Ist er ein würdiger Weltmeister? Zerbricht er am Druck? Hat er es überhaupt verdient? Jenson Button ließ alle Kritiker verstummen: Mit einer grandiosen Aufholjagd und tollen Überholmanövern wurde er vorzeitig Formel-1-Weltmeister.

Der Mann des Rennens

"We are the Champions", stimmte der neue Weltmeister Jenson Button nach der Zieldurchfahrt an. Eigentlich gebührt der Ruhm ja Mark Webber, immerhin gewann er seinen zweiten Grand Prix, aber Button stahl ihm ein bisschen die Show. Seine Rechtfertigung: "Ich bin Weltmeister, Baby!" Mitbekommen haben das jedoch nicht alle: "Wo sind denn alle? Ich bin verdammt noch mal Weltmeister!" Der leere Pressesaal sollte sich dann doch noch füllen, so dass der Weltmeister über seinen 5. Platz jubeln durfte: "Das war das beste Rennen meines Lebens. Es fühlt sich für mich wie ein Sieg an. Ich bin Weltmeister - ich kann gar nicht aufhören, das zu sagen." Vor allem seine Überholmanöver vom 14. Startplatz rechtfertigten die Freude.

Die Überflutung des Wochenendes

Jenson Button ließ sich selbst vom Wetter nicht abhalten., Foto: Sutton
Jenson Button ließ sich selbst vom Wetter nicht abhalten., Foto: Sutton

Das längste Qualifying der Formel-1-Geschichte dauerte über 160 Minuten. Mehrmals mussten die Sessions wegen Zwischenfällen und zu starken Regenfällen abgebrochen werden. Ausgerechnet zwei der drei Titelanwärter fielen dem Wetter zum Opfer: Sebastian Vettel schied im Q1 aus, Button kam nicht über Q2 hinaus. Der Dritte im Bunde holte die Pole: Rubens Barrichello. Am Sonntag kam er trotzdem hinter Vettel und Button ins Ziel.

Das Feuer des Rennens

Gleich zu Beginn ging es heiß her: Heikki Kovalainen riss beim Tankstopp den Tankschlauch heraus und verteilte Benzin in der Boxengasse und auf dem Ferrari von Kimi Räikkönen - beides ging in Flammen auf. "Leider floss alles über mich, ich bekam sogar etwas Sprit in die Augen ab", berichtete Räikkönen. "Plötzlich waren Flammen an meinem Helm und im Cockpit, aber ich hatte noch Glück." Der Iceman fuhr eiskalt weiter. Kovalainen erhielt nachträglich eine Zeitstrafe von 25 Sekunden und das Team eine Geldstrafe in Höhe von 50.000 Dollar.

Die Strafe des Rennens

Jarno Trulli, Fernando Alonso und Adrian Sutil kamen allesamt nicht aus der ersten Runde zurück. Alonso war das unschuldige Opfer: Er wurde nach einer Kollision zwischen Sutil und Trulli vom Deutschen getroffen. Die Schuldfrage sollte noch zwei Wochen später hitzig debattiert werden. Trulli verlieh seiner Meinung schon an der Unfallstelle mit Gesten und Worten Nachdruck. Die Rennkommissare beeindruckte das wenig: Sie brummten ihm eine 10.000 Dollar Geldstrafe wegen schlechten Benehmens auf. Sutil fand das richtig: "Dass er so ausflippt, ist total unsportlich. Er war absolut uneinsichtig und hat herum geschrien."

Der Ausfall des Rennens

Adrian Sutil und Jarno Trulli sollten sich noch zwei Wochen später nicht grün sein., Foto: Sutton
Adrian Sutil und Jarno Trulli sollten sich noch zwei Wochen später nicht grün sein., Foto: Sutton

Nick Heidfeld hätte sich schon in diesem Jahr ein Verbot von Tankanlagen gewünscht: Als er in Runde 20 an die Box fuhr, konnte er noch nicht ahnen, dass kein Sprit fließen würde und das Team ihn fälschlicherweise unbetankt wieder rausschicken würde. Da danach sein Teamkollege Robert Kubica tankte, fuhr er noch einmal an Start-/Ziel vorbei, bevor er als letztes Tankopfer ohne Sprit am Streckenrand stehen blieb. Technikchef Willy Rampf: "Das war absolut blöd."

Der Zufall des Wochenendes

Zufälle gibt es: In Brasilien wurde zum zweiten Mal in Folge ein Brite Formel-1-Weltmeister. Dem aber nicht genug: Button war nach Lewis Hamilton der zweite Fahrer, der in Interlagos mit einem 5. Platz den Titel einfuhr. Obendrein fuhren beide in einem Rennauto mit der Startnummer 22 und einem Mercedes-Motor zum Titel. Unter den neuen Teams wird nun sicher der Kampf um die aussichtsreichste Startnummer für 2010 beginnen.

Die Lehre vom Müll

Die Formel 1 wird immer grüner: In Brasilien bestanden die Siegerpokale zum ersten Mal aus recycelten Plastiküberresten von der Rennstrecke. Mark Webber durfte sich somit über einen 50 cm hohen und 3,5 Kilo schweren, blauen Plastikpokal freuen. Vielleicht war es das erste Mal, dass Ron Dennis nicht traurig war, nur den kleinsten der Pokale abbekommen zu haben...

Der Spruch des Wochenendes

"In 17 Jahren Formel 1 ist es noch nie vorgekommen, dass ich während des Trainings zweimal aussteigen und pinkeln musste." (Rubens Barrichello)

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