Der Tankfehler bei Ferrari, die Pole Position von Fernando Alonso, die guten Platzierungen der Deutschen Nick Heidfeld, Nico Rosberg und Ralf Schumacher - all das verlor in den Schlusssekunden des Qualifying am Hungaroring an Bedeutung. Mehrere Sekunden stand Lewis Hamilton beim letzten Reifenwechsel hinter seinem Teamkollegen Fernando Alonso an. Eigentlich kein ungewöhnliches Bild, auch nicht in den Schlussminuten eines Qualifyings. Doch nachdem der Lollipop dem Spanier freie Fahrt gab, um in eine Lücke im Verkehr zu stechen, blieb dieser noch ein paar Sekunden länger stehen.

Da die Uhr erbarmungslos heruntertickte, konnte Hamilton seine letzte Runde nicht mehr schnell genug absolvieren, um noch einmal auf eine schnelle Runde zu gehen. Derweil verbesserte sich Alonso und schnappte Hamilton die Pole weg. In Hollywood wäre es das perfekte Verbrechen oder weniger drastisch ausgedrückt das perfekte Skript für einen Film voll Logikfehler gewesen - das jedenfalls sagt Fernando Alonso. "Ich versuchte meine Runde so schnell wie möglich zu absolvieren, denn ich war ja selbst dem Risiko ausgesetzt, keine schnelle Runde mehr fahren zu können." Aber warum zögerte er dann nachdem der Lollipopmann die Fahrt freigegeben hatte? "Die Autos fahren raus, wenn es das Team sagt. Ich habe einen Countdown im Funk und da wird bis Null runtergezählt, bei Null lässt man die Kupplung kommen und fährt los." Genau das habe er auch diesmal getan, auch wenn es ihm die britischen Journalisten nicht glauben wollten.

Lewis Hamilton sah dahinter in der Warteposition die Zeit verfliegen. Teamboss Ron Dennis sieht die Ursache für alles Übel schon viel früher. So gebe es bestimmte Abläufe im Team wie das Qualifying funktioniere, wie die Strategie festgelegt werde und wie die Fahrer über die Strecke verteilt werden. So konnte man schon in den vergangenen Qualifying beobachten, dass sich meistens ein McLaren vorne an der Boxengassenampel anstellte, ein anderer noch in der Box stand oder weiter hinten wartete. "Beim Benzinverbrennen hat immer ein Fahrer einen kleinen Vorteil, den wir von Fahrer zu Fahrer verschieben", so Dennis. "In diesem Fall durfte Fernando den Vorteil einer größeren Spritmenge nutzen. Er sollte eine Runde länger fahren, aber Lewis war vorne und sollte Fernando vorbeilassen, das hat er jedoch nicht gemacht." So sei McLaren aus dem Rhythmus gekommen. Der Grund warum Hamilton vor Alonso aus der Box fuhr war, dass sein Motor früher die nötige Temperatur erreicht hatte, um loszufahren. Das sollte auf der ersten Runde umgedreht werden.

"Aber es funktionierte nicht. Das war enttäuschend und sorgte für Druck an der Boxenmauer, von da an waren wir aus dem Rhythmus, die Autos waren auf dem falschen Platz auf der Strecke." Das habe die Situation verkompliziert. Deshalb habe Hamilton seine letzte Runde nicht zu Ende fahren können. "Ich habe jetzt die exakten Abläufe geschildert, das ist nichts als die Wahrheit, jetzt kann jeder denken, was er will." Die Rennkommissare sehen das genauso und kündigten eine Untersuchung des Vorfalls an. Was sich Dennis und Hamilton auf der Auslaufrunde im Funk zu sagen hatten, soll angeblich nicht druckreif gewesen sein. Der Teamchef wollte sich dazu aber nicht äußern, da alle sehr aufgeregt gewesen sind. "Es ist extrem schwierig, mit zwei so guten Fahrern umzugehen", gestand Dennis. "Es liegt Druck auf ihnen und dem Team - sie wollen beide gewinnen. Heute hat es nicht funktioniert, das Ergebnis verursacht noch mehr Druck für das Team." Andererseits dürfe man nicht vergessen, dass man bei einem der wichtigsten Qualifyings des Jahres die erste Startreihe geholt habe. "Jetzt wollen wir das Rennen gewinnen." Aber nur, wenn der Rhythmus stimmt...