Weder in Silverstone noch in Spa-Francorchamps lief es für das Team von Colin Kolles wie erhofft. Zweimal gab es eine Nullnummer. So verspielten die Österreicher auch die große Chance, in der Wertung der privaten LMP1-Teams einen Vorsprung auf das Team von Rebellion Racing herauszufahren. Die Schweizer waren zu den ersten beiden Saisonrennen nicht angetreten. Dennoch steckt ByKolles Racing den Kopf nicht in den Sand.

ByKolles-Renndirektor Boris Bermes glaubt trotz der jüngsten Misserfolge an ein erfolgreiches Rennen in Le Mans. So sollen die Testfahrten in Spa vielversprechend gelaufen sein: "Ich bin zufrieden, sagen zu können, dass wir in Spa einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht haben. Alle drei Fahrer haben zusammen mit dem Team bis zu diesem Punkt großartige Arbeit geleistet. Wir freuen uns darauf, zu sehen, ob sich diese harte Arbeit ausgezahlt hat", blickt Bermes optimistisch auf Le Mans

Alleine die Tatsache, dass ByKolles in Le Mans an den Start gehen und gegen die großen finanzkräftigen Werksteams kämpfen kann, ist für das Team ein Erfolg. Das Hauptaugenmerk wird für das Kolles-Team aber wieder auf der privaten LMP1-Wertung liegen. Im Schatten der Werksteams will die Mannschaft von Colin Kolles Rebellion Racing hinter sich lassen.

Sieht etwas anders aus: Der CLM P1/01 wird in grau statt weiß in Le Mans starten, Foto: ByKolles
Sieht etwas anders aus: Der CLM P1/01 wird in grau statt weiß in Le Mans starten, Foto: ByKolles

Erfahrene Mannschaft, wenig standfestes Auto

Die Fahrer:Neben Simon Trummer und Pierre Kaffer wird in Le Mans Ex-Formel-1-Fahrer Tiago Monteiro das Team von ByKolles komplettieren. Somit treffen zwei Routiniers auf einen Le-Mans-Rookie.

Der Portugiese Monteiro hat die Erfahrung auf seiner Seite. Der 39-jährige ist der derzeit für Honda in der WTCC aktiv. Für ByKolles Racing wird er nun sein fünftes 24h-Rennen von Le Mans bestreiten: "Es ist eine Ehre gefragt zu werden. Ich bin Honda sehr dankbar, dass sie mich vorübergehend freigestellt haben, damit ich teilnehmen kann", freut sich Monteiro auf das Rennen.

Ebenfalls viel Erfahrung kann Pierre Kaffer in die Waagschale werfen. Bereits zum achten Mal fährt er in Le Mans. 2014 musste er das Rennen – damals noch im Ferrari – wegen eines Motorschadens aufgeben. "Gegen die schnellen Werksautos von Audi, Porsche und Toyota werden wir als Privatteam kaum etwas ausrichten können, aber dennoch haben wir hohe Ambitionen. Wir wollen uns im Kampf der Privatmannschaften gut präsentieren und das Potenzial unseres Autos ausschöpfen", gibt Kaffer die Richtung vor.

Nullnummer: Bislang kam ByKolles noch nicht ins Ziel, Foto: ByKolles
Nullnummer: Bislang kam ByKolles noch nicht ins Ziel, Foto: ByKolles

Der dritte im Bunde ist Simon Trummer. Der Schweizer ist erst seit 2014 in der WEC aktiv und feiert sein Le Mans Debüt. Als Ziel für seinen ersten Auftritt gibt er die Zielflagge aus: "Dieses Ziel hat für uns Vorrang und wenn wir dann auch noch ein gutes Gesamtergebnis einfahren könnten, wäre das für uns alle schon etwas ganz Besonderes." Insgesamt kommt das ByKolles-Trio also auf 12 Le-Mans-Teilnahmen, im Schnitt bedeutet dies also 3 pro Fahrer.

Das Auto: Der CLM P1/01 ist eine direkte Weiterentwicklung des Lotus T128, mit dem Lotus Praga bis 2013 in der LMP2 aktiv gewesen ist. Böse Zungen behaupten, dass das Fahrzeug nichts anderes als der LMP2 von 2013 ist, der um zehn Zentimeter verschmälert wurde. Nachgewiesen werden konnte das nie, Indizien gibt es durchaus. Der CLM P1/01 wurde seit seinen Einsätzen unter Lotus-Banner im Jahr 2014 weiterentwickelt. In Le Mans kommt eine völlig neue Aerodynamik zum Einsatz.

Das bisherige Problem des Fahrzeugs ist sein Gewicht. Bislang ist es dem Kolles-Team noch nicht gelungen, das Fahrzeug weit genug abzuspecken, um das Gewichtslimit von 850 Kilogramm zu erreichen. Am Motor soll es nicht scheitern: Der AER P60, zu dem Advanced Engine Research weiterhin keine Angaben zum Hubraum preisgeben will, beeindruckte sogar die Werksteams und wurde für einen höheren Fuel Flow von 106,4 Kilogramm pro Stunde statt wie bisher 104,9 ausgelegt worden ist.

Technische Daten CLM P1/01

Der CLM P1/01 geht mit AER-Power an den Start, Foto: ByKolles
Der CLM P1/01 geht mit AER-Power an den Start, Foto: ByKolles

Einsatzteam: ByKolles Racing
Länge: 4.650mm
Breite: 1900mm
Höhe: 1050mm
Motor: AER P60 V6 Biturbo, Benzin-Direkteinspritzung
Getriebe: 7-Gang sequenziell
Energierückgewinnung: -
Energiespeicher: -
Systemleistung: ca. 550 PS
Hybridklasse: non-hybrid

Erfolgsbilanz in Le Mans: Colin Kolles schlug schon mehrfach in Le Mans auf, in die LMP1 wagte er sich erstmals 2009, als er die ausrangierten Audi R10 TDI vom Joest-Team übernahm. Hinter den Werksteams von Audi und Peugeot fuhren Andre Lotterer Charles Zwolsman in einem gigantischen Kraftakt zu zweit das bisher beste Ergebnis für Kolles ein: Platz 6. Der dritte Mann, Narain Karthikeyan, hatte sich bei einem Sturz von der Boxenmauer verletzt und fiel aus. 2010 kehrte Kolles noch einmal zurück, doch beide R10 fielen aus. 2014 sollte die Rückkehr erfolgen, doch der CLM P1/01 wurde nicht rechtzeitig fertig.

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Im Konzert der großen Werksteams wird ByKolles – wenn kein Wunder geschieht – selbstverständlich auch in diesem Rennen keine Rolle spielen. Dass man, im Gegensatz zum letzen Jahr wieder ein Auto an den Start bringen kann, ist schon ein kleiner Erfolg. Kolles wird sich mit Rebellion Racing einen großen Kampf um den Sieg in der Wertung der privaten LMP1-Teams liefern. Da die Rundenzeiten in Spa nicht schlecht ausfielen, kann vielleicht auch in Richtung Nissan geschielt werden. (Benedikt Rammer)