Im letzten Jahr hieß es nach dem China GP gleich von mehreren großen Namen Abschied nehmen. Pierre Dupasquier, Paul Stoddart, Peter Sauber, Jordan GP, Sauber Petronas und Minardi verließen nach dem Saisonende 2005 die Königsklasse des Motorsports. Auch in diesem Jahr heißt es nach dem China GP Abschied zu nehmen, allerdings noch nicht von Fahrern oder Teams oder der Saison im Allgemeinen, dafür aber vom Austragungsort des anstehenden Japan GP.

An diesem Wochenende wird zum vorerst letzten Mal auf der Lieblingsstrecke vieler Fahrer in Suzuka gefahren. Ab dem kommenden Jahr wechselt der Große Preis von Japan zu seinen Ursprüngen nach Fuji zurück; dort fanden bereits die ersten beiden japanischen Rennen statt. Da passte es gut, dass Streckenbesitzer Toyota in dieser Woche zu einer Tour auf dem Fuji Speedway geladen hat. Eine schicke Strecke mit netter Umgebung, leider etwas arg weit abseits jeglicher Zivilisation.

Der WM-Kampf geht in die vorletzte Runde., Foto: Sutton
Der WM-Kampf geht in die vorletzte Runde., Foto: Sutton

In diesem Jahr braucht uns das noch nicht zu stören, denn da geht es noch einmal auf der Honda-Strecke in Suzuka rund - und wie: Der Titelkampf ist heißer denn je. Nur ein Sieg trennt die beiden punktgleichen Titelkandidaten voneinander.

Renault: Kampf an zwei Fronten?

Fernando Alonso mag seine WM-Führung in Shanghai verloren haben, aber Renault kämpfte sich in der Konstrukteurs-WM wieder um ein Pünktchen an Ferrari vorbei. Der WM-Kampf bleibt also in beiden Weltmeisterschaften spannend. Sogar so spannend, dass Fernando Alonso in China zum Rundumschlag ausholte und sein Team beschuldigte, dass es nur den Teamtitel im Sinn habe, ihn aber nur ungern mit der Startnummer 1 zu McLaren abwandern sehen würde. Wie sich diese Kritik des Spaniers auf die Moral seines Teams auswirkt, werden wir in Suzuka sehen - sollte es bislang keine negative Einstellung ihm gegenüber gegeben haben, könnte sich das jetzt durchaus geändert haben. Auf der sportlichen Seite sollte Suzuka Renault entgegen kommen. Im Vorjahr scheiterte Giancarlo Fisichella in der letzten Runde am Sieg. Für dieses Jahr dürfte den Franzosen vor allem die Wettervorhersage mit kühlen und wahrscheinlich erneut regnerischen Bedingungen zusagen. Da die Autos beider Titelanwärter ähnlich ausgeglichen zu sein scheinen wie ihr WM-Stand, werden wieder einmal die Reifen entscheiden.

Ferrari: Den Titel im Visier

Alonso liegt im Rückstand., Foto: Sutton
Alonso liegt im Rückstand., Foto: Sutton

Zu Beginn des 10. Saisonlaufs in Indianapolis lag Michael Schumacher noch 25 Punkte hinter Fernando Alonso. Beim vorletzten Rennen liegt er nun in Führung, wenn auch gleichauf mit dem Titelverteidiger. Das Motivationshoch liegt also auf Seiten der Italiener. Dennoch: Wer der Favorit in Suzuka ist, lässt sich erst am jeweiligen Tag des Qualifyings und Rennens sagen. Das haben die unterschiedlichen Verhältnisse und die daraus resultierenden unterschiedlichen Konkurrenzfähigkeiten der Teams in Shanghai bewiesen. Eins spricht jedoch für Ferrari: Unter normalen Umständen mischen in Suzuka wieder beide Fahrer an der Spitze mit - außer der Defektteufel schlägt erneut zu. Sollte er aber Alonso erwischen, könnte Schumacher den Titel mit einem Sieg bereits in Suzuka klar machen.

