Schon vor dem Wochenende in Brasilien diskutierten die Experten darüber, ob Jenson Button ein verdienter Weltmeister wäre. Immerhin hat der Brite alle seine sechs Saisonsiege in den ersten sieben Saisonrennen geholt. In der zweiten Saisonhälfte stand er nur in Monza auf dem Podium. Das blieb auch in Brasilien so. Trotzdem ist Button der große Gewinner des vorletzten Rennwochenendes der Saison: Mit einem 5. Platz sicherte er sich seinen ersten WM-Titel.

Am Samstagabend wurde ihm noch nachgesagt, dass er mit seinem 14. Startplatz im Regen-Qualifying Gefahr laufe, seinen Titel wegzuschmeißen. Mit einer starken Aufholjagd, mehreren Überholmanövern und einem fehlerfreien Rennen fuhr Button ungefährdet zum Titel. "Es ist unglaublich", freute sich Button "Besonders nachdem meine Stimme jetzt nachgibt. Ich bin Weltmeister, Baby. Ich habe nicht erwartet, irgendwann mal Champion zu werden, als ich vor 21 Jahren in ein Auto sprang und begann zu fahren."

Auch Ross Brawn war vom doppelten Titelgewinn in der Fahrer- und Konstrukteurswertung überrascht. "Ich muss das erst einmal sinken lassen", sagte er. "Es wird noch dauern. Die Arbeit über den Winter war unglaublich. Jenson hat ein fantastisches Rennen abgeliefert, obwohl wir ein wenig Pace verloren haben."

Enttäuschung bei Vettel

Buttons WM-Konkurrenten konnten gegen den Titelgewinn des Briten nichts unternehmen. Rubens Barrichello war von der Pole gestartet, fiel jedoch hinter Mark Webber und Robert Kubica zurück. Am Ende warf ihn ein Reifenschaden nach einer Berührung mit dem McLaren von Lewis Hamilton bis auf Rang 8 zurück.

Sebastian Vettel musste Erster oder Zweiter werden, um seine geringe Titelchance aufrechtzuerhalten. Wie Button kämpfte er sich aus dem Mittelfeld nach vorne. Von Startplatz 15 fuhr Vettel sogar bis auf Platz 4 und kam damit einen Platz vor Button ins Ziel. Seine Titelchancen konnte er damit aber nicht mehr bis zum Saisonfinale in Abu Dhabi retten.

Sebastian Vettel musste die verlorene letzte Titelchance erst einmal verdauen. "Es gibt heute jemandem, dem es besser geht als mir. Aber mehr als P4 war von Startplatz 15 nicht drin. Ohne die Probleme am Samstag hätten wir aber gewinnen können. Es ist bitter, die kleine WM-Chance ist jetzt dahin." Trotz seiner Enttäuschung zog er ein positives Saisonfazit. "Egal, was in Abu Dhabi passiert, es war ein sehr gutes Jahr für uns. Wenn wir ins Ziel gekommen sind, haben wir das Beste herausgeholt. Unter dem Strich waren wir aber nicht konstant genug, haben zu viele Fehler gemacht. Fünf Mal nicht ins Ziel zu kommen, hilft nicht, wenn man ganz vorne stehen möchte."

Vettels Teamchef Christian Horner betonte ebenfalls die gute Leistung seines Teams, das das beste Ergebnis der Teamgeschichte erzielte. "Wir haben das ganze Jahr Druck gemacht. Es hat nicht ganz gereicht. Ich kenne Jenson schon seit er 12 ist. Gratulation an ihn. Mark hat einen tollen Job abgeliefert. Wir hatten ein super tolles Jahr. Wir sind noch ein junges Team und werden noch besser."

