Michael Schumacher - Das Comeback?

So spektakulär die Schlagzeile ist, so absehbar war sie: Kaum waren die ersten positiven Nachrichten über den Gesundheitszustand von Felipe Massa zu vernehmen, begannen die Diskussionen über seinen Ersatz - und ganz oben in der Liste stand natürlich der Ruf nach einem Comeback von Rekordweltmeister und Ferrari-Berater Michael Schumacher.

Die ersten Reaktionen waren verhalten, sowohl bei Ferrari, wo man sich offiziell auf die Genesung von Massa konzentrierte, als auch im Schumacher-Lager. Dessen Manager Willi Weber dementierte bereits am Sonntag erste Gerüchte über ein Comeback und legte zu Wochenbeginn noch einmal nach: Ein Comeback sei ausgeschlossen, wenn Schumacher fahre, dann müsse alles perfekt sein und das sei es aktuell ganz und gar nicht.

So hat die F1-Welt Michael Schumacher in Erinnerung., Foto: Sutton
So hat die F1-Welt Michael Schumacher in Erinnerung., Foto: Sutton

Tatsächlich spricht viel gegen einen Aushilfseinsatz des siebenfachen Formel-1-Weltmeisters. Schumacher laborierte in den letzten Monaten an den Folgen eines Motorradsturzes und ist natürlich nicht mehr voll im Training wie zu seiner aktiven F1-Zeit. Mit 40 Jahren ist er im Vergleich zu Neulingen wie Jaime Alguersuari auch nicht mehr der Jüngste. Das Testverbot verhindert in diesem Jahr nicht nur Gelegenheitstests, wie er sie in den vergangenen Jahren seit seinem Rücktritt absolviert hat, sondern auch einen Test vor einem möglichen Renneinsatz. Bei einem Aerodynamiktest vor Valencia soll zudem Marc Gené im Auto sitzen.

Schumacher würde also zurückkehren, ohne jemals im F60 gefahren zu sein - jeder würde vom Rekordchampion jedoch Topresultate erwarten. Das wäre utopisch, erst recht angesichts der Konkurrenzfähigkeit von Ferrari in dieser Saison. Ein solches Comeback wäre mehr Glücksspiel denn Perfektion, so Weber, der ein solches Vorgehen nicht als Schumachers Stil bezeichnet. Allerdings würde sich das ändern, wenn die Vorbereitungszeit länger wäre, um ihn körperlich auf F1-Niveau zu bringen und vielleicht doch irgendwo ein paar Meter im neuen Ferrari zurückzulegen.

Während Weber eine solche ernsthafte Vorbereitung für den Valencia GP ausschließt, könnte sie für Spa-Francorchamps und Monza durchaus möglich sein. Also ausgerechnet die Rennen in Schumachers so genanntem Wohnzimmer, wo er 1991 sein GP-Debüt gegeben hat, und beim Ferrari-Heimspiel, wo er 2006 seinen Rücktritt bekannt gab. Auszuschließen ist es nicht, das geben selbst Skeptiker zu. Schumacher hat sich bislang noch nicht selbst zu Wort gemeldet. Die Diskussionen werden also weiter gehen.

Marc Gené - Die logische Wahl

Marc Gene wartet schon lange auf seine Chance., Foto: Sutton
Marc Gene wartet schon lange auf seine Chance., Foto: Sutton

Die logische, aber nicht unbedingt die erste Wahl ist einer der beiden Ferrari-Testfahrer. Trotz des Testverbots beschäftigt Ferrari mit Luca Badoer und Marc Gené zwei ehemalige F1-Piloten als Test- und eben auch Ersatzfahrer. Für den Italiener Badoer stehen 48 GP-Starts zu Buche, für den Spanier Gené 36. Allerdings fuhr Badoer seit 1999 kein F1-Rennen mehr, Gené sprang immerhin 2004 zwei Mal als Ersatzfahrer bei Williams ein. Hinzu kommt Genés Wettkampf- und Fahrpraxis bei Langstreckenrennen für Peugeot. In diesem Jahr gewann der Spanier zusammen mit Alexander Wurz und David Brabham die legendären 24 Stunden von Le Mans.

Erfahrung mit dem F60 habe beide wenig bis gar keine. Die letzten vollen Testtage in einem F1-Boliden liegen sowohl bei Badoer als auch bei Gené über acht Monate zurück. Im vergangenen Winter testeten sie in Barcelona (November 2008, 2 Tage Gené, 3 Tage Badoer) und Portimao (Dezember 2008, 1 Tag Gené, 2 Tage Badoer). Bei den Vorsaisontests 2009 fuhren ausschließlich die Stammfahrer Kimi Räikkönen und Felipe Massa. Gené besitzt immerhin die Erfahrung einiger Aerodynamiktests auf der Geraden, so testete er als Erster das Barcelona-Upgrade des F60 samt Doppel-Diffusor.

Von den beiden Testfahrern scheint Gené die logischere Wahl zu sein, noch dazu, da das nächste Rennen in Valencia in seiner Heimat stattfindet. Dagegen spricht der Fall Mika Salo: In der Saison 1999 ersetzte Ferrari den verletzten Michael Schumacher nach seinem Beinbruch nicht intern durch Luca Badoer, sondern holte mit dem Finnen Mika Salo einen erfahrenen externen Piloten, der heute noch in Ferrari Diensten steht, allerdings als GT-Pilot in der ALMS.