McLaren: Der silberne Traum

Noch hat man seinen silbernen Traum bei McLaren Mercedes nicht ausgeträumt. Zwei Rennen bleiben noch Zeit, um den ersten Saisonsieg des Jahres einzufahren und damit die erste sieglose Saison seit 1996 abzuwenden. Auch wenn Statistiken wenig aussagen, dürfte eine davon den Silbernen Mut machen: Denn ihren bislang letzten GP-Sieg fuhren sie vor einem Jahr in Suzuka ein. Am letzten Wochenende hätte es in Shanghai beinahe schon geklappt: Ohne den Ausfall von Kimi Räikkönen wäre mindestens ein Podium, wenn nicht sogar der Sieg drin gewesen. So musste sich das Team erneut mit ein paar Pünktchen durch Pedro de la Rosa begnügen. Noch bleiben aber zwei Rennen Zeit...

Honda: Heimspiel

Honda hofft auf Regen., Foto: Sutton
Honda hofft auf Regen., Foto: Sutton

Der Ungarn GP dürfte für Honda unter normalen Umständen der erfolgreichste Grand Prix des Jahres, ja sogar der Teamgeschichte bleiben. Denn dort konnte Jenson Button bekanntlich das Regenchaos zu seinen Gunsten ausnutzen und den ersten Sieg des Teams einfahren. Die Erwartungen der Japaner sind dadurch nicht geringer geworden: Honda Racing-Präsident Wada forderte vor dem Heimspiel mehr als nur einen Podestplatz, wie ihn Teamboss Nick Fry anpeilt. Wada will in Suzuka mit dem Siegen beginnen. Die guten alten Vorhersagen und hohen Ansprüche sind zurück. Schließlich besitzt Honda Racing dank British American Racing eine lange Vorgeschichte höchster Ansprüche und unerfüllter Siegversprechen. Obwohl Japaner in Japan immer besonders gut sind, müssen der britische und der brasilianische Fahrer darauf hoffen, dass der Wettergott ein Einsehen mit den Honda-Fans hat. Nur im Regen und bei chaotischen Michelin-Bedingungen (solche allein dürften Honda nicht zum Sieg gereichen, es müsste schon auch noch etwas mit den Renault und McLaren geschehen) könnte der große Traum vom ersten Heimsieg Wirklichkeit werden. Es muss ja nicht gleich ein Taifun sein.

BMW Sauber: Den Ärger verdrängen

Der China GP hinterließ bei BMW Sauber tiefe Wunden. Bei Robert Kubica leisteten sich, je nach Sichtweise des Motorsportdirektors, Technikchefs oder Fahrers, das Team und/oder der Pilot einen strategischen Patzer - sie schickten den Polen viel zu früh mit Rillenreifen auf die Strecke. Das vermasselte ihm eine gute Punkteplatzierung. Nick Heidfeld landete immerhin in den Punkten, allerdings drei Plätze weiter hinten, als es ihm lieb gewesen wäre. Bis zur letzten Kurve lag er auf Platz 4, dann schlug das Schicksal zu. Auch Montag nach dem Rennen war Nick noch angefressen, ob der verpassten Gelegenheit - für sich selbst als auch das Team, welches mit den 5 Punkten für Rang 4 fast schon WM-Platz 5 in der Team-WM hätte feiern können. So geht der Kampf gegen Toyota weiter, ausgerechnet bei deren Heimrennen in Suzuka, wo Japanern immer alles zuzutrauen ist.

Toyota: Noch ein Heimspiel

Auch Toyota will ein gutes Heimspiel abliefern., Foto: Sutton
Auch Toyota will ein gutes Heimspiel abliefern., Foto: Sutton

Das richtige Toyota-Heimspiel gibt es natürlich erst im nächsten Jahr, wenn man nicht mehr auf der Strecke des Erzrivalen fährt, sondern auf der eigenen in Fuji. Trotzdem wollen die Weiß-Roten natürlich schon in diesem Jahr ein gutes Ergebnis erzielen - die Fans und Mitarbeiter warten schon lange wieder einmal auf ein richtig gutes Erfolgserlebnis. Zuletzt scheiterten die Japaner meistens an der Technik oder unerwarteten Umständen. In China könnte auch ein bisschen Taktik am Doppelausfall schuld gewesen sein, denn so darf man beim Heimrennen neue Motoren einbauen. Den erhofften ersten Sieg werden die Köln-Marsdorfer in den ausstehenden Rennen wohl nicht mehr erreichen, aber ein gutes Punkteergebnis sollte im Bereich des Möglichen liegen, wenn denn einmal alles ohne Probleme klappt.