Das Rennen gewann ungefährdet Red Bull Pilot Mark Webber, der nach dem Nürburgring seinen zweiten Sieg einfuhr. Platz 2 ging an BMW Sauber Fahrer Robert Kubica vor Lewis Hamilton. Die Plätze 4 und 5 belegten Vettel und Button. Platz 6 sicherte sich Kimi Räikkönen vor Sebastien Buemi und Lokalmatador Rubens Barrichello. Auch in der Konstrukteurs-WM sicherte sich Brawn GP vorzeitig den Titel. Im Kampf um Platz 3 zog McLaren Mercedes an Ferrari vorbei.

Kollisionen und Feuer am Start

Die erste Runde des Brasilien GP hatte es in sich. Bereits in der ersten Kurve berührten sich Adrian Sutil und Kimi Räikkönen leicht, wobei sich der Finne gegen den Force India Piloten durchsetzte und auf Platz 3 nach vorne fuhr. Danach griff er mit KERS nach Mark Webber, fuhr diesem jedoch ans Hinterrad und beschädigte sich dadurch seinen Frontflügel. Der notwendige Boxenstopp warf den Ferrari-Fahrer weit zurück.

Damit nicht genug: Weiter hinten im Feld berührte Sebastian Vettel den McLaren von Heikki Kovalainen, der sich danach in den Ferrari von Giancarlo Fisichella drehte. Beim folgenden Boxenstopp von Räikkönen, Kovalainen und Hamilton kam es zum nächsten Zwischenfall: Kovalainen riss beim Losfahren den Tankschlauch heraus und spritzte Benzin auf den hinter ihm fahrenden Räikkönen, dessen Ferrari kurz Feuer fing und Flammen in der Boxengasse hinterließ.

Den größten Knall gab es noch vorher in Runde 1: Jarno Trulli versuchte Adrian Sutil zu überholen, dieser sah ihn aber nicht, drückte ihn neben die Strecke und beide flogen ab. Als Sutil sich zurück auf die Strecke drehte, flog er in den Renault von Fernando Alonso. Alle drei Fahrer schieden aus.

"Bis zur dritten Kurve war ich sehr zufrieden", sagte Sutil. "Dann habe ich plötzlich einen Schlag von hinten bekommen und komplett die Kontrolle verloren. Jarno schien es außen probiert zu haben, aber ich habe ihn nicht gesehen." Der Italiener beurteilte die Situation anders und stürmte noch an der Unfallstelle wutentbrannt auf Sutil los. "Ich habe ihm gesagt, dass es nicht so war. Es war total unsportlich, was er gemacht hat, so dämlich auf mich zuzugehen, ist total niveaulos."

Trulli forderte hingegen eine Sperre für Sutil. "Ich war außen, habe ihn überholt und er hat mich aufs Gras gedrückt. Dort habe ich die Kontrolle verloren. Es war ein bescheuertes Manöver, deswegen war ich so sauer. Es war sehr gefährlich an dieser Stelle. Adrian soll sich die Bilder anschauen, dann sieht er es." Um die Unfallstelle zu säubern ging das Safety Car auf die Strecke.

Das Chaos ging jedoch weiter. In Runde 20 kam Nick Heidfeld zu seinem Boxenstopp herein. Da die Tankanlage nicht funktionierte, wollte das Team auf den Ersatzschlauch wechseln. Der Lollipopmann gab jedoch die Fahrt frei und Heidfeld raste hinaus - bis er eine Runde später ohne Benzin liegen blieb. Den Rest des Rennens verfolgte er enttäuscht vom Streckenrand.

Auch Nico Rosberg kam nicht ins Ziel. "Ich hatte ein Getriebeproblem", sagte er. "Sonst wäre es weit nach vorne gegangen. Ich hatte eine gute Pace und mehr Sprit als die meisten vor mir. Ein Podium wäre sicher drin gewesen." Sogar sein Teamkollege Kazuki Nakajima mischte in diesen Regionen mit. Nach einem harten Duell mit seinem Landsmann Kamui Kobayashi im Toyota kam er nach seinem Boxenstopp erneut hinter dem Toyota-Debütanten heraus, fuhr ihm auf und flog ohne Frontflügel in die Reifenstapel ab.