanstrich. Auf der Weise würde der Kontrast verbessert und waren Einzelkeiten besser zu sehen. Nach der Fotosession würde das Objekt dann noch einmal neu Lackiert. Könnte auch hier der Fall sein?

Beitrag Mittwoch, 12. Februar 2003

Beiträge: 8060
brun hat geschrieben:
Fahrzeuge und auch Lokomotiven erhielten im Schwarz-Weiß-Zeitalter oft eine Spezielle, weißgraue Fotoanstrich. Auf der Weise würde der Kontrast verbessert und waren Einzelkeiten besser zu sehen. Nach der Fotosession würde das Objekt dann noch einmal neu Lackiert. Könnte auch hier der Fall sein?


...möglich, muß aber nicht unbedingt sein - aber dazu mußte ich das Bild mal in optimaler Auflösung sehen. Kann mir jemand sagen aus welchem Werk(en) die Bilder stammen?

Beitrag Mittwoch, 12. Februar 2003

Beiträge: 8060
...übrigens: Willkommen bei unseren (in letzter Zeit ziemlich 'speziellen') Diskussionen... 8)

Beitrag Mittwoch, 12. Februar 2003

Beiträge: 29
Danke... mir kann es nicht speziell genug sein :-)

Beitrag Mittwoch, 12. Februar 2003

Beiträge: 1477
Vielleicht steh' ich ja auf'm Schlauch - aber was ist eine "Vollretusche", und warum soll das Bild des W25-Prototyps eine sein??

Beitrag Mittwoch, 12. Februar 2003

Beiträge: 543
Hallo Brun,

willkommen im Club!

Da trifft sich jetzt die ganze feine Gesellschaft wieder!

Zu den beiden Bildern: Das mit der Startnummer hab ich aus Schumann: Motorsport in Deutschland (woher auch sonst?), das ohne Startnummer von Halwart Scharder: BMW Automobile.

Und egal, ob "71" wegretuschiert oder draufgeschrieben, die Startnummer an sich ist meiner Meinung nach ein Fake, weil das Teil ja wohl nie an einem Rennen teilgenommen hat.

Beitrag Mittwoch, 12. Februar 2003

Beiträge: 950
Okay, dann laßt uns mal in die Tiefe gehen! Fangen wir an mit dem Mercedes - weil ich da gleich Quellen gefunden habe.

Das Bild - ganz klar & keine Frage - ist retuschiert. Und das nicht unerheblich. Allerdings war diese Methode bis vor etwas 10 - 15 Jahren noch sehr verbreitet um die Zeichnung von Fotoabzügen in dunklen, hellen oder schwammigen Passagen zu verbessern. Daran ist an für sich nichts Verwerfliches solange nichts beschönigt oder verfälscht wird.

Witzigerweise erscheint mir das Bild, welches Alfalfa gepostet hat (kommt offenbar aus einem anderen Forum, oder?!) komplett anders retuschiert zu sein, als jenes welches ich in einem meiner Bücher entdeckt habe. Im Bereich des Hecks etwa erscheinen die Schrauben auf Alfalfas Bild enorm groß und grobschlächtig (und das obwohl sein Bild viel kleiner ist), während auf dem Detail, welches ich aus George Monkhouse 'Mercedes Benz - Grand Prix 1934-1955' gescannt habe in dem Bereich nur eine Überarbeitung der Zwischenräume zwischen den einzelnen Karosseriepartien erkennen läßt (Detail1):

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Die Frontscheibe z.B. wurde nachgerabeitet und das Mercedes Logo hinter der Motorhaube ist mit größter Sicherheit nachträglich aufgepinselt worden. So schwarz und deutlich wäre es nie auf einem Foto - zudem fällt das fehlen von Reflexen auf (Detail 2):

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Richtig witzig wird es z.B. bei den Reifen und Felgen, hier stellvertretend das rechte Vorderrad. In der Vergrößerung ist eine deutliche Korrektur mit bloßem Auge zu erkennen. Das ist zwar für den Gesamteindruck des Autos nicht so wichtig, aber es läßt einem eben auch an anderen - wichtigen - Details zweifeln (Detail 3):

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In irgendeinem meiner Bücher steht sogar daß es sich bei diesem Bild um ein heftig korrgiertes handeln soll - leider finde ich das Werk momentan nicht. Dort gibt es auch noch ein alternatives Bild - und mich würde es nicht wundern, wenn es widerum anders wäre als diese beiden. Wie gesagt - wenn ich es finde kommt es sofort in diesen Thread!

