Am Samstagabend wartete im MotoGP-Sprint von Austin der große Moment der Wahrheit. Hatte sich Marc Marquez, der zuvor sieben der zehn Rennen auf dem Circuit of the Americas gewonnen hatte, in den Trainings bislang nur zurückgehalten? Würde er im Sprint erstmals Vollgas geben und seinen ersten MotoGP-Sieg seit September 2021 einfahren? Oder hatte er doch nicht tiefgestappelt und selbst auf der vermeintlichen Paradestrecke einfach nicht mehr mehr im Tank? All diese Fragen wollten beantwortet werden und das Fazit - es liegt wohl irgendwo in der Mitte.

Denn Marquez hatte sich mit Startplatz drei zunächst in eine ideale Ausgangsposition für den Sprint gebracht. Im Qualifying war er schnellster Ducati -Pilot - und zwar in jener Disziplin, die ihm an den ersten beiden Rennwochenenden in Katar und Portugal eigentlich noch die größten Probleme bereitet hatte. Denn nach elf Jahren auf der Honda RC213V fehlten dem achtfachen Weltmeister bisher in der 'Timeattack' noch die nötigen Automatismen. Dort muss nach Instinkt gefahren werden - und dieser verleitet Marquez noch zu oft dazu, die Ducati Desmosedici GP23 wie eine Honda zu fahren. Und dabei handelt es sich natürlich nicht um den schnellsten Weg.

P2 in Austin: Marc Marquez im Sprint chancenlos gegen Vinales

Im Rennen lässt sich dieses Problem jedoch umgehen, weil den Fahrern dort mehr Zeit zum Nachdenken bleibt, sie sind selten am absoluten Limit unterwegs. Eben das verhalf Marquez, an den ersten beiden Rennwochenenden in gleich allen vier Rennen um eine Top-Fünf-Position zu kämpfen. Wer jetzt hoffte, dass es in Austin nun zum ganz großen Wurf reichen könnte, wenn schon das Qualifying ein voller Erfolg war und im Longrun folglich noch mehr gehen müsste, der wurde allerdings enttäuscht. Marquez konnte nur in den ersten beiden Umläufen mit Polesitter Maverick Vinales mithalten, anschließend flog dieser regelrecht davon. Der erste Gresini -Sieg rückte damit schnell in weite Ferne, vielmehr musste sich Marquez zunehmend gegen Pedro Acosta und Jorge Martin zur Wehr setzen.

Dass dies auch bis zum Rennende klappte, überraschte den Spanier ziemlich. "Ganz ehrlich, dieser zweite Platz ist etwas, mit dem ich heute nicht gerechnet hatte", lautete sein Fazit zu Beginn seiner Medienrunde am Samstagabend. Die Erklärung folgte sogleich: "Natürlich haben wir heute Vormittag im Training einen Schritt gemacht, aber in den Runden drei, vier und fünf war mein Gefühl fürchterlich. Ich bekam Probleme, die ich im Training nicht hatte. Es hat gedauert, bis ich meinen Fahrstil darauf anpassen konnte."

Dass es nach Platz zwei in Portimao dennoch zum zweiten Sprint-Podium in Serie reichte, zauberte Marquez am Samstagabend ein Lächeln ins Gesicht. "In Portimao hatte ich das bessere Gefühl für das Motorrad, ich bin besser gefahren. Heute bin ich nicht gut gefahren, ich habe noch viel zu verbessern", hält er zunächst zwar fest, aber: "Ich bin hier so trotzdem Zweiter geworden. In Portimao hatte ich dagegen schon das Gefühl, perfekt gefahren zu sein."

Marc Marquez verteidigte sich erfolgreich gegen Pedro Acosta und Jorge Martin, Foto: LAT Images
Marc Marquez verteidigte sich erfolgreich gegen Pedro Acosta und Jorge Martin, Foto: LAT Images

Marc Marquez träumt vom Austin-Sieg - die Realität sagt anderes

Auf der iberischen Halbinsel war also nicht mehr möglich als Platz zwei, in Austin ist dagegen noch Luft nach oben vorhanden - vielleicht sogar genug, um im Hauptrennen am Sonntag um den Sieg zu fahren? Marquez winkt ab: "Wenn du mir heute sagst, dass ich morgen auf dem Podium lande, unterschreibe ich das sofort. Ich muss realisitisch bleiben. Natürlich will ich gewinnen, das ist der Traum. Aber die Realität ist, dass Maverick und Martin schneller sind als ich. Und dann sind da Acosta, Bagnaia und Bastianini, die eine ziemlich identische Pace haben wie ich. Wir werden sehen, zu was es reicht."