Er ist das neue Gesicht in der F1-Startaufstellung von Interlagos: Kamui Kobayashi ersetzt den verletzten Timo Glock bei Toyota. Bereits im Freien Training in Suzuka saß der Japaner für den Deutschen im Cockpit, als dieser mit Fieber im Bett lag. "Diesmal hatten wir genug Zeit, um uns vorzubereiten, mehr als eine Woche", sagt Kobayashi. "Das ist besser als in Suzuka, wo wir nicht genügend Zeit hatten."

Trotzdem sollen ihm die Runden aus dem Freitagstraining in Japan bei seinem GP-Debüt helfen. "Wir beginnen nicht mehr bei Null, das ist gut." Die Strecke muss er allerdings komplett neu lernen, da er höchstens die Kurvenabfolge aus einem Computerspiel lernen konnte. "Ansonsten habe ich keine Erfahrung hier und muss mich Schritt für Schritt verbessern."

Auf seiner Checkliste für das Freie Training stehen unter anderem Boxenstopps und Qualifyingübungen. "Wir haben nicht genug Zeit und die Wettervorhersage ist auch nicht stabil - es wird also schwierig." Entsprechend bezeichnet Kobayashi sein erstes F1-Wochenende als die größte Herausforderung seines Lebens. "Ich bin aber nicht nervös, nur ziemlich aufgeregt." Sein Zauberwort lautet Selbstvertrauen. "Das ist wirklich wichtig. Wenn man nervös ist, macht man Fehler."

Sein Ziel setzt er dabei nicht gerade niedrig an: "Wenn ich Punkte hole, wäre das sehr gut." Er kennt aber die Negativbeispiele von Giancarlo Fisichella, Tonio Liuzzi und Romain Grosjean, die ebenfalls während der Saison in ein unbekanntes Auto stiegen. "Es wird also schwierig, im ersten Rennen zu punkten." Als Schaulaufen für 2010 sieht er den Brasilien GP nicht an. "Ich denke noch nicht ans nächste Jahr. Ich habe diese Chance und möchte sie nutzen, um meine Leistung zu zeigen. Das ist mein Ziel."

Enttäuschung in der GP2

Kamui Kobayashi bestreitet sein erstes F1-Rennen., Foto: Sutton
Kamui Kobayashi bestreitet sein erstes F1-Rennen., Foto: Sutton

Eigentlich begann das Jahr 2009 für Kobayashi mehr als vielversprechend. Der Japaner gewann die GP2 Asia Serie zusammen mit dem französischen DAMS-Team, holte in zwölf Rennen zwei Siege, dazu einige Podestplätze und Qualifying-Bestzeiten. Das klingt nach keiner großen Ausbeute, doch Kobayashi punktete auch sonst recht konstant - ganz im Gegensatz zur Konkurrenz. Letztlich hatte er 20 Zähler Vorsprung auf seinen Teamkollegen Jerome d'Ambrosio, der in der Gesamtwertung Zweiter wurde.

Voller Optimismus und mit dem Erfolg im Rücken startete das Duo auch in der Hauptserie für DAMS - und wurde schon beim Auftakt in Barcelona von der Erfolgswelle gerissen. Kobayashi holte in den ersten zwei Rennen nur drei Punkte - doch was danach kam, war noch schlimmer: gleich sieben Mal ging der heute 23-Jährige leer aus und sammelte keine Zähler, erst am Nürburgring schaffte er den Sprung auf das Podest. Weit hinter dem überragenden Nico Hülkenberg fuhr er bei Mischbedingungen von Startplatz neun auf den dritten Rang nach vorne. Von Konstanz, mit der er noch im Winter überzeugte, war keine Spur mehr.

Der Vergleich zwischen den beiden Meisterschaften zeigt deutlich, wie stark Kobayashi und sein Team in den Sommermonaten nachgelassen haben. Während die 56 Punkte aus der GP2 Asia in der normalen GP2 nach zwölf Rennen für Tabellenplatz zwei gereicht hätten, holte Kobayashi in 20 GP2-Rennen gerade einmal 13 Zähler und belegte Position 16 in der Gesamtwertung. Dabei wurde er sogar deutlich von seinem Teamkollegen gebügelt: d'Ambrosio holte die doppelte Anzahl an Punkten und stand drei Mal auf dem Treppchen.

"Ich hatte einen schwierigen Saisonabschluss", sagt Kobayashi. "Der Anfang war okay, aber das Ende war hart. Jetzt möchte ich das vergessen und mit freiem Kopf weitermachen."