Und nun das Bild in voller Schönheit - und Leute! - festhalten!!!

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Jetzt geht das Vergleichen zwischen den beiden Bildern hier erst richtig los: aus dem Sitzbezug ist z.B. aus schönstem schwarz ein helles Grau geworden. Vorne und hinten fehlen bei mir Nummernzeichen und das D auf dem Heck! Der Mercedes-Stern ist komplett verschwunden! Und im Großen und ganzen (besonders im unteren Bereich) erscheint Alfalfas Bild viel heller. Jetzt darf also gerätselt werden - denn meiner Meinung nach sind beide Bilder ziemlich verfremdet!

Übrigens: ein weiteres Buch welches vor (teilweise wirklich übelst) retuschierten Bildern nur so wimmelt ist Peter Kirchbergs 'Grand Prix Report - Auto Union - 1934-1939' - Holger wird es sicher kennen.

Beitrag Mittwoch, 12. Februar 2003

Beiträge: 543
Damit ihr seht, daß Bilder Fälschen keineswegs nur eine Erscheinung aus der Zeit des tausendjährigen Reiches ist, hier mal was aus einer späteren Epoche. Es geht hier wieder einmal um die Startnummer. Und auch dieses Bild dürfte einigen hier wieder gut bekannt sein...

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Das Bild zeigt angeblich Richie Ginther / Honda beim Grand Prix von Mexiko 1966, von dem auch das folgende stammt:

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Wer mag die Lösung verraten? McRonalds, wie wär´s?

Beitrag Mittwoch, 12. Februar 2003

Beiträge: 1477
Ich krieg' Flöhe ....!!! :shock: :shock: :shock:

Beitrag Mittwoch, 12. Februar 2003

Beiträge: 543
Für mich sieht Alfalfas Bild ziemlich original aus. Von der Bildqualität her vermutlich aus einer alten Zeitschrift gescannt?

Und klar: Das Nummernschild stört doch sehr, dafür muß natürlich der Stern her (der ist wohl auch von der Perspektive her nicht so ganz gelungen). Und schwarze Ledersitze sehen doch sicher viel eleganter aus, als dieses graue (braune?) Zeug.

Beitrag Mittwoch, 12. Februar 2003

Beiträge: 543
und weil´s gerade so schön läuft und nach stundenlangem Upload und zweimaligem Absturz das Hochladen endlich geklappt hat, hier noch etwas aus der Kategorie "Tarnen und Täuschen":

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Die Lösung kommt später...

Beitrag Mittwoch, 12. Februar 2003

Beiträge: 8060
@uechtel:

Komisch, aber auf dem ersten Bild mit dem Honda mit der #11sieht man ganz hinten einen Lotus mit der #11 - ein ganz übler Fake! Ich glaube aber, dieser Fake ist ein digitaler Scherz.

Zum letzten Bild wage ich mal einen Tipp: '68er Brabham?!
:roll:

Beitrag Mittwoch, 12. Februar 2003

Beiträge: 543
Richtig! Aber was ist der Fake???

Beitrag Mittwoch, 12. Februar 2003

Beiträge: 8060
...das wenn ich wüßte - aber die #11 ist definitiv falsch... :evil:

Beitrag Mittwoch, 12. Februar 2003
CMR CMR

Beiträge: 4496
So gute Augen hab ich nicht, daß ich die 11 auf dem Lotus erkennen kann, aber man kann es erahnen. Laut Startliste für Mexico 66 hatte der Lotus die 11 und der Honda die 12.

Beitrag Donnerstag, 13. Februar 2003

Beiträge: 950
Also das hat mich jetzt nicht losgelassen - und meine Suche war erfolgreich - und brachte prompt Variante 3 des Mercedes-Bildes (aus Karl Ludvigsens 'Classic Grand Prix Car - the front engine formula 1 era 1906-1969'.

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Witzigerweise enthüllt dieses Bild auch gleich eine (oder die gängigste) Retusche-Methode - eindeutig wurde nämlich hier der Mercedes-Stern vor dem Cockpit entfernt (siehe Detail unten). Diese Spuren hinterläßt getrocknete Farbe wenn sie brüchig wird. Wurde also der Stern erst drauf und dann wieder wegretuschiert? Kompletter Blödsinn, oder? Aber andererseits sind sicher viele Duplikate im Umlauf - und an denen wurde sicher auch herumretuschiert. Wenn man jetzt bloß wüßte, welches das Original-Bild ist?

