"Eine Formel-1-Lehre dauert drei Jahre", gab einst Junior-Guru und Rookie-Experte Franz Tost als Devise aus. Oscar Piastri bewies mit der besten Rookie-Saison seit Lewis Hamilton 2007 das Gegenteil. In Katar gewann der Australier sein erstes (Sprint-)Rennen. Noch vor Lando Norris. Läuft Piastri ihm langsam den Rang ab?

Oscar Piastri: Reifenmanagement wichtiger als gute Ergebnisse

Lando Norris holte in Australien P3 und mit 14 Podien ohne Sieg einen Rekord, den eigentlich keiner haben will. Im Albert Park hatte sich der Brite nichts vorzuwerfen. In der Fahrerwertung liegt Oscar Piastri trotzdem einen Punkt vor ihm. Schlüssel zum Erfolg: Die gelöste Baustelle Reifenverschleiß.

McLaren-Fahrer Oscar Piastri
Oscar Piastri schrammte in Saudi-Arabien und Australien am Podium vorbei, Foto: LAT Images

"Ich habe noch lange nicht mein volles Potenzial erreicht", droht Oscar Piastri beinahe im Beyond the Grid Podcast. Vor allem zwei Dinge wollte er im Vergleich zur letzten Saison verbessern: Konstanz und Reifenmanagement. "Mein Hauptaugenmerk lag auf dem Reifenverschleiß, daran habe ich gearbeitet. Im Qualifying konnte ich letztes Jahr in der zweiten Saisonhälfte oft mithalten, im Rennen nicht."

2023 musste sich Oscar Piastri im McLaren-Teamduell noch deutlich geschlagen geben, 2024 soll das anders werden. "Ich will jeden besiegen - inklusive Lando", lautet die Kampfansage des 22-Jährigen, der seinen Vertrag vorzeitig bis 2026 verlängerte. "Aber ich fokussiere mich nicht auf Podien, Siege oder Punkte, das ist nicht sehr produktiv. Stattdessen versuche ich so gut es geht, meine Reifen zu managen."

Das McLaren-Duell Norris vs. Piastri in der Auswertung
2023 war Lando Norris noch der klar bessere McLaren-Pilot, Foto: LAT Images / Motorsport-Magazin.com

"Er ist sehr, sehr gut mit dieser schwierigen Situation umgegangen", bekam Piastri nach dem Australien-GP dafür ein Kompliment von Andrea Stella. Im Albert Park teilte sich Piastri seine Reifen gut ein, und konnte (unter vergleichbaren Bedingungen) mit Lando Norris mithalten. "Trotz der heiklen Situation mit Graining vorne und hinten."

McLaren-Teamboss: Oscar Piastri noch lange nicht am Limit

Den McLaren-Teamchef beeindruckte vor allem die enorme Verbesserung von Piastris Umgang mit den Reifen. "Wir haben einen langen Weg hinter uns", erinnert sich Stella an ein Jahr zuvor. "Das ist äußerst ermutigend, wenn man bedenkt, dass es erst der Beginn seiner zweiten Formel-1-Saison ist. Es steckt noch sehr viel Potenzial in ihm, seine Zukunft wird sehr rosig."

Vor allem durch weiteren Erfahrungsgewinn: Einerseits durch Piastris Lernprozesse aus dem Cockpit, andererseits durch Besprechungen mit den Ingenieuren. Vor allem geht es darum, wie man auf Situationen am besten reagiert. "Und wenn ich von reagieren spreche, meine ich, bevor ein Problem auftritt", erklärt der McLaren-Teamchef. "Damit es erst gar nicht dazu kommt."

Sieger Oscar Piastri und McLaren-Teamkollege Lando Norris im Parc Ferme
Lando Norris und Oscar Piastri verstehen sich abseits der Strecke gut, Foto: LAT Images

"Das macht er jetzt viel bewusster. Er weiß, welche Situationen zu welchen Problemen führen", so Stella. Beispiel im Albert Park: "Er spürt, dass er seine Vorderreifen zu stark beansprucht hat, was zu Graining führte." Im Gegensatz zu einem Rookie. Ein Rookie hat ein Problem, und muss erst verstehen, wie es überhaupt dazu gekommen ist.

"Er beginnt jetzt zu verstehen, wo das Limit ist - auch wenn das heißt, dass man einmal einen Kilometer pro Stunde langsamer fährt", lobt Andrea Stella Oscar Piastri, der alle verfügbaren Informationen wie ein Schwamm aufsauge. "Es ist eine Feinabstimmung. Eine Selbstkalibrierung durch Erfahrung."