Der 12. Saisonlauf dieses Jahres könnte der vorerst letzte WM-Lauf auf dem Hockenheimring sein. Ab dem kommenden Jahr könnten sich Hockenheim und der Nürburgring jährlich bei der Austragung des deutschen F1-Rennens abwechseln. Michael Schumacher würde sich gerne als vorerst letzter Sieger in die Geschichtsbücher eintragen.

1. - S wie Startaufstellung

Die Startaufstellung kommt an diesem Wochenende etwas ungewohnt daher: Nichts war es mit der dritten Pole in Folge für Michael Schumacher. Kimi Räikkönen schnappte ihm die erwünschte Heim-Pole vor der roten Nase weg. Noch überraschender ist jedoch der viertplatzierte Jenson Button. Nach einem guten Test in Jerez meldete sich Honda mit den Startplätzen 4 und 6 zurück. Allerdings bleibt abzuwarten, ob sie diese Form auch im Rennen bestätigen können.

Nicht gerade gut lief das Qualifying für die großen Dominatoren der Saison: Giancarlo Fisichella landete im besten Renault nur auf Rang 5, Fernando Alonso wurde sogar nur Siebter.

Rot würde gerne vor Gelb-Blau bleiben., Foto: Sutton
Rot würde gerne vor Gelb-Blau bleiben., Foto: Sutton

2. - S wie Start

Umso wichtiger wird der Start für die Gelb-Blauen. Beide möchten noch vor ersten Kurve einige Plätze gutmachen - wie wichtig das ist, erfuhr Fisichella vor zwei Wochen in Frankreich am eigenen Leib: Er konnte seinen Rückstand im Laufe des Rennens nicht mehr wettmachen.

Allerdings hat die Jagd nach einer Platzverbesserung am Start in den letzten Jahren in Hockenheim schon mehrfach zu Un- und Zwischenfällen geführt. "Die Pole gibt uns die beste Chance einem Startunfall zu entgehen", weiß McLaren-Teamboss Ron Dennis, der sich zumindest mit Kimi Räikkönen aus jeglichem Schlamassel heraushalten möchte.

3. - S wie Setup

Im Vergleich zum klassischen, aber auch ziemlich eintönigen Highspeed-Layout von Hockenheim - das bis 2001 von den scheinbar endlosen Waldgeraden dominiert wurde - zeichnet sich die aktuelle Strecke durch abwechslungsreiche Rennen aus und erlaubt interessante Zweikämpfe. Nach wie vor sorgt die Lage inmitten eines dichten Nadelwaldes dafür, dass bei Regen viel Feuchtigkeit in der Luft hängen bleibt - auf der anderen Seite sind Hitzerennen typisch für Hockenheim. Das erschwert die Arbeit der Reifen. Besonders die Hinterräder werden wegen der vielen Beschleunigungsvorgänge im Anschluss an die langsamen Kurven hart gefordert.

Kimi erkämpfte sich die Pole mit einer anderen Strategien., Foto: Sutton
Kimi erkämpfte sich die Pole mit einer anderen Strategien., Foto: Sutton

Auf dem Papier verlangt die Grand Prix-Strecke im Badischen nach einem mittleren Abtriebsniveau, um die optimale Rundenzeit zu erzielen. Der Grund sind die vielen mittelschnellen Kurven gegen Ende eines Umlaufs. Allerdings fahren wir nicht auf Papier, sondern auf Asphalt - und in der Renn-Realität spielen noch andere Faktoren eine Rolle. Wie alle Strecken des deutschen Architekten und Hobby-Rennfahrers Hermann Tilke besitzt Hockenheim lange Geraden, gefolgt von langsamen Kurven, die zu Überholaktionen einladen. Deswegen müssen die Piloten Grip im engen Motodrom opfern und eher auf eine gute Endgeschwindigkeit auf den Geraden setzen - um nicht überholt zu werden und selbst Gegner schnappen zu können. Die Renningenieure verwenden also ein mittleres bis niedriges Abtriebsniveau, ähnlich wie etwa in Bahrain.

