Sommerpause. Drei Wochen Zeit, die Gemüter bei McLaren zu beruhigen. Fernando Alonso die angeblichen Abwanderungsgedanken auszureden, Lewis Hamilton ins Gewissen zu reden und die ganzen Spionagevorwürfe zu vergessen. "Wir sind beide sehr ehrgeizige Piloten, die gewinnen wollen. Trotzdem befinden wir uns nicht im Pilotenkrieg", ließ Hamilton über die Presseabteilung mitteilen. Ob das reicht, um die erhitzten Gemüter abzukühlen? Die Konkurrenz lässt jedenfalls keine Gelegenheit aus, tief in der silbernen Wunde zu stochern. "Es kann für uns gut sein, wenn die anderen im Moment nicht so gut miteinander klarkommen", sagt Kimi Räikkönen. "So eine Atmosphäre hilft sicherlich nicht im Titelkampf."

Das glaubt auch Felipe Massa. "Wenn ich sehe, was bei McLaren passiert, dann schätze ich wirklich die Beziehung, die ich mit Kimi habe", sagt der Brasilianer lächelnd. "Wir sind nicht die besten Freunde, wir benehmen uns aber wie zwei professionelle Fahrer, die versuchen, das Beste für das Team zu erreichen." Massa geht davon aus, dass sich die Situation bei McLaren während der nächsten Rennen nicht verbessern wird. "Der Krieg beginnt, wenn die Harmonie endet", sagt er. Kommt es in Istanbul zum nächsten Schlagabtausch zwischen den Silberpfeilpiloten? "Ron Dennis kann die Piloten vielleicht in der Box in den Griff bekommen, aber auf der Rennpiste sind sie alleine", prophezeit Hans Joachim Stuck. "Bei so einer Fehde wird keiner nachgeben, und dann rappeln die sich auch mal ins Auto." Also Vorteil Ferrari im Titelkampf?

Wer nur den WM-Stand betrachtet, könnte meinen, dass die Saison bereits entschieden ist. Denn die reinen Zahlen sprechen eine deutliche, unverfälschte Sprache. Lewis Hamilton gewann in Ungarn seinen dritten Grand Prix, gleichzeitig der sechste Saisonsieg für McLaren. In der Fahrer-WM liegen Hamilton und Alonso 20 respektive 13 Zähler vor dem besten Ferrari-Piloten. In der Konstrukteursweltmeisterschaft hat McLaren Mercedes trotz der fehlenden Zähler aus Budapest noch 19 Punkte Vorsprung auf die Italiener. Dominieren also doch die Silberpfeile die Formel 1?

Ein Blick auf andere, handfeste Zahlen beweist das Gegenteil: Acht von elf möglichen schnellsten Rennrunden gingen zwischen Melbourne und Budapest an Ferrari. Je vier Mal waren Felipe Massa und Kimi Räikkönen der schnellste Mann des Rennsonntags. "Wir haben das Potenzial, jedes Rennen zu gewinnen", sagt Teamboss Jean Todt überzeugt. Auch Christian Danner stimmt dieser These zu. "Ferrari und McLaren sind absolut ausgeglichen", sieht er die beiden Top-Teams als gleichwertig an. "Sie sind gleich schnell." Der ganze Spionage- und Fahrerstreitwirbel hat McLaren in Ungarn jedenfalls nicht davon abgehalten, das Rennen zu gewinnen. Somit sollte der Druck von außen auch in Istanbul kein großes Thema sein.

Andererseits erwartet Ferrari auch auf sportlicher Seite Rückenwind. Der Istanbul Park ist wieder eine "normale" Strecke, dort wollen Kimi Räikkönen und Felipe Massa an die Leistungen vom Saisonbeginn, Magny Cours und Silverstone anknüpfen. Der Schlussspurt beginnt in Istanbul. Vierkampf um den Sieg, Mehrkampf um den Titel und Spannungen im Fahrerlager: es wird spannend - auf und neben der Strecke.