Fernando Alonso - Beginnt die Zukunft früher?

Fernando Alonso ist ein Langzeit-Ferrari-Anwärter., Foto: Sutton
Fernando Alonso ist ein Langzeit-Ferrari-Anwärter., Foto: Sutton

Fernando Alonso und Ferrari - das ist eine schier unendliche Geschichte. Schon seit einer gefühlten Ewigkeit wird der Spanier als potenzieller Ferrari-Neuzugang gehandelt, manchmal sogar schon mit Vorverträgen oder gar tatsächlichen Verträgen in Verbindung gebracht. So soll er angeblich schon als Stammfahrer für 2010 fix sein.

Was liegt da näher, als ihn schon eher ins Cockpit zu setzen? Solche Fälle hat es in der F1 schon gegeben. Besonders interessant wird diese Variante, weil Alonsos Renault Team nach dem Radverlust von Ungarn für ein Rennen gesperrt wurde und er somit bei seinem Heimrennen in Valencia nicht an den Start gehen darf - vorbehaltlich der Berufung seines Teams.

"Das sind alles nur Spekulationen ohne Basis", wiegelte Renault ab und auch bei Ferrari hieß es: Alonso wird nicht für Massa fahren. Zu groß sind die vertraglichen Schwierigkeiten, an denen auch Sponsorenverpflichtungen hängen. In den vergangenen Jahren durften Fahrer, die zum 1. Januar des neuen Jahres das Team wechselten, oft nicht an den Wintertests im November und Dezember teilnehmen, weil sie noch Verträge mit ihren abgebenden Teams und deren Sponsoren hatten. Außerdem: Was würde aus Alonso, wenn Massa nach ein paar Rennen Pause zurückkehren würde?

Der Rest der F1-Welt

So ziemlich jeder ehemalige, aktuelle oder angehende F1-Fahrer dürfte sich die Finger nach einem Ferrari-Cockpit lecken, selbst in einer Saison wie dieser, in der das springende Pferd nicht um die WM und Siege mithüpft. Allein der Name Ferrari in der Bewerbungsmappe für künftige Arbeitgeber oder zur Befriedigung des eigenen Egos ist Verlockung genug. Die Liste der Interessenten ist deshalb lang, die Erfolgschancen jedoch gering.

Vor allem der Name spricht für Jacques Villeneuve., Foto: Sutton
Vor allem der Name spricht für Jacques Villeneuve., Foto: Sutton

So handelten die Gerüchteköche zum Beispiel Ex-Toro-Rosso-Pilot Sebastien Bourdais als möglichen Ersatzmann für Massa. Bourdais kennt den Ferrari-Motor von seiner Zeit bei der kleinen Scuderia und hat mit Nicolas Todt den gleichen Manager wie Massa. Die Chancen des Franzosen stehen jedoch schlecht: Ein Fahrer, der während der Saison aus Leistungsgründen entlassen wurde, passt nicht ins Bild und zu den Ansprüchen der Scuderia Ferrari. Aus eben diesen Gründen scheidet auch Nelsinho Piquet aus, der bei Renault vor dem Aus steht. Er besitzt zwar einen großen Nachnamen, konnte diesen bei Renault aber nicht in die oberen Bereiche der Ergebnislisten schreiben.

Rein vom Namen her gehört Ex-F1-Weltmeister Jacques Villeneuve in eine Kategorie mit Alonso und Schumacher. Der Kanadier bietet sich momentan verzweifelt auf Cockpitsuche für 2010 an, hat aber seit seinem vorzeitigen Rausschmiss bei BMW Sauber nach dem Deutschland GP 2006 kein F1-Rennen mehr bestritten. Die Teilzeitbeschäftigungen in der NASCAR und Speedcar Serie zählen kaum als gleichwertiger Ersatz. Für Nostalgiker ist Villeneuve allerdings die erste Wahl: Immerhin ist sein Vater Gilles noch heute eine Legende in Maranello.

Während Piquet und Bourdais die Gescheiterten und Villeneuve die Rückkehrer in der Anwärterliste vertreten, steht der 19-jährige Italiener Mirko Bortolotti für den ambitionierten Nachwuchs. Der Formel-2-Pilot gewann 2008 die italienische Formel 3 und bekam dafür im Dezember einen Test bei Ferrari spendiert. Mit seinen Zeiten und seinem Feedback wusste er die Ferrari-Ingenieure zu überzeugen. In diesem Jahr liegt er mit einem Saisonsieg auf Platz 5 der neuen Formel-2-Meisterschaft. Allerdings hatte Ferrari in der Vergangenheit wenig Erfolg mit italienischen Fahrern und gilt nicht unbedingt als Sprungbrett für aufstrebende Talente. Selbst Felipe Massa wurde bei Sauber ausgebildet. Der Fall Jaime Alguersuari hat zumindest gezeigt, dass auch Fahrer mit noch weniger F1-Erfahrung sich gut schlagen können. In der Saison 2007 wagte mit McLaren sogar ein Topteam den Versuch mit einem Rookie. Heute ist Lewis Hamilton Weltmeister. Unwahrscheinlich ist die Variante Bortolotti oder Nachwuchstalent trotzdem.