Es wird eine seltsame Situation und ganz bestimmt ein seltsames Gefühl sein, wenn am Sonntagnachmittag in Fiorano die so genannte "Preview" des neuen Ferrari F1-Boliden stattfindet. Zum ersten Mal seit elf Jahren wird dabei nicht das neue Auto von Michael Schumacher präsentiert. Stattdessen wird Felipe Massa am morgigen Montag, so es das Wetter zulässt, den Shakedown des noch unbenannten Autos durchführen. Danach werden Massa und Kimi Räikkönen es sich darin gemütlich machen - Schumacher wird aber von zuhause und aus seinem neuen Büro in Maranello über seine Schäfchen wachen.

"Michael ist Teil von Ferrari", sagte Stefano Domenicali. "Er weiß so viel, er kennt die Schlüsselmomente eines Rennens, weiß, was es bedeutet ein Rennfahrer zu sein und kann als Berater machen, was er möchte." Die Entscheidungen würden jedoch von den Verantwortlichen der jeweiligen Bereiche getroffen. Für das gesamte Jahr wurden bereits technische Meetings angesetzt, an denen Schumacher teilnehmen soll. Dabei soll er laut Mario Almondo die Sichtweise eines Fahrers wiedergeben. "Wir entwickeln gerade technische Möglichkeiten, so dass er bei Tests helfen kann, selbst wenn er nicht vor Ort ist."

Das neue Fahrerduo

Das neue dynamische Duo aus Maranello., Foto: Ferrari Press Office
Das neue dynamische Duo aus Maranello., Foto: Ferrari Press Office

Der Deutsche wird heute dennoch in aller Munde sein. So betonten Jean Todt und Kimi Räikkönen bereits in der letzten Woche: Kimi ist kein neuer Schumacher. "Ich bin nicht Michael Schumacher und das Team erwartet das auch nicht von mir", wiederholte der Finne immer und immer wieder. "Ich arbeite anders. Wir müssen den besten Weg finden zusammenzuarbeiten und dann sehe ich keine Probleme." Verändern wolle er sich, seinen Stil und sein Privatleben aber nicht.

Für seinen neuen Teamkollegen Felipe Massa stellt der Rücktritt von Schumacher natürlich einen Verlust dar - aber auch die große Chance selbst zum GP-Sieger und Weltmeister aufzusteigen. "Michael hat sämtliche Rekorde gebrochen. Der Sport hat viel verloren und es ist komisch, dass er nicht mehr da ist, aber so ist nun mal das Leben. Der Blickwinkel ändert sich nach einer Weile." Massa selbst habe in seinem Lehrjahr 2006 viel vom Meister gelernt. Einen Niedergang der Königsklasse befürchtet Felipe Massa aber keinesfalls. "Es gibt neue Fahrer. Fernando Alonso ist jetzt der Mann, auf den wir achten müssen und ich hoffe, dass auch andere Fahrer das schaffen werden, was Michael geschafft hat." Vielleicht sogar er selbst - oder wenigstens sein Teampartner Kimi Räikkönen.

"Kimi und ich sind auf einem Level, aber ich bin gereift und habe bei Ferrari mehr Erfahrung gesammelt - die letzte Saison war fantastisch", erinnerte sich Massa an seine beiden ersten GP-Siege zurück. "Ich habe in der Türkei und Brasilien gewonnen; jetzt möchte ich noch öfter siegen."

Diese Siege und die gute Beziehung zum Team könnten ihm zum Vorteil gereichen. "Ich bin im Team hoch angesehen und kann konkurrenzfähig sein. Die Saison wird anders, möglicherweise spannender, denn es gibt viele Teams auf dem gleichen Level." Dazu zählt Massa neben Ferrari auch Renault und McLaren. "In diesem Jahr wird die WM enger, weil Schumacher nicht mehr da ist, aber Alonso und auch Räikkönen sind sehr stark. Außerdem müssen wir abwarten, was Renault und die anderen Teams erreichen können."

