Nicky Hayden ist an diesem Wochenende ein gefragter Mann – Fotoshots, Videodreh und Interviews stehen auf dem Plan und der US-Boy nimmt sich Zeit für alle, beantwortet geduldig Fragen zur Strecke, seiner Saison, der Ducati und sogar zum älter werden.

Nicky, es gibt ja zwei US-Rennen, Laguna Seca und Indianapolis. Du sagst offen, dass Indy Dein Heimrennen ist, was erwartest Du von diesem Rennen?
Nicky Hayden: "Natürlich ist das hier mein Heimrennen. Laguna ist fantastisch, keine Frage - in den USA zu fahren ist einfach cool. Indy ist gleich nebenan, was mein zu Hause betrifft, für mich ist das wie im Hinterhof zu fahren. Ich mag diese Strecke, die Atmosphäre. Es ist der Brickyard, eine Strecke, die ein bisschen etwas Mystisches an sich hat. Ich freue mich auf das Wochenende und werde versuchen ein gutes zu haben."

"Bislang war es keine einfache Saison für uns, aber wir haben versucht uns gut auf dieses Wochenende vorzubereiten und wollen das maximal Mögliche erreichen. Es ist eine nette Abwechslung, wenn man nicht den Reisepass mit sich herumschleppen muss und erst mal einen Tag mit fliegen verbringt, um an irgendeinen Ort auf dieser Welt zu kommen. Du setzt dich ins Auto und zack bist du da."

Das Leben bei und mit Ducati

Bleibst Du ab sofort bei der GP11.1?
Nicky Hayden: "Das ist zumindest der Plan. Ich konnte die GP11.1 einen ganzen Tag in Brünn testen. Es dauerte ein paar Runden und Anpassungen, um ein gutes Gefühl dafür zu bekommen, aber danach lief es gut. Ich konnte im Laufe des Tages immer schneller fahren und konstant gute Runden hinlegen. Für neue Streckenrekorde hat es aber leider nicht gereicht."

"Wir konnten mit einem Hochgefühl abreisen und ich freue mich auf mein erstes Rennwochenende damit. Das neue Getriebe ist auf jeden Fall ein Fortschritt, die Beschleunigung ist zum Beispiel besser. Ich muss mich bei Ducati und meiner Crew bedanken, denn sie ackern immer wie verrückt. Ich wusste nicht, wann genügend neue Teile für die GP11.1 fertig sein würden, aber ab sofort sollte es für mich mit dieser Maschine weiter gehen, außer es passiert etwas Unvorhergesehenes. Ich hoffe, ich kann es mit ein paar guten Ergebnissen zurückzahlen."

Wie viele Motoren habt ihr noch?
Nicky Hayden: "Ich bewege mich auf dem schmalen Grad, besonders weil ich jetzt die Maschine wechsle. Wir hatten schon in Laguna über den Wechsel gesprochen, einen Tag bin ich ja mit ihr gefahren. Allerdings war sie nicht deutlich schneller und ich hatte nur eine davon. Durch die Motorreglung musste ich erst einmal die volle Distanz mit den angefangenen fahren, denn wir haben nur eine limitierte Zahl. In Brünn bin ich am gesamten Wochenende mit demselben gefahren, aber bei Motoren weißt du nie. Wir sollten allerdings gerade so durchkommen.

Hayden schätzt die Beharlichkeit seiner Crew, Foto: Milagro
Hayden schätzt die Beharlichkeit seiner Crew, Foto: Milagro

Über die Entwicklung der Ducati GP11 wurde schon viel gesprochen. Es ist Dein drittes Jahr bei Ducati, die Maschine ist anders aufgrund des Karbon-Chassis, doch davor bist Du für sechs Jahre mit den eher traditionellen zweiteiligen Rahmen aus Aluminium unterwegs gewesen. Wie schwer ist Dir der Umstieg gefallen?
Nicky Hayden: "Es ist auf jeden Fall eine andere Maschine. Die japanischen Maschinen haben alle eine ähnliche DNS – die Ducati ist anders, sie ist ihre eigene Marke. Manchmal ist das etwas Tolles. Wenn die Ducati funktioniert, ist die das perfekte Werkzeug, aber die Einheitsreifen haben Ducati glaube ich nicht geholfen. Als es noch mehr Optionen gab, war das besser für unsere Maschine und das Chassis. Sie hat ihre Vorteile – im Regen haben wir die beste Maschine, möchte ich behaupten. Das Chassis macht aber nicht alles aus, so viel gehört dazu – die Elektronik, der Motor und viele kleine Sachen und das alles muss man unter einen Hut bringen. Wir haben dieses Jahr schon viel bei Ducati gelernt und ich habe ein paar Ideen, was die Zukunft betrifft. Noch fehlen uns die guten Ergebnisse, hoffentlich bekommen wir die noch."

