Er sorgte wieder einmal für die Szene des Tages: Marc Marquez gelang im 2. Training zum Grand Prix von Tschechien ein Monster-Save. Dieser begeisterte Fans und Kollegen gleichermaßen. In Turn 13 rutschte das Vorderrad seiner Honda weg, doch ein koordinativ perfektes Zusammenspiel aus Knie und Ellbogen verhinderte einen Crash.

Marquez selbst nahm den Zwischenfall gelassen: "Ich habe das Vorderrad verloren, aber es ist ja alles gut ausgegangen. Immerhin zeigt diese Szene, dass wir am Limit unterwegs sind." Satte 67,5 Grad Neigungswinkel hatte Marquez bei dieser Aktion erreicht - selbst für einen Ausnahmekönner wie ihn zu viel.

Rossi verneigt sich vor Marquez Fähigkeiten

Selbst Erzrivale Valentino Rossi streute ihm nach Ende des Trainings Rosen: "Zuerst mit dem Ellbogen, dann mit dem Knie - das war schon sehr beeindruckend! Ich weiß nicht, ob mir so etwas auch gelingen würde. Aber er zeigt so etwas immer wieder und das beweist, wie gut er auf dem Bike sitzt und wie flink seine Reflexe sind."

Dabei kann Marquez noch mehr. Denn 2014 hatte er in einer ähnlichen Situation sogar einen Neigungswinkel von 68,3 Grad abfangen können. "Die Aktion 2014 war stärker. Diesmal war der Save dafür aber etwas länger. Außerdem musste ich diesmal danach an die Box um wieder etwas herunter zu kommen. Denn so etwas sorgt doch für sehr viel Adrenalin."

Bestzeit nach Schrecksekunde

Nach dem kurzen Schock drehte der WM-Leader erst so richtig auf. Mit zwei schnellen Runden auf einem neuen Reifen setzte er es gegen Ende des Trainings auf die Tagesbestzeit an und sicherte sich diese mit rund einer Zehntelsekunde Vorsprung auf Spielberg-Sieger Andrea Iannone. In Bezug auf die Rennpace macht sich Marquez allerdings noch Sorgen, denn im Hinblick auf konstant schnelle Rundenzeiten waren sowohl Ducati, als auch Yamaha am Freitag in Brünn stärker.

"Wir müssen morgen noch nachlegen. Wir hätten gedacht, dass wir hier in den Beschleunigungszonen weniger verlieren, doch es ist schon eine ganze Menge", so Marquez. "Im zweiten Sektor fahren wir zwei bis drei Zehntel Vorsprung heraus, doch in allen anderen Sektoren verlieren wir. Vor allem an den Bremspunkten müssen wir uns noch verbessern."

In Brünn siegte Marquez zuletzt 2014, doch mit 43 Punkten Vorsprung in der WM muss der Spanier nicht mit aller Gewalt an das äußerste Limit bringen. Und falls doch, so weiß Marquez nun, dass dieses bei 67,5 Grad liegt.

Physik-Exkurs: Die irre Kurvenfahrt

Marc Marquez ist für seine irren Kurvenlagen bekannt, Foto: Motorsport-Magazin.com
Marc Marquez ist für seine irren Kurvenlagen bekannt, Foto: Motorsport-Magazin.com

Ist ein MotoGP-Motorrad ausreichend stark abgebremst, muss es um die Kurve befördert werden. Das geht umso schneller, je weiter es die Piloten schaffen, ihre Maschinen umzulegen. 65 Grad stellen hier aktuell das Maximum dar. Wohlgemerkt handelt es sich hierbei um die Schräglage des Motorrads an sich, während sich der Fahrer ja noch deutlich weiter aus seinem Sattel lehnt.

Derartige Schräglagen wurden erst in den letzten Jahren durch den extremen Fortschritt in der Reifenentwicklung möglich. Das Arbeitsfenster der Pneus reicht bis zu einer Temperatur von 110 Grad. Die Slicks operieren also eine gesamte Renndistanz lang über dem Siedepunkt von Wasser.

Extreme Belastungen wirken auf die Reifen, was eine gewisse Robustheit nötig macht. Gleichzeitig müssen sie aber weich genug sein, um ausreichend Grip zu liefern. Umso beeindruckender wird diese Gratwanderung, wenn man bedenkt, dass die Auflagefläche pro Rad nur etwa der Größe einer Kreditkarte entspricht und neben den Kurvenkräften auch noch die gesamte Motorleistung von mehr als 260 Pferdestärken auf diesem kleinen Fleck kontrolliert werden muss.