Er war der gescholtene Verlierer, der böse Sündenbock, er stand im Kreuzfeuer der italienischen Presse. "Beschämend, Massa hat alles falsch gemacht", schimpfte die Gazzetta dello Sport nach dem Großen Preis von Malaysia. "Schumi wäre so etwas nicht passiert." Der Fahrfehler von Sepang hatte Felipe Massa einiges an Kredit gekostet.

Wie sich die Bilder gleichen können: diese Schlagzeilen stammen nicht aus der vergangenen Woche, nachdem Felipe Massa im zweiten Saisonrennen zum zweiten Mal gepatzt hatte, sondern aus dem Vorjahr, als Massa ebenfalls in Malaysia einen Fehler beging und zwei Plätze verlor. Damals wie heute ging es von Malaysia nach Bahrain. "Er fährt ums Überleben", sagte uns Christian Danner vor einem Jahr. Auch dieses Jahr sieht es nicht viel besser aus für Felipe.

Mit seiner zweiten Pole Position in Folge gab Massa anno 2007 den ersten Teil seiner Antwort an die Kritiker, die davon allerdings noch nicht ganz überzeugt waren und fragten: Wie wird er wohl in der ersten Kurve gegen den aufstrebenden Superstar Lewis Hamilton zu Werke gehen? Immerhin hatte Hamilton vorher bei seinen ersten beiden F1-Starts jeweils einen Platz gutgemacht. Massas Antwort kam damals postwendend, kurz und überzeugend: "Aggressiv."

Im Rennen musste der Aggressivleader von Ferrari dann nie aggressiv werden, er konnte einen sicheren Sieg nach Hause fahren. "Das habe ich gebraucht", funkte Massa direkt nach der Zieldurchfahrt an die Box zurück. Das war seine Antwort an die Kritiker, die sogleich am Montag ganz andere Schlagzeilen auffuhren. "Massa macht keinen Fehler und Ferrari feiert", war in der Gazzetta dello Sport zu lesen. "Massa liefert das Comeback eines Champions nach den Fehlern von Sepang." La Republica ging noch einen Schritt weiter - sie titelte: "Massa gibt den Schumacher."

Ähnliches muss er am kommenden Wochenende in Bahrain schaffen. Auch dieses Jahr "braucht" er wieder einen Sieg im Inselstaat. "Es sind noch 16 Rennen und 160 Punkte zu vergeben", sagt er. "In den kommenden Rennen will ich alle möglichen Punkte zurückholen, die ich in den ersten beiden Rennen der Saison verloren habe." Massa gibt also wieder den Aggressiven. Es liegt an ihm, was die italienische Presse am nächsten Montag titelt - eine Wiederholung der Lobgesänge von 2007 oder noch härtere Töne.

Im letzten Jahr ließ Hamilton in Bahrain erstmals seinen Teamkollegen klar hinter sich., Foto: Sutton
Im letzten Jahr ließ Hamilton in Bahrain erstmals seinen Teamkollegen klar hinter sich., Foto: Sutton

Kimi Räikkönen hat momentan nichts zu befürchten. Er hat seine Fehler von Melbourne schon in Sepang vergessen gemacht. "Wir haben ein Sieger-Auto", stellt er fest. "Solange alles gut geht, haben wir den Speed um Rennen zu gewinnen." Nur im Qualifying müsse man sich noch steigern. "Wenn wir da schneller werden, hilft uns das sehr für die Rennen." Doch noch sind die Reifen auf einer schnellen Runde nicht schnell genug auf Temperatur, auf diesem Gebiet hat McLaren die Nase vorne. Dafür glänzte Ferrari in Sepang mit der vorausgesagt starken Long Run-Pace. Räikkönen meinte sogar, er hätte noch schneller fahren können, wenn er gefordert worden wäre. Das gleiche sagte übrigens auch Lewis Hamilton nach seiner unangefochtenen Triumphfahrt beim Auftaktrennen in Australien.

Es wird also spannend, wenn einmal beide Topteams ohne Probleme durch das Rennwochenende und das Rennen kommen. Denn bislang war nur BMW Sauber konstant vorne - wenn auch konstant hinter einem der beiden anderen Teams -, McLaren und Ferrari hatten jeweils ein verpatztes Rennen. "BMW Sauber hat sich bei beiden Grand Prix stark in Szene gesetzt", gesteht Norbert Haug, "wurde zweimal Zweiter und gehört zweifellos zu den Teams, die aus eigener Kraft um den Sieg fahren können."

Auch Stefano Domenicali lobt den neuen Konkurrenten. "Wir müssen sie respektieren - sie werden uns und McLaren Punkte wegnehmen", sagt der Ferrari-Teamchef. "Wir haben einen Gegner mehr." Mario Theissen nimmt die Blumen dankend an und fühlt sich erstmals öffentlich wohl in dieser Rolle. "Es gibt nicht mehr den Einen, der am schnellsten fährt - und wir beginnen langsam, im Konzert der Großen eine Rolle zu spielen."

Vielleicht auch in Bahrain. Dort hat Ferrari allerdings einen sechstägigen Wissensvorsprung von den Testfahrten vor Saisonbeginn. An diesen nahm neben der Scuderia nur Toyota teil. "Wir wären gern in Bahrain gefahren, doch wir hatten bei der Entwicklung des Autos andere Prioritäten", begründet Martin Whitmarsh das Fehlen der Silbernen beim Vorsaisontest, den die meisten Teams aus Kostengründen rechts liegen ließen. Man habe die Kühlung auch so verbessern können und besitze genügend Daten aus den Vorjahren, so Whitmarsh. "Es sollte also kein Nachteil sein, dass wir dort nicht getestet haben."

Zu sicher darf sich Ferrari angesichts der starken Konkurrenz aus Woking und der lauernden Gefahr in Weiß und Blau nicht sein. "Nach Australien meinten alle, dass McLaren in einer eigenen Welt fahre", weiß Domenicali um die Schnelllebigkeit der F1-Welt. "Damals erwiderten wir: okay, sie hatten ein tolles Rennen, aber das kann sich ändern." Schon in Malaysia hatte es sich geändert. Felipe Massa hofft darauf, dass sich in Bahrain wieder etwas verändert, allerdings so wie im letzten Jahr nur zu seinen Gunsten.