Die langen Geraden und langsamen Kurven von Hockenheim verlangen nach zwei widersprüchlichen Eigenschaften der Radaufhängung: steif, um bei hoher Geschwindigkeit die volle aerodynamische Abtriebsleistung zu nutzen, und weich, um optimalen Grip zu genießen. Grundsätzlich wird dieses Dilemma so gelöst, dass die Autos relativ weich abgestimmt werden, die Aufhängung aber bei höherem Tempo auf Gummiblöcken aufsitzt, um eine stabile Bodenfreiheit zu erreichen. Das Auto erhält ein "nach vorn verlagertes Setup", also eine mechanische Abstimmung, bei der die Front steifer eingestellt ist als das Heck. Dies verbessert Grip und Traktion und optimiert zugleich das Bremsvermögen. Die Bremsstabilität ist auf diesem Kurs besonders vor Turn 6 ein entscheidender Faktor. Dort verzögern die Autos aus mehr als 300 km/h, so dass sich hier die wichtigste Überholmöglichkeit bietet. Dieser Streckenabschnitt spielt in den Setup-Überlegungen deshalb eine große Rolle.

In der Haarnadel soll überholt werden., Foto: Sutton
In der Haarnadel soll überholt werden., Foto: Sutton

Traditionell herrschen in Hockenheim mit die heißesten Temperaturen der Europa-Saison. Wegen der hohen Traktionsanforderungen werden besonders die Hinterreifen genauestens beobachtet, denn wenn sie Blasen werfen oder überhöhten Verschleiß zeigen, wirft das die Balance des Autos über den Haufen. Außerdem weist der Kurs die Besonderheit auf, dass er am Übergang von "neuer" zu "alter" Strecke erheblich schmaler wird, vor allem in Turn 12. Die Einfahrt ins Motodrom ist eine der schnellsten Kurven des Kurses und verengt sich am Eingang. Das erhöht die Gefahr, dass die Fahrer die Ideallinie verlassen und ihr Auto bei einem Ausrutscher ins tiefe Kiesbett beschädigen, wenn sie es hier übertreiben.

Hockenheim war immer ein "Motorenkurs", doch in diesem Jahr haben sich die Anforderungen an die Triebwerke im Vergleich zu den übrigen Kursen eher entschärft. Die etwas leistungsärmeren V8-Triebwerke Motoren laufen etwa zehn Prozent länger unter Vollast (jetzt rund 80 Prozent) als die bisherigen V10. Dies ist jedoch von allen Grand Prix-Kursen die geringste Differenz zwischen 2005 und 2006. Das erklärt sich daraus, dass der Kurs wenige Highspeed-Kurven aufweist, die sonst den größten Unterschied ausmachen. Denn wo mit dem V10 Halbgas möglich war, stehen die Fahrer mit dem V8 voll auf Gas. Nichtsdestotrotz sind die Drosselklappen des RS26 über rund drei Viertel der Runde voll geöffnet. Damit bleibt Hockenheim ein anstrengender Kurs für die Triebwerke - auch, weil neben der Spitzenleistung ein guter Durchzug aus niedrigen Drehzahlen gefragt ist. Ein gutes Drehmoment ist entscheidend für die Beschleunigung aus den vielen langsamen Kurven heraus.

4. - S wie Strategie

Honda dürfte relativ leicht sein., Foto: Sutton
Honda dürfte relativ leicht sein., Foto: Sutton

Wenn es um die eigene Strategie geht, geben sich die Verantwortlichen immer äußerst bedeckt- die Strategie der Konkurrenz kommentieren sie hingegen schon einmal ganz gerne. So war es auch in Hockenheim, wo das Gefühl eine Vielzahl an unterschiedlichen Strategien und Spritmengen nahe legt - zumindest, wenn man so manchen Leistungssprung einiger Fahrer genauer unter die Lupe nimmt.

So zweifelt Christian Danner zum Beispiel an, dass Pole-Setter Kimi Räikkönen "überhaupt noch etwas im Tank" hat. An drei Boxenstopps ist laut Niki Lauda jedoch nicht zu denken: "Es wird ein eindeutiges Zweistopprennen - mit drei Stopps fährt keiner", ist der Österreicher sicher.

