Dass er im Moment nicht nur in der britischen Presse überall als "der Böse" hingestellt wird, scheint Fernando Alonso genauso kalt zu lassen wie die ganzen Auseinandersetzungen, Gerüchte und Spekulationen um seine Position im McLaren-Team nach seiner internen Rolle in der Spionageaffäre. Die mentale Stärke, die ihm half, 2005 gegen Kimi Räikkönen und 2006 gegen Michael Schumacher den WM-Titel zu gewinnen, obwohl seine Konkurrenten da zumindest zeitweise im besseren Auto saßen, könnte ihm jetzt wieder zugute kommen. Denn in den letzten Rennen war der Spanier gegenüber seinem Teamkollegen Lewis Hamilton sportlich immer wieder der Stärkere. "Vielleicht auch deshalb, weil er eben doch nicht mehr all seine Informationen und Daten an Lewis weitergeben muss", vermutet Ex-Weltmeister Keke Rosberg, "und damit seine eigenen Stärken besser ausspielen kann."

Kommt mit dem Erfolg auch der Spaß zurück?, Foto: Sutton
Kommt mit dem Erfolg auch der Spaß zurück?, Foto: Sutton

Und noch eine Entwicklung scheint Alonso in die Hände zu spielen: Angesichts der aufkommenden Konkurrenz von Kimi Räikkönen im extrem starken Ferrari kann man es sich bei McLaren-Mercedes sicher nicht leisten, im WM-Endkampf dann verstärkt auf Hamilton zu setzen. Denn auch wenn der junge Brite "politisch" als Weltmeister sicher besser ins Bild passen würde - gerade in Spa zeigte das "Wunderkind" auch Nerven: Kleine Fehler, Ausritte, das Gejammer über das angeblich unfaire Startmanöver seines Teamkollegen, Klagen, die bei den meisten Experten eher auf Unverständnis stießen, da und dort ein paar Allüren, die auch bei sehr wohlwollenden Teammitgliedern zumindest für Stirnrunzeln sorgten...

Auch Hamilton ist nicht nur der liebe, brave Junge, der alles richtig macht - und ob sich Alonso wirklich innerlich schon so komplett von McLaren verabschiedet hat, wie alle behaupten, und das Team umgekehrt von ihm, das ist die Frage. Zumindest um die Beziehung zu seinem Renningenieur Mark Slade und seinen eigenen Mechanikern scheint sich der Spanier im Moment sogar stärker zu bemühen als vorher. "Vor zwei Wochen beim Testen in Monza ist er zum ersten Mal richtig abends mit uns zusammen gesessen, hat uns seine Kartentricks vorgeführt, von denen wir vorher immer nur gehört hatten", erzählt Slade. In Spa betonte Alonso ungewohnt deutlich, dass seine Crew trotz der Niederlage gegen Ferrari nicht unzufrieden sein und dass er sich sehr für sie freue, eine WM-Prämie soll er auch ausgesetzt haben - ein eindeutiger Versuch, sich eigene Hausmacht gegen die Hamilton-Seite zu verschaffen. Nur der Versuch, seine Truppe im WM-Endkampf auf vollste Unterstützung einzuschwören? Oder aber doch ein vorsichtiges Abtasten, ob von seiner Seite aus ein Bleiben bei McLaren auch für 2008 doch möglich wäre?

Alonso auf dem Abgang - oder auf dem Weg zum silbernen Neuanfang?, Foto: Sutton
Alonso auf dem Abgang - oder auf dem Weg zum silbernen Neuanfang?, Foto: Sutton

Dass für jeden Rennfahrer der Erfolg vieles verändert, ist nichts Neues. Ein Alonso, der merkt, dass er rein sportlich Lewis Hamilton in den Griff bekommen kann, der auch mit seiner eigenen Crew doch einigermaßen vertrauensvoll zusammenarbeitet, könnte die atmosphärischen Spannungen zur Teamführung wohl eher verkraften. "Jeder Fahrer, gerade einer von der Klasse Alonsos, will vor allem gewinnen. Wenn er das kann, wenn er auch davon ausgeht, dass er dort im nächsten Jahr wieder das beste Auto hat, dann ist es ihm ziemlich egal, wie er nun mit Ron Dennis auskommt oder nicht", sagt ein langjähriger McLaren-Insider, der sich als Fahrer-Coach auch viel mit Psychologie und Mentalität von Top-Piloten beschäftigt. Und umgekehrt könnte ähnliches gelten: Holt Alonso den ersten WM-Titel für McLaren-Mercedes nach Mika Häkkinen 1999, würden Ron Dennis und Norbert Haug ihn dann wirklich mehr oder weniger von sich aus verabschieden, falls er sich doch zum Bleiben entschlösse? Und damit auch die gesamte Werbewirksamkeit des Titels aufs Spiel setzen? Zumindest Zweifel daran darf es geben...