Es waren große Töne, die da seitens Ducati bei deren Team-Präsentation in Bologna gespuckt wurden. "Alles was für uns zählt, ist es, den Weltmeistertitel zu gewinnen. Ausreden, warum wir nicht gewinnen sollten, müssen wir ablegen. Es gibt keinen Grund, warum wir es nicht schaffen sollten", nimmt Gigi Dall'Igna, das gerissene Superhirn hinter den Ducati Desmosedicis seit 2014, sein Team in die Pflicht.

Denn 2014 verpflichtete man Dall'Igna vom direkten Konkurrenten Aprilia, um das marode Schiff in der MotoGP wieder auf Kurs zu bekommen. Seitdem rückten die Roten wieder Jahr für Jahr näher an die Spitze heran, bis schließlich 2016 die ersten Siege folgten. Motorsport-Magazin.com beleuchtet daher den Aufstieg Ducati zu einem der Big Player in der Motorrad-Königsklasse:

2014: Ducatis Podiumsfluch gebrochen

Lorenzos und Doviziosos neue Arbeitsgeräte: (00:21 Min.)

Die blamable MotoGP-Saison 2013 erforderte besondere Maßnahmen. Erstmals seit dem Einstieg in die Königsklasse anno 2003 blieb das Ducati-Werksteam ohne Podiumsplatzierung, es musste schleunigst etwas passieren. Zur Saison 2014 präsentierte man daher Gigi Dall'Igna, den Mann hinter Aprilias durchschlagendem Erfolg in der Superbike-WM, als Neuzugang. Und der machte seinem Ruf als Querdenker gleich einmal alle Ehre, als er sich dazu entschloss, das Ducati-Werksteam nach den Open-Regeln fahren zu lassen.

Der Clou dahinter: die Open-Klasse samt ihrer Privilegien wie weichere Reifen und größeres Motorenkontingent war eigentlich klammen Privat-Rennställen vorbehalten. Doch eine Open-Nennung eines Werksteams war nicht per Reglement explizit ausgeschlossen. Diese Lücke machte sich Dall'Igna zunutze und brachte so Ducati wieder voran. Andrea Dovizioso fuhr bereits beim zweiten Saisonlauf in Austin unter die ersten Drei und wurde zudem Zweiter beim Regenrennen in Assen.

Am Ende des Jahres wurde DesmoDovi immerhin WM-Fünfter, sein Teamkollege Cal Crutchlow hingegen kam nach drei Jahren auf der Tech3-Yamaha nicht mit der Ducati zurecht. Zwar wurde er in Aragon Dritter, doch der Brite wurde oft von Pleiten, Pech und Pannen heimgesucht. Deshalb suchte Crutchlow nach nur einem Jahr das Weite und ging als WM-13. zu LCR-Honda.

2014 schloss Ducati die Lücke zu Honda und Yamaha teilweise, Foto: Repsol
2014 schloss Ducati die Lücke zu Honda und Yamaha teilweise, Foto: Repsol

Ducati: Die Bilanz 2014

FahrerWM-Pos.PunkteSiegePodienBestes Ergebnis
Dovizioso5.187022. (Assen)
Crutchlow13.74013. (Aragon)

2015: Der erste Sieg seit 2010 rückt näher

Dall'Ignas Erfindungsreichtung ging auch 2015 weiter. Wieder schaffte es der findige Italiener damit, die Roten einen gehörigen Schritt näher Richtung Spitze zu bringen. Mit den revolutionären Winglets, die fortan die Diskussionen beherrschten, brachte Dall'Igna frischen Wind in den Sport und sorgte für schrillende Alarmglocken bei den Entwicklungsabteilungen der Konkurrenz. Schon im ersten Rennen in Katar fuhr Dovizioso damit zur Pole-Position.

Beim Katar-Test 2015 brachte Ducati erstmals Winglets, Foto: Ducati
Beim Katar-Test 2015 brachte Ducati erstmals Winglets, Foto: Ducati

Gemeinsam mit Neo-Stallgefährte Andrea Iannone kämpfte er bis zum Schluss um den Rennsieg. Eine Ducati, die ernsthaft um Siege fighten kann - so etwas sah man zuletzt im Jahr 2010! Im Laufe der Saison war Ducati noch mehrmals nahe an einem Sieg dran, so etwa auf Phillip Island oder in Silverstone. Andrea Iannone kämpfte beim Australien-GP bis zum Schluss gegen Jorge Lorenzo, Valentino Rossi und Marc Marquez um den Sieg.