Dass McLaren abgetankt hat, lässt sich aber dennoch aus den Aussagen der Silbernen herauslesen. "Wir haben unsere Strategie so gewählt, dass wir eine Chance hatten, um in die ersten beiden Reihen zu gelangen", verriet Norbert Haug. "Wir wollten von den Startplätzen 7-8 wegkommen. Damit waren wir zwar bei der Strategie gut aufgestellt, haben aber im Verkehr viel Zeit verloren."

Jetzt ging man zumindest mit Räikkönen den entgegen gesetzten Weg. Pedro de la Rosa könnte hingegen die 'normale' McLaren-Taktik anwenden und schwerer unterwegs sein. Dass deutete Ron Dennis an: "Die Strategien unserer Fahrer sind unterschiedlich." Bestätigt wird das von Ross Brawn, der vermutet, dass Kimi "relativ leicht" ist.

Und auch Renault traut Brawn eine andere Taktik zu - allerdings mit einem volleren Tank. "Renault könnte auf einer anderen Strategie sein, das müssen wir jetzt abwarten."

5. - S wie Sonntagswetter

Ebenfalls noch unklar ist das Wetter, allerdings nur im Hinblick auf das genaue Ausmaß der möglichen Hitze. Regen wird es höchstwahrscheinlich nicht geben - was Regenfreund Nick Heidfeld ziemlich traurig stimmte. Die Wetterfrösche sagen Höchsttemperaturen um die 31 Grad voraus, aber auch ein Regenrisiko von immerhin 40 Prozent.

6. - S wie Speed

Überholmanöver stehen in der modernen Formel 1 nicht gerade an der Tagesordnung. In Hockenheim bietet sich in der Haarnadel aber eine gute Gelegenheit dafür. Die beste Voraussetzung dafür scheinen die Toyota zu besitzen, denn die führten überraschend mit deutlichem Vorsprung die Top-Seed-Messung an - ob sie dabei die Hilfe eines Windschattens hatten, steht allerdings nicht in der nüchternen Tabelle.

Platz Fahrer Top-Speed
1. Ralf Schumacher / Toyota 311,5
2. Jarno Trulli / Toyota 311,2
3. Fernando Alonso / Renault 309,6
4. Michael Schumacher / Ferrari 308,3
5. Felipe Massa / Ferrari 307,5
6. Pedro de la Rosa / Mercedes 307,5
7. Jenson Button / Honda 307,4
8. Giancarlo Fisichella / Renault 306,9
9. Christijan Albers / Toyota 306,1
10. Kimi Räikkönen / Mercedes 305,3
11. Nico Rosberg / Cosworth 303,6
12. Tonio Liuzzi / Cosworth V10 303,4
13. Tiago Monteiro / Toyota 303,1
14. Jacques Villeneuve / BMW 302,7
15. Takuma Sato / Honda 302,5
16. Christian Klien / Ferrari 301,9
17. Nick Heidfeld / BMW 301,3
18. Rubens Barrichello / Honda 300,8
19. Mark Webber / Cosworth 300,2
20. David Coulthard / Ferrari 299,5
21. Sakon Yamamoto / Honda 297,7
22. Scott Speed / Cosworth V10 289,2

7. - S wie Spannung

Schafft Michael Schumacher den dritten Sieg in Serie? Wie viele Punkte kann er von seinem 17-Zähler-Rückstand abknabbern? Wird Fernando Alonso von Platz 7 zurückschlagen können? Können Massa, Räikkönen, Toyota & Co Schumacher im Titelkampf helfen und Alonso wichtige Zähler stibitzen?

All diese Fragen wollen in den 67 Runden des Deutschland GP beantwortet werden. Aber es gibt noch mehr Spannungsmomente: Kann Kimi Räikkönen den ersten Saisonsieg für McLaren Mercedes einfahren? Wie schlagen sich die anderen drei Deutschen bei ihrem Heimspiel? Wer setzt sich im Kampf um WM-Rang 4 durch?

Noch ist alles offen. Christian Danner tippt trotzdem auf den üblichen Ausgang: "Zwei Ferrari und Alonso werden auf dem Podium stehen", sagt er. Für den Spanier wäre das einen Tag nach seinem Geburtstag durchaus ein Geschenk; sollte es nur der dritte Platz werden, dürfte das auch für Michael Schumacher gelten.