Der Formel 1 mangelt es an Spannung, Überholmanövern, Zweikämpfen, Rad-an-Rad-Duellen um den Sieg. "Die Show muss verbessert werden", hat Flavio Briatore richtig erkannt. Ob zwei Rennen an einem Tag der richtige Weg dafür sind, bleibt dahingestellt, aber eins ist klar: die - sportliche - Darbietung muss besser werden.

Der Weg dazu führt unweigerlich über Regeländerungen und sobald dieses Wort fällt, ist FIA-Präsident Max Mosley nicht weit. Mario Theissen hat es bereits in Barcelona durchblicken lassen, jetzt platzte unter der Woche die Bombe: bis Jahresende soll ein neues Motorenreglement für die Zeit nach den aktuellen V8 verabschiedet werden. So weit, so unspektakulär, immerhin standen Regeländerungen in den vergangenen Jahren in der Formel 1 an der Tagesordnung.

Max greift mal wieder nach der Macht., Foto: Sutton
Max greift mal wieder nach der Macht., Foto: Sutton

Aber diesmal hat sich Max selbst übertroffen. Ihm schweben 2,2 Liter V6-Motoren mit einem Drehzahllimit von 10.000 Umdrehungen, Biobenzin, Traktionskontrolle, Vierradantrieb und einem 13 Sekunden-Powerboostbutton vor. Noch ist natürlich nichts beschlossen, vieles wird wieder über den Haufen geworfen oder abgelehnt werden, noch wird über alles diskutiert; aber allein die Tatsache, dass über solche Lösungen diskutiert wird, sollte zu denken geben, ja sogar Angst machen.

Im Übrigen soll im Rahmen dieser Überlegungen laut Informationen unserer Kollegen von Autosport sogar darüber nachgedacht werden, auch andere Bereiche der Autos zu verändern. Die Energierückgewinnung ist längst beschlossen, an Aerodynamikveränderungen wird schon lange gearbeitet, viele Komponenten wie Getriebe sollen noch langlebiger werden, aber angeblich soll sogar die Möglichkeit eines Einheitschassisherstellers in Erwägung gezogen werden. Das würde Colin Kolles in den Wahnsinn treiben, die Formel 1 endgültig ihrer Konstrukteurs-WM berauben und gleichzeitig wohl auch zerstören.

Dabei sollte das Gegenteil der Fall sein: dem Zuschauer soll mehr geboten werden, und zwar mehr Action, nicht mehr Unsinn. "Während wir versuchen diese Ziele zu erreichen", sagt Mosley über seine Wunschformel, "werden wir sicherstellen, dass das sportliche Spektakel in der F1 gleich bleibt oder durch die neuen Entwicklungen sogar noch verbessert wird."

Noch besser, noch spannender - als jetzt! Wer soll das denn aushalten? Das wäre dann der Spanien GP hoch sechs oder sieben. Adrenalin in allen Körperteilen, Herzinfarkt inklusive; jedenfalls dann, wenn man lange genug wach bleiben sollte...

Umweltschutz ist eine ebenso löbliche Sache wie Kostensenkungen, aber beides darf nicht übertrieben werden. Mosley war voraussehend genug, um die F1 rechtzeitig vor der großen Klimadiskussion mit einem grünen Schleier zu umgeben, das Thema Umweltschutz auf die Agenda zu bringen und wichtige Schritte wie die Energierückgewinnung einzuleiten.

Erst die Zukunft durcheinander bringen, dann kurz vorher abtreten - denen zeig ich es..., Foto: Sutton
Erst die Zukunft durcheinander bringen, dann kurz vorher abtreten - denen zeig ich es..., Foto: Sutton

Doch wie so vieles darf man auch das Thema Umweltschutz nicht übertreiben. In Monza und Zandvoort mag der Lärmschutz ein Thema sein, aber soll man deswegen mit V6 statt V8 an den Start gehen? Die Automobilhersteller werden wohl kaum glücklich sein, wenn so ziemlich jede Möchtegernrennserie, die im Rahmen vieler anderer Pseudorennserien fährt, mit V10 und V8-Motoren stärkere Triebwerke hat als ihre High-Tech-Vorzeigeautos, die Millionen und Abermillionen von Dollar verschlingen. Zwar hat GM angekündigt, dass man einen F1-Einstieg bei Fortführung der grünen F1-Welle in Erwägung ziehen könnte, aber angesichts der geplanten Änderungen könnte die Formel 1 für die Hersteller bald genauso prickelnd sein wie der VW Polo Cup. Was die Motoren angeht, nähert sich die F1 diesem jedenfalls Schritt für Schritt immer mehr an. Zur Ehrenrettung der Polos sei gesagt, dass wenigstens einer unserer Redakteure felsenfest auf den Polo Cup schwört - dort gebe es den besten und einzig wahren Motorsport. Nur es interessiert sich keiner dafür...

Mosley und Briatore haben Recht, wenn sie sagen, dass sich die Fans nicht für Bremsen, Motordrehzahlen und Elektronik interessieren, keiner auf der Tribüne merkt einen Unterschied zwischen den limitierten V8 und denen der Vorsaison, keiner stört sich an diesen geringfügigen Einschnitten. In Barcelona kamen so viele Spanier wie noch nie an die Strecke. Aber nicht wegen des neuen McLaren-Frontflügels, sondern wegen Fernando Alonso. Andererseits sollte Max und den F1-Weltverbesserern bewusst sein: Die Spanier kommen auch nicht zu hunderttausenden zu Rasenmäherrennen im Kleingärtnerverein, sie kommen, um die Königsklasse des Motorsports zu sehen; die besten Piloten in den modernsten und schnellsten Autos, nicht die lustigsten Hinterwäldler auf den sparsamsten Biotraktoren.