Eine ähnliche dominante Siegesfahrt wie die von Jorge Lorenzo am Sonntag in Jerez gab es in der MotoGP-Klasse schon lange nicht mehr zu sehen. Zuletzt fuhr Marc Marquez im Vorjahr in Austin die Konkurrenz auf ähnliche Art und Weise in Grund und Boden, die 19 Rennen dazwischen wurden allesamt deutlich knapper entschieden. Lorenzos Vorsprung von 5,576 Sekunden nach 27 Runden sagt einiges über seine Überlegenheit an diesem Wochenende aus, doch ein genauerer Blick auf das Rennen fördert erst seine wahre Dominanz zu Tage.

Schon früh im Grand Prix war eigentlich klar, dass der Sieger an diesem Sonntag nur Jorge Lorenzo, Marc Marquez oder Valentino Rossi heißen konnte. In den ersten vier Runden konnte der hinter Lorenzo zweitplatzierte Marquez die Pace des Spitzenreiters noch ganz gut mitgehen, während Rossi, der hinter Pol Espargaro auf Rang vier festhing, schon in die Phase stark an Boden verlor. Spätestens im fünften Umlauf musste dann aber auch Marquez einsehen, dass gegen Lorenzo an diesem Sonntag kein Kraut gewachsen war.

"Jorge war heute einfach schneller als ich", konstatierte der Weltmeister. Tatsächlich fuhr der Mallorquiner vom Start weg bis zum 15. Umlauf stets die beste Rundenzeit des Spitzentrios, erst in Runde 16 schmolz sein Vorsprung erstmals wieder ein wenig. Zu diesem Zeitpunkt hatte er aber bereits knapp 4,5 Sekunden zwischen sich und Marquez gebracht. Lorenzo fuhr in der ersten Rennhälfte teilweise vier bis fünf Zehntel schneller als der Rest des Feldes - in der 2015 so ausgeglichenen MotoGP eine Welt. Insgesamt konnte Marquez als erster Verfolger nur in drei der 27 Rennrunden schneller als der Sieger fahren. Ein beinahe makelloser Auftritt Lorenzos, vor dem man nur den Hut ziehen konnte.

Marquez kontrolliert Rossi

Während gegen Jorge Lorenzo an diesem Wochenende also keiner der weiteren 24 Piloten im MotoGP-Starterfeld eine Chance hatte, durfte man zumindest im Kampf um Platz zwei zwischen Marc Marquez und Valentino Rossi mit Spannung rechnen. Der WM-Leader hing wie bereits erwähnt in bis zur dritten Runde hinter Pol Espargaro fest und verlor so knapp 1,7 Sekunden auf den Repsol-Honda-Piloten. In einer derart frühen Phase keine große Lücke, weshalb man vor allem aufgrund von Marquez' Fingerverletzung davon ausgehen konnte, dass Rossi den Abstand im Laufe des Rennens schließen würde und sich ein ähnlich packendes Duell zwischen den beiden Superstars entwickeln würde, wie bereits vor zwei Wochen in Argentinien.

Marquez hielt Rossi souverän auf Distanz, Foto: Repsol Honda
Marquez hielt Rossi souverän auf Distanz, Foto: Repsol Honda

Dazu kam es aber nie. Weil Marquez, wohl auch dank Schmerzmitteln, ein absolut konstantes und fehlerfreies Rennen fuhr und Rossi an diesem Tag schlicht und einfach zu langsam war. In Runde drei ging der Altmeister an Espargaro vorbei und hatte so freie Fahrt, doch es dauerte bis zum neunten Umlauf, bevor Rossi erstmals minimal schneller unterwegs war als Marquez. In dieser Phase war der Abstand zwischen den beiden so von 1,7 nach Rossis Überholmanöver auf knapp 2,8 Sekunden angewachsen.

Nun begann Rossi, die Lücke zu schließen. Doch viel mehr als ein bis zwei Zehntelsekunden pro Umlauf konnte er Marquez meist nicht abnehmen. Lediglich in Runde zwölf war er einmal 0,356 Sekunden schneller als sein 14 Jahre jüngerer Widersacher, nur um im nächsten Umlauf direkt wieder mehr als drei Zehntel einzubüßen. Dennoch kämpfte sich Rossi mühevoll heran und hatte seinen Rückstand bis Runden 20 auf gut 1,1 Sekunden verkleinert. Mit noch sieben zu fahrenden Runden wäre Marquez also durchaus in Reichweite des Doktors gewesen, doch seine Aufholjagd war hier zu Ende.

Rossi fand sich schließlich mit Rang drei ab, Foto: Tobias Linke
Rossi fand sich schließlich mit Rang drei ab, Foto: Tobias Linke

"Ich hatte kein Vertrauen mehr in meinen Vorderreifen", gestand Rossi nach dem Rennen. "Ein Angriff auf Marc wäre zu riskant gewesen." So war Marquez vom 21. Umlauf bis zur Zielflagge wieder ständig schneller als sein Verfolger und kam am Ende mit einem beruhigenden Polster von über sechs Sekunden auf Rossi ins Ziel. Schlussendlich konnte der 36-Jährige nur in elf der 27 Rennrunden Boden auf Marquez gutmachen, was bei seinem schon in der Startphase kassierten Rückstand einfach zu wenig war.