Räikkönen befürchtet derweil nicht, dass er in der Gunst des Teams hinter den beliebten Brasilianer zurückfallen könnte. Er habe sich gut in der Ferrari-Familie eingelebt und die Arbeit mit dem Team mache ihm viel Spaß. Deshalb stellt es für ihn auch kein Problem dar, dass er keinen Einfluss auf die Entwicklung des neuen Autos hatte. "Die Autos sind immer unterschiedlich und ich habe genügend Zeit, mich daran zu gewöhnen", beschwichtigte er. Auch die Tatsache, dass Felipe Massa die erste Ausfahrt mit dem neuen Boliden zuteil wird, stört ihn nicht. Schließlich ist das nur ein Shakedown, ein Funktionstest aller Systeme. "Interessant wird es, wenn ich zum ersten Mal im Auto sitze und sehe, wie anders es sich fahren lässt im Vergleich zum McLaren." Massa verriet im Vorfeld schon einmal so viel oder wenig: "Das Auto ist total anders als das von 2006 und es wird sehr konkurrenzfähig sein. Ich hoffe, dass wir von Anfang an gewinnen werden."

Das neue Ferrari

Auf sie muss Ferrari verzichten., Foto: Sutton
Auf sie muss Ferrari verzichten., Foto: Sutton

Nicht nur bei den Fahrern hat sich über den Winter etwas getan. Auch hinter den Kulissen ziehen bei Ferrari neue Gesichter die Strippen. Jean Todt ist zum Geschäftsführer aufgestiegen und wird nur noch als Interimslösung die Rolle des Teamchefs erledigen. Zur Seite steht ihm der neue Sportdirektor und designierte Nachfolger Stefano Domenicali. "Jean hat als Geschäftsführer gar nicht die Zeit, sich um alle Details zu kümmern", sagte Domenicali in der letzten Woche beim alljährlichen Ski-Event in Madonna di Campiglio. Gleichzeitig bestätigte er, dass Todt weiterhin bei den Rennen dabei ist. "Aber vielleicht nicht mehr an den ersten Tagen des Rennwochenendes", fügte Domenicali hinzu.

Ein kompletter Rückzug, wie von Schumacher oder Ross Brawn, kam für Todt aber nicht in Frage. "Ich kann in dieser Übergangsphase das Schiff nicht einfach verlassen", sagte er noch vor dem Jahreswechsel. Apropos Ross Brawn. Dessen Nachfolger ist ebenfalls Italiener. "Aber meine Rolle ist etwas anders", sagte Mario Almondo. "An der Rennstrecke wird Luca Baldisseri die Aufgaben von Ross Brawn übernehmen. Ich kümmere mich eher um die Prioritäten in der Planung. Und darüber hinaus übernehme ich auch den Bereich Motor als Technischer Direktor." Denn auch Paolo Martinelli hat Ferrari in Richtung des Mutterkonzerns FIAT verlassen.

Damit wird klar, dass bei Ferrari eine neue Ära beginnt, die an der historischen Schumacher-Ära gemessen wird. "Es wird sehr schwer, diesen Erfolg zu wiederholen", gestand Almondo. "Aber es gibt dazu zwei Rezepte: Man muss hart arbeiten und bescheiden bleiben." Dass die neuen Verantwortlichen unter enormem Druck stehen ist klar. "Aber ich kann immer noch gut schlafen, obwohl ich zugeben muss, dass ich sehr wenig schlafe, weil wir so viel Arbeit haben", so Almondo weiter. Und Domenicali fügte hinzu: "Jetzt liegt es an uns, denjenigen zu beweisen, die uns gewählt haben, dass sie eine richtige Entscheidung getroffen haben." Der erste Schritt erfolgt heute mit der Präsentation des neuen Autos.

Dieses soll laut Almondo ein "innovatives" Auto werden. "Unsere Konkurrenz ist stark, wir mussten an der Aerodynamik, der Aufhängung und den Materialien arbeiten und wir haben eine gute Basis", fuhr er fort. "Wir haben versucht das Reglement so gut wie möglich zu interpretieren." Dabei betonte Almondo vor allem die Entwicklungen auf dem Bereich des Sprits und des Getriebes. "Es wird einige große technische Neuheiten geben, nicht alles, aber einige sehr extreme Neuheiten, Dinge, die in der Vergangenheit noch nicht gemacht wurden."