In Großbritannien konnte sich Rossi gegen Dovizioso und Pramac-Pilot Danilo Petrucci erfolgreich zur Wehr setzen. Im Hintergrund bastelte derweil Dall'Igna weiter an einer stärkeren Desmosedici: Das Winglet-Konzept wurde über das Jahr immer weiter verfeinert, und auch das Attribut des Reifenmörders legte die Ducati langsam, aber sicher ab. So konnte man 2015 immer häufiger in das Geschehen ganz vorne eingreifen.

Ducati: Die Bilanz 2015

FahrerWM-Pos.PunkteSiegePodienBestes Ergebnis
Iannone5.188032. (Mugello)
Dovizioso7.162052. (Doha, Austin, Termas de Rio Hondo)

2016: Iannone und Dovizioso erlösen Ducati

In der MotoGP-Saison 2016 sollte der nächste Schritt folgen: Endlich soll der erste Sieg her! Den letzten Triumph in Rot feierte man im Oktober 2010 mit Casey Stoner. In Borgo Panigale arbeitete man fieberhaft daran, aus der Desmosedici ein Bike zu formen, das permanent um Siege zumindest kämpfen kann. Doch das Jahr begann aus Team-Sicht mit einer Katastrophe nach der anderen: Andrea Iannone warf immer wieder ein Top-3-Resultat durch Stürze und Unfälle weg, wie beispielsweise in Katar oder Le Mans.

Andrea Dovizioso versammelte gefühlt alles Pech der Welt auf sich. Beim Argentinien-GP wurde er in der letzten Kurve vom eigenen Teamkollegen abgeschossen, eine Woche später von Dani Pedrosa. Beide Male lag Dovizioso auf Podiumskurs. In Jerez spielte Dovizioso die Technik einen Streich. Statt bestplatzierter Ducati-Pilot zu sein musste Dovizioso einen Nuller anschreiben. Unvergessen ist auch der Synchronsturz mit Marc Marquez in Le Mans. Besser wurde es für Dovizioso und Iannone erst in der zweiten Saisonhälfte.

Dort konnten die Roten ihr Potenzial endlich auch in die entsprechenden Resultate ummünzen. Nach den Testfahrten auf dem Red Bull Ring war klar, dass der Sieg nur über Ducati geht. Prompt holten Iannone und Dovizioso einen Doppelsieg und beendeten damit die 100 Rennen andauernde Sieglos-Serie der Roten. Dovizioso legte einen Sieg in Sepang sowie Platz zwei in Motegi nach. Immer wieder deutete sich an, dass Ducati drauf und dran ist, permanent im Konzert der Großen mitzuspielen. Der finale Schritt soll nun 2017 gemacht werden.

Ducati: Die Bilanz 2016

FahrerWM-Pos.PunkteSiegePodienBestes Ergebnis
Dovizioso5.171151. (Sepang)
Iannone9.112141. (Spielberg)

Fazit

Durch seine Charaktereigenschaft als Querdenker schaffte es Gigi Dall'Igna, aus Ducati nach zweieinhalb Jahren Aufbauarbeit wieder eine Siegermannschaft zu machen. Der Aufstieg der Roten ist eng verknüpft mit seiner Person. Immer wieder war Dall'Igna der Mann für das Unkonventionelle, siehe Open-Class-Entry 2014, Winglets 2015 oder die abgedeckten Rad-Felgen zuletzt in den Misano-Trainings. Die Fortschritte umsetzen müssen aber letztlich final die Fahrer auf der Strecke, weshalb auch Andrea Dovizioso und Andrea Iannone ihren Anteil am Ducati-Aufschwung haben und hatten. Ob mit Lorenzo an Stelle von Iannone 2017 wirklich der Titel in greifbarer Nähe ist, wird sich allerdings erst zeigen müssen.