Honda und Marc Marquez, das war bis ins Jahr 2020 eine einzige Erfolgsgeschichte. In sechs seiner ersten sieben MotoGP-Saisonen gelang dem Spanier der Gewinn der Weltmeisterschaft, doch seit einer schwerwiegenden Verletzung 2020 hat er mit dem Titel nichts zu tun. Zuerst bremste ihn sein eigener Körper aus, erst eine Arm-OP Mitte 2022 brachte Besserung. In diesem Zeitraum ist allerdings auch Honda im Zuge der Corona-Pandemie technisch weit hinter Branchenprimus Ducati zurückgefallen.

Die Folge scheint, dass Marquez den Erfolg erzwingen will und dabei sein Bike überfährt. Das Auftaktwochenende der Saison 2023 in Portimao war sinnbildlich. Holte er am Samstag noch sensationell die Pole-Position und einen dritten Platz im Sprint, so schoss er am Sonntag im Grand Prix in einem haarsträubenden Unfall Miguel Oliveira ab, was zu Verletzungen und damit Rennpausen bei beiden Piloten führte.

Marc Marquez fiel zuletzt mit einigen Fehlern auf, Foto: MotoGP Twitter
Marc Marquez fiel zuletzt mit einigen Fehlern auf, Foto: MotoGP Twitter

Rainey: Fehler nur mit einem guten Bike zu vermeiden

Motorrad-Legende Wayne Rainey empfindet Mitleid mit dem Ausnahmefahrer: "Es tut mir sehr leid, Marc in dieser Situation zu sehen. Während seiner ganzen Karriere ist er schon oft auf die Bretter gegangen, aber er war immer in der Lage zurückzuschlagen. Aber die letzten paar Saisonen fordern wirklich ihren Tribut." Der Amerikaner selbst wurde ähnlich wie Marquez aus einer Hochphase des Erfolges schlagartig herausgerissen. Nachdem Rainey von 1990 bis 1992 dreimal in Folge den Titel errang, stürzte er im Kampf um den vierten Titel beim Italien Grand Prix 1993 schwer und ist seitdem querschnittsgelähmt. Seinen Sport verfolgt er dennoch weiterhin genau.

Für den 62-Jährigen ist klar, dass auf der Honda aktuell immer ein Extra-Risiko in der ohnehin schon gefährlichen Sportart MotoGP mitfährt: "Das Beste ist, diese Fehler zu vermeiden, aber wie machst du das? Du musst auf ein Bike gelangen, das dir ein gutes Gefühl vermittelt. Das aktuelle Bike tut das nicht, auch wenn ich mir die anderen Fahrer auf diesem Paket ansehe. Die [Honda, Anm. d. Red.] haben Arbeit vor sich." Abgesehen von Alex Rins' Sensationswochenende in Austin steht Honda in der Saison 2023 bisher tatsächlich katastrophal da, das Werksteam belegt sogar den letzten Rang in der Teamwertung.

Für Rainey ist Marquez daher in einer Zwickmühle. "Marc muss niemandem mehr etwas beweisen. Er versteht, was passieren wird, wenn es nicht leicht von der Hand geht", spielt der Amerikaner auf die Fehler und Stürze der letzten Jahre an. Bei Honda zu bleiben, könnte daher eine trostlose und schmerzhafte Angelegenheit werden: "So wartest du einfach nur darauf, dass das Bike irgendwann besser sein wird."

Wayne Rainey legt Marc Marquez nahe, über einen Wechsel nachzudenken, Foto: Milagro
Wayne Rainey legt Marc Marquez nahe, über einen Wechsel nachzudenken, Foto: Milagro

Weg von Honda? Für einen Marquez ist das bereits gut gelaufen

Marquez fuhr in seiner ganzen Karriere nur für das Honda-Werksteam. Sein Vertrag dort läuft noch bis zum Ende der Saison 2024. Sehen wir den Spanier in den vermutlich letzten Jahren seiner Karriere tatsächlich noch einmal auf einem anderen Bike? Wayne Rainey ist von dieser Option überzeugt: "Manchmal findest du den blauen Himmel nur in einem anderen Team. Ich bin mir sicher, er hat darüber nachgedacht."

Und neben der Schwäche von Honda gibt es für den dreifachen Weltmeister auch noch einen weiteren naheliegenden Grund für Wechselgedanken: "Jetzt sieht er auch noch, was sein Bruder auf der Ducati macht, und das gibt ihm vermutlich noch mehr zu denken." Alex Marquez begann seine MotoGP-Karriere ebenfalls bei Honda, doch wechselte er für die Saison 2023 zu Gresini. Dort hat er, obwohl nur auf einer Vorjahresmaschine startend, in drei Rennen schon eine Pole-Position und zwei Top fünf Ergebnisse eingefahren. Während die Marquez Brüder erstmals sportlich getrennt sind, leben und trainieren sie privat weiterhin zusammen. Alex hat also genug Gelegenheiten seinem Bruder zu erzählen, wie gut die Ducati im Vergleich zur Honda ist.