Red Bull: Rote Aasgeier

Immer wieder müssen wir David Coulthards Vergleich zu den Aasgeiern bemühen: Auch zwei Rennen vor Saisonende sieht es nicht danach aus, als ob Red Bull Racing aus eigener Kraft in die WM-Punkteränge vorstoßen könnte. Im Gegenteil: Mit Williams drückt ein erstarkter Gegner von hinten. Noch hat RBR allerdings fünf Punkte Vorsprung in der Team-WM. Die werden die Bullen aber auch brauchen, wenn sie Rang 7 halten wollen - denn viele weitere werden wohl weder in Japan noch in Suzuka dazu kommen.

Williams: Britische Minimalisten

Nach Webber will auch Rosberg wieder punkten., Foto: Sutton
Nach Webber will auch Rosberg wieder punkten., Foto: Sutton

Nach 10 punktlosen Rennen war es in Shanghai soweit: Mark Webber schenkte seinem Team zum Abschied den elften Saisonpunkt. Angesichts der langen Durststrecke seit dem Nürburgring ist es fast bezeichnend, dass der Durst erst einmal nur mit einem einzigen, einsamen Zähler gestillt wurde. Obwohl Williams sich unter trockenen Bedingungen noch mehr ausgerechnet hätte, dürfte es schwer werden die fehlenden 5 Punkte auf Red Bull noch aufzuholen. Andererseits kann in Suzuka und Interlagos bekanntlich viel passieren - von Taifunen bis zu sintflutartigen Regenfällen und herunterfallenden Werbetafeln...

Toro Rosso: Italienische Minimalisten

Während Williams sechzehn Rennen für elf Punkte brauchte, begnügt sich die kleine Scuderia ganz Minardi-like mit einem einzigen Zähler aus ebenso vielen Rennen. Wie für alle Teams am Ende des Feldes wird es für STR schwierig dieses Erfolgserlebnis von Indianapolis zu wiederholen - dennoch war die Performance in Shanghai durchaus ansprechend. Es darf also weiter gehofft werden.

Spyker: Die Null muss weg

Spyker ist noch punktlos., Foto: Sutton
Spyker ist noch punktlos., Foto: Sutton

Im Fußball soll die Null stehen, in der Formel 1 soll sie so schnell wie möglich weg. Wenn man dann zwei Rennen vor dem Saisonende immer noch damit beschäftigt ist die Null hinauszukomplimentieren, wird es umso schwieriger den Dauergast vor die Tür zu setzen. Erst Recht, wenn man ihm gerade erst einen neuen Anstrich in Form einer neuen Lackierung verpasst hat, da fühlt man sich doch gleich viel wohler und möchte schon gleich gar nicht mehr gehen. Entsprechend schlecht stehen die Chancen für das neue Spyker MF1 Team die Null in Suzuka loszuwerden - dafür kommt jemand anderes wieder einmal zu Besuch: Adrian Sutil, der Suzuka aus der japanischen Formel 3 kennt, absolviert seinen dritten Einsatz als Freitagstester. Für ihn ist dies die Chance sich für 2007 zu empfehlen, vielleicht kann dann ja er die Null zum Gehen überreden.

Super Aguri: Heimspiel zum Dritten

Es gibt nicht nur Honda und Toyota - auch Super Aguri bestreitet in Suzuka sein Heimspiel. Für die kleine Truppe aus Leafield ist es sogar das wichtigste Rennen des Jahres. Ob es auch das erfolgreichste Rennen wird, wird sich zeigen, glücklicherweise sind die Ansprüche von Aguri Suzuki nicht ganz so hoch, so dass er schon bei einer doppelten Zielankunft, vielleicht vor ein oder zwei Spyker oder Toro Rosso, von einem höchsterfolgreichen Rennen sprechen würde. Nur bei den Überrundungen sollten die Japaner aufpassen, nicht dass es diesmal zu Handgreiflichkeiten kommt...