Seit Nicky Hayden im Vorjahr die MotoGP in Richtung Superbike-Weltmeisterschaft verließ, muss die Motorrad-WM ohne einzigen US-amerikanischen Fahrer in ihren drei Klassen auskommen. Ein harter Schlag für die Nation, die in den 80ern und frühen 90ern den Sport noch nach Belieben dominiert hatte. Talente aus den Vereinigten Staaten sind derzeit Mangelware, eine der positiven Ausnahmen ist Patrick 'PJ' Jacobsen.

Der 23-Jährige aus dem Bundesstaat New York fährt aktuell für das Team von Ten Kate eine Honda in der Supersport-Weltmeisterschaft und liegt dort auf dem dritten Gesamtrang. 2008 durfte er für das Aspar-Team in Indianapolis auf der 125er-Aprilia auch schon Grand-Prix-Luft schnuppern. Motorsport-Magazin.com traf den sympathischen US-Boy in Brünn zum Interview:

PJ, schön dich hier zu treffen. Amerikanische Fahrer haben wir ja leider keine mehr in der Motorrad-Weltmeisterschaft.
PJ Jacobsen: Ja, das ist echt schade. Ich denke, dass diese Weltmeisterschaft auch US-Amerikaner braucht.

Warum gibt es dann keine Fahrer aus den USA mehr?
PJ Jacobsen: Es reicht natürlich nicht, einfach nur Amerikaner zu sein, auch wenn es im Moment wohl ein Vorteil ist. Das allein ist aber zu wenig. Du musst schon auch in den anderen Serien dementsprechende Leistungen zeigen, um neben deiner Nationalität noch ein gutes Argument auf deiner Seite zu haben. Dann gibt es natürlich auch Teams, die bei möglichen Verpflichtungen nur darauf achten, ob die Fahrer Geld mitbringen. Das ist dann wieder eine andere Geschichte.

Aber für dich als World-Supersport-Pilot wäre die Moto2 doch sicher ein guter Einstieg in die Weltmeisterschaft, oder? Sam Lowes hat es ja vorgemacht und ist als WSS-Champion gewechselt.
PJ Jacobsen: Absolut. Natürlich sind die Moto2-Bikes etwas anders als unsere Maschinen in der WSS. Die Chassis sind etwa viel steifer. Der Umstieg ist aber sicher gut machbar. Das ist auch einer der Gründe, warum ich an diesem Wochenende hier bin. Ich war am Lausitzring testen und fahre nächstes Wochenende die 8 Stunden in Oschersleben, also habe ich etwas Zeit und die nütze ich, um mir die Moto2-Maschinen etwas anzusehen.

Bei einem guten Angebot könnten wir dich also nächstes Jahr in der Moto2 sehen?
PJ Jacobsen: Auf jeden Fall. Wenn man hier eine Chance bei einem guten Team kriegt, das einem das Vertrauen schenkt und wo man für seinen Platz nicht zahlen muss, dann lehnt man das nicht ab. Das wäre in meiner Karriere sicherlich ein sehr guter Schritt und ist aktuell eine Option für mich. Mal sehen, was möglich ist. Ich höre mir auf jeden Fall alles an.

In der Supersport-WM zählst du schon zu den absoluten Spitzenpiloten und liegst aktuell auf Rang drei der Gesamtwertung. Auf WM-Leader Kenan Sofuoglu ist der Rückstand aber schon sehr groß. Denkst du, es bietet sich vielleicht nächstes Jahr eine Gelegenheit für dich, den Titel zu holen?
PJ Jacobsen: Ja, ich glaube schon, dass das möglich ist, wenn ich in dieser Klasse bleibe. In diesem Jahr haben wir neue Dämpfungselement und auch sonst ein paar veränderte Dinge am Motorrad. Das hat alles einen großen Unterschied gemacht und so war es nicht leicht, sich an die Maschine zu gewöhnen. Nach dem Test am Lausitzring, bei dem wir echt eine Menge Kilometer abgespult haben, fühle ich mich jetzt aber sehr wohl. Ich werde auf jeden Fall in den vier verbleibenden Rennen 2016 versuchen, zu gewinnen.

Kenan Sofuoglu macht Jacobsen und Co. das Leben schwer, Foto: Honda
Kenan Sofuoglu macht Jacobsen und Co. das Leben schwer, Foto: Honda

Würdest du bei Honda weitermachen wollen, wenn du in der WSS bleibst?
PJ Jacobsen: Das ist auf jeden Fall der Plan, ja. Sie haben mich in den letzten Jahren wirklich sehr gut behandelt. Ich durfte für sie auch das 8 Stunden Rennen in Suzuka fahren, was eine Menge Spaß gemacht hat. Wir hätten auch ein gutes Resultat einfahren können, aber leider hatte Domi Aegerter den Sturz. Sowas passiert.

Zu welchem Weg würdest du einem jungen US-Amerikaner raten, der es in die MotoGP schaffen will?
PJ Jacobsen: Wenn ich mir zum Beispiel vorstelle, dass ich jetzt einen Sohn hätte, der das machen möchte, dann würde ich ihn so schnell wie möglich nach Europa bringen, um dort in der Spanischen Meisterschaft oder im Rookies Cup zu fahren. Auch in Asien gibt es gute Serien, aber die besten Möglichkeiten gibt es in Europa. Vorher muss man die Kids natürlich schon in den USA gut trainieren. Das ist der richtige Weg. Wenn man den nicht einschlägt, hat man absolut keine Chance mehr.