Hey, ich will nicht absprechen, dass alle in der Formel 1 Geld gut gebrauchen können. Das ist ein unglaublich teurer Sport. Aber nach 24 Tagen des Jahres 2024 sei einem vergeben, wenn man glaubt, dass es in der Formel 1 inzwischen nur mehr ums Geld geht, und dass dieses nervige Sport-Ding am besten ignoriert werden sollte.

Ein kurzer Blick in die Zukunft: Wie die Autos von Visa Cash App RB in der Vorstadt von Madrid zwischen einem Messegelände, einer Autobahn und dem Trainingszentrum von Real Madrid von Kreisverkehr zu Kreisverkehr ein Sprintrennen fahren. Und, haben alle schon Spaß? Nein? Nun, dann hat die Formel 1 ein immer offensichtlicher werdendes fundamentales Problem.

Der Tiefpunkt sind das Stake (Kick?) F1 Team und das Visa Cash App RB Formula 1 Team. Über Titelsponsoren regt sich keiner auf, selbst Traditionalisten nicht. Wir können zurück bis 1968 zum Gold Leaf Lotus blättern, der das British Racing Green für das Rot-Gold einer Zigarettenmarke ablegte. Aber es war noch immer ein Lotus.

Das gilt auch für die dümmeren Namen der jüngeren Vergangenheit. Man konnte beim Aston Martin Aramco Cognizant F1 Team im Vorjahr ohne Probleme den Müll ignorieren und das Team Aston Martin nennen. So, jetzt die Frage an Red Bull und Sauber: Was wollt ihr von uns? Eure Teams haben keine Namen mehr. Ihre ganze Existenz ist nur mehr ein Sponsor. Besonders das Post-AlphaTauri-Objekt. Visa? Cash App? VCARB?

Sponsoren statt Namen: Formel-1-Teams werden völlig beliebig

Am Ende braucht jedes Sportteam eine Identität. Wird alles davon befristet an einen gut zahlenden Sponsor abgetreten, sind sie nicht nur identitätslos - sie sind seelenlos. Mobile Werbebanden. Ein Stake/Kick mit Guanyu Zhou am Steuer rangiert in Sachen Erinnerungswürdigkeit irgendwo im Bereich der 2018 in Hockenheim von Sebastian Vettel gerammten DHL-Bande.

Die berühmteste DHL-Bande der F1-Geschichte, Foto: Sutton
Die berühmteste DHL-Bande der F1-Geschichte, Foto: Sutton

Das Hinterfeld wird eine Ansammlung völliger Beliebigkeit. Dieses Jahr Visa, nächstes Jahr MasterCard, übernächstes Jahr American Express, Hauptsache das Geld stimmt. Irgendwelche Red-Bull-Junioren im Cockpit, die nach zwei, drei Jahren ausgetauscht werden. Zahlen in ein paar Bilanzen, oft nicht einmal zur Werbung.

Es geht vielleicht nur darum, sich zu legitimieren (Hallo, Stake/Kick! Ist das Drake in eurem Video?), oder man will eine Luxus-F1-Experience im Paddock bieten können (Hallo, Visa! Ja, dem Thema wurde auch einer der neun Absätze der abgesehen vom Präsentationsdatum und Namen inhaltlich fast völlig wertlosen Pressemitteilung gewidmet). Für viele Sponsoren ist die Chance, reiche und wichtige Großkunden und Partner bewirten zu können, ein nicht unwesentlicher Grund für diese Deals.

Was bekommt der kleine Fan? Sprechen wir nicht vom Hardcore-Fan, der sich 2023 durch alle Trainings, Qualifyings, Sprints und Grands Prix gequält hat, sondern vom Durchschnitt, der Samstag und Sonntag mal reinschaut. Den man sich mit Netflix und 2021 hart erarbeitet hat. Mutig, zu glauben, dass der weiter kommt, wenn vorne nichts passiert und hinten seine Kreditkarte gegen ein ihm unbekanntes Online-Casino um den letzten Punkt kämpft.

Abkassieren: Jetzt der einzige Zweck des Formel-1-Booms

Wie können wir das noch schlimmer machen? Indem wir Schritt für Schritt die permanenten Rennstrecken durch Stadtkurse ersetzen. Keine Frage - nirgends sieht F1 besser aus als in Spa. Suzuka. Silverstone. Stadtkurse zahlen aber gut und sind etwa bei Firmenkunden beliebt, weil man weder in einem verschlafenen Dorf absteigen muss, noch zwei Stunden auf dem Weg zu einem verschlammten Circuit de Spa-Francorchamps mitten im Ardennenwald im Stau steht.

Max Verstappen beim Sprint Race in Spa-Francorchamps
Spa steht seit Jahren auf der Abschussliste, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Auch in der Presseaussendung zu Madrid konnte man es gar nicht erwarten, schon im zweiten Absatz standen "Premium Paddock Building" und "VIP Hospitality". Nur sportlich gibt es kein gutes Argument dafür, eine "F1-Rennstrecke" zwischen ein Messegelände und eine Autobahn zu quetschen. Eine Strecke fast ohne Geraden, quer über Kreisverkehre, weil der Platz nichts anderes zulässt.

In Wahrheit hat man vielleicht im Fahrerlager erkannt, dass der Boom der letzten Jahre nicht ewig hält. Und einige haben beschlossen, dass folglich jetzt abkassiert werden muss. Wie mein Kollege Christian Menath heute anmerkte: Das könnte ein sehr gutes Argument auf die Frage sein, warum das F1-Management gerade links und rechts Zehnjahresverträge mit Strecken abschließt. Einsacken, was geht, und sich gegen einen Abschwung wappnen.

So schafft sich die Formel 1 ihre Boom-Blase, und das unvermeidliche Platzen dieser, aber selbst. Weil sie das Produkt so lange auswringt, bis es sportlich nicht mehr auszuhalten ist. Bis es sich nur mehr aus einem Haufen Marketing-Objekten zusammensetzt, die auf so vielen Stadtstrecken wie möglich Reverse-Grid-Sprints betreiben. Dann sind selbst die Hardcore-Fans weg - niemand braucht schließlich einen Grand Prix, um zu überleben. Dann ist die Blase geplatzt. Und die gierige F1 ist selbst schuld.