Wie ist die Stimmung im Team? Seht ihr noch Lösungen für dieses Jahr und das kommende Jahr oder bleibt es eine Schinderei?
Nicky Hayden: "Ich würde sagen ich bin von der Stimmung nach wie vor beeindruckt, keiner steckt den Kopf in den Sand, niemand jammert herum oder zeigt mit Fingern auf andere. Alle versuchen einfach nur zu arbeiten und die Dinge zu verbessern, besonders meine Crew. Sie ackern wie verrückt, sie kommen zur Arbeit und versuchen uns noch mehr Optionen zu bieten. Die Leute bei Ducati mögen das verlieren nicht, auch wenn das manchmal einfach dazu gehört. Ich habe sehr viel über Menschen gelernt, wenn sie kämpfen, mehr als wenn du an der Spitze bist. Es ist leicht zu lächeln, wenn alles läuft, in dieser komfortablen Situation waren wir in dieser Saison aber nicht. Ich bin vom Team wirklich beeindruckt und ich habe das auch Filippo (Preziosi) nach dem Test in Brünn gesagt. Die Jungs kommen als erste und gehen als letzte und sie arbeiten hart. Ich glaube daran, dass diese Einstellung und die Bemühungen sich eines Tages auszahlen werden. Das ist normalerweise der Fall und ich hoffe wir sind da keine Ausnahme."

Wie alt warst Du, als Du mit dem Rennfahren angefangen hast? Ist es wahr, dass Du so klein warst, dass Du immer von ganz hinten starten musstest, damit ein Erwachsener Deine Maschine halten konnte?
Nicky Hayden: "Yup. Ich habe mit drei Jahren angefangen und ich liebte es! Es war Liebe auf den ersten Blick, seither liebe ich Motorräder. Sie haben mir ein so schönes Leben gegeben, ich sehe die ganze Welt. Ich war auch heute unterwegs, zusammen mit meinen Brüdern und ein paar Freunden. Für mich gehört Motorradfahren zu den schönsten Dingen im Leben."

Die Risiken haben Dich nie zum Zweifeln gebracht?
Nicky Hayden: "Nein, ich habe nie gezweifelt. Das ist nun einmal, was ich tue und ich liebe es. Ich habe Freunde verloren und andere Menschen mussten ihr Leben lassen aufgrund von seltsamen Unfällen. So ist aber das Leben."

Du konntest in den letzten Jahren schon mehrfach den jeweils neuen Asphalt in Indy testen im Gegensatz zu anderen Fahrern. Hast Du jemals Probleme im Fahrerlager bekommen? Ist es ein Vorteil für Dich?
Nicky Hayden: "Vor ein paar Jahren bin ich mit dem Indian um die Strecke gefahren, es ist eine meiner schönsten Erinnerungen vom Brickyard. Wenn ich mit meiner Crew und meiner Maschine da testen könnte, dann wäre es ein Vorteil, mit der 1198SP von Ducati dort zu fahren war nett, aber es bringt mir keinen Vorteil. Es war mehr eine Demonstrationsfahrt, kein Test. Die anderen Fahrer wissen, dass es sich um PR handelt, niemand hat je irgendetwas dazu gesagt. Du eröffnest eine Strecke, um auf ein Event oder das Land aufmerksam zu machen."

The Kentucky Kid unterwegs auf der Indian, Foto: IMS/Ron McQueeney
The Kentucky Kid unterwegs auf der Indian, Foto: IMS/Ron McQueeney

"Der neue Belag fühlte sich mit der Straßenmaschine aber wirklich gut an, ich hoffe, das ist auch mit der GP-Maschine so. Im Laufe des Wochenendes sollten die Streckenverhältnisse immer besser werden, die Rundenzeiten werden besser werden. Im Vergleich zu den letzten Jahren sollten wir besser fahren können, ich weiß, dass wir Fahrer Druck gemacht haben, um den Belag in Indy zu erneuern. Es ging uns um ein paar bestimmte Kurven und Indy hat die Anfragen umgesetzt. Es wird super."

