Kimi Räikkönen tauscht Formel 1 gegen Rallye WM. Der Finne findet diesen Deal gut. "In der F1 überlagern viele Dinge das Racing", sagt der Citroen-Neuzugang. "Zu viel Politik dahinter, keiner sagt, was er denkt, weil er Angst hat, dass Dinge aus dem Kontext gerissen werden. Die Atmosphäre bei der Rallye ist viel netter. Es geht mehr um die Leistung der Fahrer."

Dabei muss er ganz neue Sinne trainieren: "In der Rallye musst du deinem Copiloten hundertprozent zuhören." Er müsse mit den Augen und den Ohren fahren. In der Formel 1 sind die Ohren nur für den Funkspruch zwischendrin wichtig. "In der F1 ist jede Runde mehr oder weniger dasselbe. Wenn es regnet, wird es schwieriger, aber sonst ist das bald Routine", verrät Räikkönen im Red Bulletin. "Im Rallyesport kann jede Kurve, jede Kuppe anders sein, als du gedacht hast. Das macht es interessant."

Das Auto ist in beiden Rennserien wichtig. "Mit einem schlechten Auto wird auch hier [in der WRC] der beste Fahrer nicht gewinnen", betont Räikkönen. "Darum wollte ich auch einen erfahrenen Beifahrer, damit wenigstens einer im Auto weiß, was er tut." Wie wichtig ein Auto in der Formel 1 ist, sah man zuletzt bei den kläglichen Versuchen von Luca Badoer und Giancarlo Fisichella mit dem Ferrari F60 klarzukommen.

Keine Gedanken an 2010

Räikkönen fand das Auto gar nicht so schlimm. "Das Auto war nicht schlecht, es hatte nur wenig Grip", sagt er. "Okay, es war schwierig zu fahren, aber ich mochte den '09er-Ferrari sogar lieber als den '08er. Ich bin nicht so schlecht damit zurechtgekommen. Fisichella hingegen ist damit in fünf Rennen um zehn Jahre gealtert." Der Finne gewann in Belgien ausgerechnet gegen Fisichella (damals noch im Force India) das einzige Rennen der Scuderia 2009.

Bei der Finnland Rallye 2009 hörte Räikkönen nicht gut genug zu., Foto: Sutton
Bei der Finnland Rallye 2009 hörte Räikkönen nicht gut genug zu., Foto: Sutton

Wie seine alte Truppe im neuen Jahr abschneiden wird, weiß Räikkönen nicht. "Was Ferrari vorhat, weiß ich nicht, weil sie es mir nicht mehr gesagt haben", sagt er. Ansonsten rechnet er mit den üblichen Verdächtigen: "Mercedes wird wohl ein gutes Auto haben, McLaren genauso. Red Bull Racing wahrscheinlich auch." Wenn er einen Weltmeister aussuchen muss, dann nach Sympathie: "Da sage ich: Sebastian Vettel. Der Mann ist so normal, komplett down to earth."

Seine F1-Besuche wird Räikkönen 2010 einschränken. "Vielleicht fahre ich gaudihalber zum Grand Prix nach Monaco", sagt er. Über seine Zukunft macht er sich keine Gedanken. "So wie es jetzt aussieht, kriege ich jederzeit wieder ein F1-Cockpit. Aber will ich das? In der Formel 1 passieren momentan unangenehme Dinge, ein Hersteller nach dem anderen steigt aus und verkauft sein Team. Ich bin froh, dass ich mir darüber im Moment keine Gedanken machen muss. In einem Jahr reden wir weiter."

Größere Bedeutung als F1-Titel

Rallyeweltmeister wird er dann höchstwahrscheinlich noch nicht sein, aber als mittelfristiges Ziel würde ihm das gefallen. "Es würde mir mehr als mein WM-Titel in der Formel 1 bedeuten", sagt Räikkönen. "Ich stehe am Anfang und ahne, wie weit der Weg ist. Es ist ganz sicher die größte Herausforderung in meinem Leben als Sportler. Ich muss alles von vorn lernen." Er wolle wissen, wie gut er ist. "Um letzte Klarheit über seine Qualitäten zu kriegen, muss man sich der Competition stellen. Genau darum geht es."

Ein bisschen fühlt er sich an 2001 erinnert, an seine erste Formel-1-Saison als 21-jähriger Nobody. "Ein wenig finde ich heute den jungen Kimi von damals in mir wieder, ja. Ich bin neugierig und aufgeregt." Trotzdem bleibt er realistisch: "Die ersten Rallyes werden sicher hart. Meine Lernphase hat noch nicht einmal begonnen. Die vier Top-Jungs sind unerreichbar. Von einem Sébastien Loeb würde man auch nicht erwarten, dass er im F1-Auto schneller ist als Sebastian Vettel."