Obwohl er nie eine Weltmeisterschaft gewinnen konnte, hat Andrea Dovizioso der MotoGP seinen Stempel aufgedrückt. Mit seinen 15 Grand-Prix-Erfolgen und 3 Vizeweltmeisterschaften von 2017 bis 2019 war der Italiener phasenweise ganz nach dran an der Motorradkrone und musste sich nur Superstar Marc Marquez geschlagen geben. Damals fuhr 'Dovi' noch für Ducati, doch seit er 2021 in der zweiten Saisonhälfte mit Yamaha in die MotoGP zurückkehrte, läuft für ihn nichts mehr zusammen. Seine beste Platzierung seitdem: Platz 11 in Portugal in dieser Saison.

Aufgrund dieser sportlichen Talfahrt zieht Dovizioso nun vorerst einen Schlussstrich unter seine MotoGP-Karriere. "Ich werde nicht mehr Rennen fahren, dafür gibt es keinen Grund. Ich habe immer gesagt: Wenn ich nicht mehr konkurrenzfähig bin, dann will ich nicht mehr hier sein. Du hast keinen Spaß daran, zu bleiben und Probleme zu haben, weil du eigentlich Gas geben willst. Wenn du nicht gut sein kannst, dann gibt es auch keinen Grund mehr, besonders nach 20 Jahren. Ich habe nicht einmal versucht, mir einen Platz für nächstes Jahr zu sichern", erklärte der RNF-Pilot. Der 36-Jährige deutete jedoch an, sich als Testfahrer anbieten zu wollen: "Ich bin komplett entspannt. Ich war schon letztes Jahr draußen und habe nur getestet. Damit kann ich leben."

Dovizioso muss Realität akzeptieren: Nicht konkurrenzfähig

Dovizioso wies auf die Technisierung der Königsklasse hin: "Die MotoGP hat sich stark verändert. Vor 10 Jahren waren immer die gleichen Fahrer vorne, egal auf welchem Motorrad sie fuhren. Sie hielten sich an der Spitze. Jetzt ist das anders, weil die technischen Bauteile wichtiger sind als früher. Alle sind da auf gutem Niveau und viel mehr Dinge können einen betreffen."

Das Überholen in der MotoGP ist aufgrund von komplizierter Aerodynamik und überhitzenden Reifen schwer geworden, was dem Italiener zu schaffen macht: "Jedes Rennen ist sehr schwierig, weil wir immer von hinten starten. Dadurch wird alles noch schlimmer. Schon im Training haben wir Probleme im Feld dabei zu sein. Im Rennen ist das ganze aber noch schlechter."

"Nicht konkurrenzfähig zu sein, ist eine komplett andere Geschichte als meine ganze Karriere zuvor. Das macht es so schwierig. Es ist das erste Mal für mich, dass ich nicht vorne dabei bin. Es ist schwer das zu akzeptieren, wenn es Training für Training und Rennen für Rennen mehr zur Realität wird", beschrieb Dovizioso seine Resignation. Vor seinem zweiten Yamaha-Engagement verpasste der MotoGP-Veteran nur in der Saison 2013 das Podest, doch damals wurde er auf Ducati dank zahlreicher Top-10-Resultate trotzdem achter der WM-Wertung. 2022 liegt er bisher auf Platz 22 mit gerade einmal 10 eingefahrenen Punkten.

Japanische Hersteller setzen nur auf einen Fahrer

Dovizioso erinnerte daran, wie er vor zehn Jahren für Yamaha erfolgreich war: "Zum Glück habe ich schon 2012 Rennen gefahren. Wenn ich damals nicht auf Yamaha gefahren wäre, dann würden alle sagen, dass ich es mit Yamaha nicht kann. Aber das ist nicht die Wahrheit. Der Grund ist, dass sich die MotoGP und das Bike verändert haben." In der Saison 2012 fuhr der damalige Tech-3-Pilot 6 Podestplätze ein und belegte Platz 4 in der WM.

Heutzutage würden die japanischen Hersteller ihr Motorrad aber nur noch auf einen Starfahrer zuschneiden. "Natürlich haben Honda und Yamaha gewonnen. Aber wenn wir von den Titeln sprechen, dann war es immer nur ein Fahrer, dem das Bike gepasst hat. Die anderen Fahrer sind weit davon entfernt. Das heißt, dass die Basis des Bikes zu schwer und zu angepasst ist. Das war so bei Honda in den letzten acht Jahren und so ist es jetzt bei Yamaha", meinte Dovizioso mit Blick auf Marc Marquez bei Honda und Fabio Quartararo bei Yamaha.

Nur Fabio Quartararo kommt mit der Yamaha zurecht, Foto: LAT Images
Nur Fabio Quartararo kommt mit der Yamaha zurecht, Foto: LAT Images

Nur ein Weg auf Yamaha schnell zu sein

Der 245-fache MotoGP-Starter führte sein Dilemma aus: "Die Yamaha ist sehr ungewöhnlich. Du hast ein gutes Gefühl und kannst sehr gut einlenken und bremsen. In anderen Bereichen ist sie jedoch nicht so gut. Wenn man nicht so fährt wie Fabio, dann ist es extrem schwer konkurrenzfähig zu sein. Er gewinnt, also kann man schnell sein. An den Beschwerden seiner Teamkollegen sieht man jedoch, dass es keinen weiteren Weg gibt, schnell zu sein."

Diese Erkenntnis machte Dovizioso an einem Vergleich mit Werkspilot Franco Morbidelli fest, der ebenfalls nicht ansatzweise mit Quartararo mithalten kann: "Wir fahren komplett gegenteilig. Morbidelli nutzt mehr Winkel für eine längere Zeit und bremst nicht so hart wie ich. Das ist komplett anders als bei mir, aber das Resultat ist dasselbe. Wenn es nur ein Bike [das schnell ist, Anm. d. Red.] gibt, dann gibt es wohl auch nur einen Weg konkurrenzfähig zu sein." Dovizioso hat für sich keine Hoffnung mehr, diesen Weg noch zu finden. Das Wort Karriereende sprach er nicht aus, doch 2023 wird man ihn definitiv nicht in einer MotoGP-Startaufstellung finden.