Bridgestone hat das neue Reifenverteilsystem, aber ihr werdet die Super-Soft-Mischung vielleicht gar nicht brauchen. Wie funktioniert das dann?
Nicky Hayden: "Wir haben erst ein Rennen unter den neuen Bedingungen bestritten. Die Änderungen sind aber nicht so revolutionär, wie es vielleicht klingt. Was den Vorderreifen betrifft – wir erwarten eigentlich nicht, dass es in Indy so kalt sein wird. Ich glaube nicht, dass es Probleme geben wird. In Sachen Hinterreifen können wir zwischen extraweich bis extrahart wählen – die Anzahl der Reifen selbst ist aber gleich geblieben. So ist es aber besser, die Fahrer wollten es gern so und Bridgestone hat auf uns gehört. Wir müssen deshalb aber nicht unser ganzes Wochenende neu konzipieren. Wir müssen keine extra Reifentests fahren oder so etwas."

Die große 3

Vor ein paar Wochen bist Du 30 geworden. Es gibt nicht viele GP-Fahrer, die Mitte 30 oder darüber hinaus sind. Hast Du dir schon überlegt, was Du nach deiner Rennkarriere machst?
Nicky Hayden: "Nicht wirklich oft, nein. Vielleicht sollte ich mich langsam darauf vorbereiten, aber ich bin der MotoGP mit Leib und Seele verschrieben. Mein Vertrag geht noch ein weiteres Jahr mit Ducati. Ich weiß wirklich noch nicht, was danach kommt. Ich liebe, was ich tue, wobei es natürlich noch schöner wäre, wenn ich ein Stück näher an der Spitze wäre. Ich hoffe, dass ich auch zukünftig etwas mit Motorrädern machen kann, aber ich habe noch keine Pläne."

Könntest Du dir auch vorstellen, nach Deiner GP-Karriere in einer anderen Motorradrennserie zu fahren?
Nicky Hayden: "Das ist durchaus möglich. Ich liebe Motorräder und den Rennsport. Wenn es mir gut geht, dann wäre Dirt Track eine Option, da habe ich noch einige Rechnungen offen, die ich gern begleichen würde. Es gibt schlimmere Berufe auf dieser Welt, als Motorradfahren. Hoffentlich werde ich nie einen 9-5-Job machen müssen."

Ausblicke

So wie diese Saison bislang verlaufen ist, bist Du da optimistisch oder eher zurückhaltend was 2012 betrifft?
Nicky Hayden motiviert sich mit Erinnerungen an Indy 2010, Foto: Milagro

Nicky Hayden motiviert sich mit Erinnerungen an Indy 2010, Foto: Milagro
Nicky Hayden: "Bis wir mit den richtigen Tests anfangen, wissen wir nicht, was wir erwarten können. Ich bin auf jeden Fall schon aufgeregt. Das Ungewisse kann manchmal auch aufregend sein. Ich freue mich wirklich darauf, ich glaube, das geht allen so. Wir bekommen eine neue Maschine und damit einen Neustart. Wir bekommen mehr Leistung und alle Fahrer lieben es schnell zu fahren. Wir lieben es, die Maschine zu kontrollieren und Macht darüber zu haben. Ich freue mich riesig darauf."

Casey Stoner legt ein gutes Jahr hin, er konnte sechs Rennen gewinnen – aber es wird auch gesagt, dass er die beste Maschine hat. Jorge ist mit der Yamaha noch dran. Wer hat Dich diese Saison am meisten beeindruckt?
Nicky Hayden: "Das ist schwer zu beantworten! Casey führt in der WM – und das ist keine Überraschung für mich. Ich wusste immer, dass Casey Talent hat. Das ist aber auch eine Motivation für mich. Ich habe vor ein paar Tagen das Indy Rennen der letzten Saison gesehen und da konnte ich ihn in der Qualifikation schlagen und war im Rennen vor ihm, bis mein Knieschleifer hinüber war. Daraus muss ich Kraft schöpfen. Das Niveau ist sehr hoch. Die Jungs sind alle extrem schnell und du denkst nur: 'Wow, die sin alle so gut'. Simoncelli hat einen großen Schritt gemacht im Vergleich zur letzten Saison, was seinen Speed betrifft. Natürlich hat er ein paar Fehler gemacht, aber was den Speed betrifft, ist er beeindruckend. Auch Dani – jetzt wo er von seiner Verletzung wieder zurück ist – zeigt er, wie stark er geworden ist. Nur die Verletzung war ein wirklicher Rückschlag für ihn. Alle hatten erwartet, dass er dieses Jahr um den Titel fährt. Jetzt ist er wieder zurück und es sieht nicht so aus, als ob er langsamer geworden ist. Die Jungs vorn mit Stoner, Pedrosa und Lorenzo, sie geben an jedem Wochenende den Maßstab vor."