Das Mondlicht spiegelt sich in den Glasfassaden, Scheinwerfer durchbrechen die Nacht, Neonreklame blinkt am Straßenrand, Menschenmassen drängen sich in den Gassen und hoch gezüchtete Boliden rasen durch die engen Straßen. "Es ist wie im Computerspiel Need for Speed", sagt MotoGP-Weltmeister Casey Stoner. Dabei ist er nur zum ersten Mal auf einer permanenten Rennstrecke im Dunkeln gefahren, noch nicht bei Nacht auf einem Straßenkurs. Genau das erwartet die Formel 1-Piloten beim ersten Großen Preis von Singapur Ende September.

Bei Nacht durch die Großstadt: Need for Speed lässt grüßen., Foto: Sutton
Bei Nacht durch die Großstadt: Need for Speed lässt grüßen., Foto: Sutton

Was Tuningteile, Anti-Aliasing und Pixelshader für den virtuellen Undergroundracer hier, sind Aeropakete, Computational fluid dynamics und centreline downwash generating wings dort. Nick Heidfeld hat jedoch ein paar Sicherheitsbedenken. "Hoffentlich ist es hell genug, blenden die Scheinwerfer die Fahrer nicht und fällt der Strom nicht aus", verriet er. "Davon abgesehen finde ich die Idee klasse, es ist einmal etwas anderes."

Während bei Need for Speed ein leistungsfähiger PC oder eine aktuelle Spielekonsole ausreichen, um den Fahrbetrieb sicherzustellen, ist der Aufwand für den ersten Nacht-GP der Geschichte etwas größer. Damit die 22 Piloten, 80.000 Zuschauer und Millionen TV-Zuseher nicht plötzlich im Dunkeln tappen, sorgen 12 Generatoren für genügend Strom. Sollte einer ausfallen, agieren die anderen automatisch als Back-Up. Nicks erste Sorge ist somit beseitigt. Aber wie sieht es mit den Schatten und Flutlichtanlagen aus? "In den ersten Runden fühlst du dich eigenartig", gestand Loris Capirossi. "Man kann aber normal fahren, als ob es Tag wäre", fügte MotoGP-Pilot Valentino Rossi nach dem Katar Nachttest hinzu. "Die Sicht ist gut, also gibt es keine Gefahr für uns; es ist wirklich nicht schwerer, als am Tag zu fahren."

Nicky Hayden räumte ein paar kleinere Probleme mit den Schatten und etwas Blenden ein, "aber nichts, dass in Zukunft nicht aussortiert werden könnte oder weswegen man weinen müsste." Suzuki-Pilot Chris Vermeulen war jedoch etwas enttäuscht. "Die Lampen sind nicht stark genug, damit ich aufhören kann, ein klares Visier zu benutzen und ich war überrascht, wie viel Schatten es gab. Und es war nicht nur ein Schatten."

Doch genug der Schatten, bei Need for Speed hat sich auch noch kein Spieler über Schatten beschwert - höchstens über Gegenverkehr. Aber den sollte es ohne die Dreher von Ukyo Katayama nicht mehr so häufig geben. "Das Interessanteste ist, durch die geringere Sicht - zumindest was die Mängel der Strecke betrifft - brauchst du viel mehr Selbstvertrauen als es dir deine Instinkte sagen", hebt Stoner den erhöhten Schwierigkeitsgrad hervor. John Hopkins gefällt das sogar: "Die Beleuchtung rund um die Strecke macht Spaß, da es etwas Anderes als normalerweise ist."

Selbst auf die allrenntäglichen Fahrerfloskeln hat der Tag- und Nachtwechsel eine Auswirkung. "Es war eine gute Nacht", bilanzierte James Toseland, "was sich eigentlich etwas komisch anhört." Nick Heidfeld dürfte das nicht schwer fallen. "Ich bin sowieso ein Nachtmensch und kein Frühaufsteher, deshalb habe ich nichts dagegen."

Die Zweiradler wissen bereits, wie es sich bei Dunkelheit fährt., Foto: Ducati
Die Zweiradler wissen bereits, wie es sich bei Dunkelheit fährt., Foto: Ducati

Nur das Zurücksetzen nach einem Unfall lässt sich in der Realität nicht mit nur einem Tastendruck erledigen. Dafür müssen die Mechaniker eine Tagesschicht einlegen. Aber sie sind es eh gewohnt nicht zu schlafen - egal ob es nun Tag oder Nacht ist. Anthony Davidson dürfte sich ganz besonders auf den Need for Speed Grand Prix von Singapur freuen - ob sich Electronic Arts schon die Rechte als Hauptsponsor gesichert hat?

Davidson ist nämlich mehrfacher GP-Sieger. "Mit einem Super Aguri, was sagt ihr dazu?", sagt er. Natürlich siegte er nur auf seiner Playstation 3, aber immerhin. "Ich hatte viel Spaß damit, nur meine Frau Carrie dürfte darüber nicht so erfreut gewesen sein." Dennoch brachte es ihn auf eine Idee: "Ich sollte meinen Vertrag beim Team ändern lassen und nur noch PlayStation spielen. So könnte ich für das Team die WM gewinnen." Und die paar hundert Euro für eine gebrauchte Playstation samt Fernseher und Spiel dürfte sogar Super Aguri noch aufbringen können.