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@Üchtel:
Die Fälschung vom GP von Mexiko 1966 ist nicht von mir - aber irgendwo habe ich darüber schon mal diskutiert.

Beitrag Donnerstag, 13. Februar 2003

Beiträge: 8060
...wenn ich jetzt die drei Bilder so sehe sieht mir das erste immer noch am originalsten aus. Besonders wegen dieses undefinierbaren Zeugs im Vordergrund, welches man auf den beiden anderen Bildern offenbar auch weggemacht hat... :roll:

Beitrag Donnerstag, 13. Februar 2003

Beiträge: 29
@Uechtel: die Beine von der Frau rechts? (Krampfader weggepinselt)
:lol:

Beitrag Donnerstag, 13. Februar 2003

Beiträge: 8060
...keine Ahnung! Ist wohl der ganze Hintergrund falsch und gehört gar nicht hinzu? Gibt's das Bild vielleicht auch größer? So sieht man zu wenig... :?

Beitrag Donnerstag, 13. Februar 2003

Beiträge: 0
--
Zuletzt geändert von deleted am Donnerstag, 22. Dezember 2011, insgesamt 2-mal geändert.

Beitrag Donnerstag, 13. Februar 2003

Beiträge: 8060
...stimmt. Wenn die Story richtig ist, dann müssen die Kisten beim Eifelrennen '34 ja zwei mal gewogen worden sein...

Beitrag Donnerstag, 13. Februar 2003

Beiträge: 543
Bild

Na gut, dann wollen wir die Sache mal auflösen. Soll ja auch kein Rätsel-Thread werden hier...

Worauf ich bei dem Bild hinaus wollte, ist natürlich dieser enorme, mannshohe Heckflügel! Selbst in der 68er Saison, als die DInger überall in vorher unerreichte Höhen sprossen, war das schon ziemlich aufsehenerregend. Aber vielleicht wird die Genialität der Konstruktion klarer, wenn ich euch das Ganze mal von hinten zeige:

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Black Jack dürfte die Konkurrenz damit ganz schön erschreckt haben.

Übrigens: Nicht nur Autos hat er gefaked:

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Beitrag Donnerstag, 13. Februar 2003

Beiträge: 1477
Noch mal zu dem W25-Prototyp, zum Vergleich hier noch mal die Bilder untereinander:

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Ich stimme Alfalfa zu, Bild 1 scheint noch am originalsten zu sein, obgleich die Retuschen deutlich erkennbar (wie Ronald sagt, die Schrauben am Heckblech sind viel zu gross, und die ... was ist die Mehrzahl von "Spalt"? ... Spalte? zu übertrieben.
Bild 2 ist wirklich übel retuschiert, vor allem die weissen Ränder um die Reifen und der nicht perspektivgerechte Stern. Dass man das Nummern- und das D-Schild weggezaubert hat, kann ich ja durchaus verstehen, ich glaube nicht, dass man das bei Bild 1 nachträglich eingesetzt hat, ergäbe keinen Sinn.
Bild 3 sieht auf den ersten Blick noch am originalsten aus, wenn man nicht die beiden anderen kennen würde. Ich halte es für naheliegend, dass Bild 2 die Ausgangsbasis war, man hat die Reifen verbessert, und den nicht passenden Stern wieder wegretuschiert.
Aber wie es nun wirklich war, werden wir wahrscheinlich niemals erfahren, es sei denn, das Originalnegativ befindet sich noch im DB-Archiv.

Die wichtigste Frage allerdings bleibt meiner Meinung nach von den Retuschen unberührt - und das ist die Farbe. Ich glaube kaum, dass man einen silbernen Wagen nachträglich weiss retuschiert, das würde einfach keinen Sinn machen.

Generell gesehen machen mir diese ganzen Retuschen aber wirklich Bedenken hinsichtlich historischer Forschungsarbeit. Egon Thurner (wo ist der eigentlich?), mit dem ich zusammen die Ferrari-Recherche gemacht habe, ist Hobbyfotograf, und hat mich bereits damals auf diese Möglichkeiten hingewiesen - die ich allerdings für nicht so ernst gehalten habe. Wenn man jetzt sieht, was wirklich alles möglich ist ...?!
Gerade in Sachen "Motorsportgeschichte" in Verkaufsanzeigen und Auktionskatalogen bin ich bisher davon ausgegangen, dass zeitgenössige Photos unumstösslich sind, aber nun ...?

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