Zwei Wochen nach dem Italien GP, dem schnellsten Rennen im Formel-1-Kalender, reist die Königklasse des Motorsports an das andere Ende der Welt in das über 10.000 km entfernte Singapur. Für die Fahrer und Teams bedeutet das Rennen auf dem Marina Bay Street Circuit eine radikale Umstellung im Vergleich zum vergangenen Grand Prix. Waren in Monza noch maximale Höchstgeschwindigkeit und minimaler Abtrieb gefragt, erfordert der enge Stadtkurs in Marina Bay das genaue Gegenteil. Traditionell sind Überholmanöver in Singapur zwar eher Mangelware, allerdings könnten Umbaumaßnahmen, bedingt durch Sanierungsarbeiten an der Strecke, dabei helfen. Aus den Kurven 16 bis 19 wird in dieser Saison eine lange Gerade, die zumindest in der Theorie mehr Überholmöglichkeiten bieten sollte.

Dennoch ist das Qualifying für ein gutes Ergebnis beim Singapur GP weiterhin von elementarer Bedeutung. Davon könnten vor allem die Teams profitieren, die in der aktuellen Saison bei der Zeitenjagd ihre Stärken hatten. Doch welche Fahrer und Teams sind in dieser Saison die schnellsten auf eine Runde? Und wie schlagen sie sich im Vergleich zum Rennen?

Um das vergleichen zu können, hat sich Motorsport-Magazin.com alle Qualifying- und Sprint-Shootout-Ergebnisse aus dieser Saison angeschaut, und nach dem gleichen System wie im Rennen Punkte verteilt. Herausgekommen sind zwei Tabellen, eine für die Fahrer-, eine für die Konstrukteurswertung, die teilweise große Unterschiede zwischen Qualifying- und Rennperformance aufzeigen.

Die Qualifikations-WM der Formel 1: Fahrer

PlatzierungFahrerPunkte
1.Verstappen312
2.Leclerc175
3.Sainz174
4.Perez133
5.Hamilton128
6.Alonso126
7.Norris109
8.Russell104
9.Piastri58
10.Stroll40
11.Ocon38
12.Gasly37
13.Hülkenberg34
14.Albon32
15.Magnussen12
16.Zhou10
17.Bottas7
18.Tsunoda6
19.Sargeant1
20.RIC/DEV/LAW0

Auch im Qualifying: Max Verstappen eine Klasse für sich

Ein Eindruck, der sich auch beim Qualifying-Vergleich bestätigt: Max Verstappen fährt diese Saison in einer eigenen Liga. In der Konstrukteurs-WM liegt der zweimalige Weltmeister bereits 145 Punkte vor seinem ersten Verfolger Sergio Perez. Obwohl Red Bull kein Geheimnis daraus macht, sich bei der Entwicklung des RB19 deutlich mehr auf die Geschwindigkeit im Rennen zu fokussieren, ist der Abstand von Verstappen auf Platz 2 in der Motorsport-Magazin.com-'Qualifying-WM' nur minimal auf 137 Punkte geschrumpft. Sein erster Verfolger ist hier allerdings nicht sein Teamkollege.

Ferrari-Fahrer Charles Leclerc im Parc Ferme
Im Qualifying holt Leclerc in dieser Saison das Maximum heraus, Foto: LAT Images

Denn dort belegt Charles Leclerc den zweiten Platz. Der Monegasse war zwar seit seinem Formel-1-Debüt als guter Qualifikant bekannt, dennoch überrascht diese starke Platzierung, vor allem wegen der oftmals unterdurchschnittlichen Performance seines SF-23. Dicht dahinter folgt sein Ferrari-Teamkollege Carlos Sainz, der dem italienischen Traditionsteam den zweiten Platz in der 'Qualifying-WM' sichert. Vor allem zu Beginn der Saison hatte die Scuderia mit schnell abbauenden Reifen zu kämpfen, weshalb Ferrari in dieser Saison oftmals nach einem guten Qualifying-Ergebnis eher nach hinten als nach vorne schauen musste. Das Resultat ist eine Punktedifferenz von 121 Punkten zwischen der Qualifying- und Konstrukteurswertung.

Sergio Perez enttäuscht - Aston Martin rutscht ab

Dass Sergio Perez in dieser Saison vor allem im Qualifying zu kämpfen hat, wird von der Qualifying-Gesamtwertung bestätigt. Der Mexikaner liegt aktuell hinter den beiden Ferraris abgeschlagen auf dem vierten Platz. Unfälle wie im Q1 in Monaco, sowie zahlreiche frühzeitige Eliminierungen vor dem letzten Qualifikationsabschnitt, sorgten für einige Nullnummern beim Red-Bull-Fahrer. Dass sich Perez im Rennen häufig wieder nach vorne kämpft, hilft ihm in dieser Wertung nicht.

Auch Fernando Alonso, derzeit Dritter in der Konstrukteurs-WM, rutscht im Qualifikationsvergleich einige Plätze nach hinten. Seinen 170 Punkten in der Konstrukteurs-WM stehen die 126 Punkte in der 'Qualifying-WM' gegenüber. Überraschend kommt dieses Ergebnis allerdings nicht, schließlich brillierte der AMR23 vor allem am Anfang der Saison durch seine exzellente Geschwindigkeit im Rennen.

Die Qualifikations-WM der Formel 1: Konstrukteure

PlatzierungTeamPunkte
1.Red Bull445
2.Ferrari349
3.Mercedes232
4.McLaren167
5.Aston Martin166
6.Alpine75
7.Haas46
8.Williams33
9.Alfa Romeo17
10.AlphaTauri6

McLaren beeindruckt im Qualifying - Haas-Diskrepanz erschreckend

Sowohl im Qualifying als auch in den Rennen konnte McLaren seit Silverstone einiges an Boden gut machen. Vor allem am Samstag der Rennwochenenden war das britische Traditionsteam häufig in den ersten beiden Startreihen vertreten. Im Rennen scheint der MCL60 dafür leicht an Performance zu verlieren, denn sowohl Lando Norris als auch Oscar Piastri schneiden im Qualifying-Vergleich leicht besser ab. McLaren hätte Aston Martin in der Qualifying-Wertung sogar bereits überholt, trotz des horrenden Saisonstarts des 'Papaya-Teams'.

McLaren-Fahrer Lando Norris
McLaren macht weiterhin große Sprünge in der Gesamtwertung, Foto: LAT Images

Ein Team, das in dieser Saison wie kaum ein anderes für die Diskrepanz zwischen Qualifying und Rennen steht, ist Haas. Vor allem Nico Hülkenberg konnte in dieser Saison schon mehrmals bei der Zeitenjagd auf sich aufmerksam machen. Im Rennen allerdings erlebte Haas die gleichen Probleme wie Motorenlieferant Ferrari, jedoch in noch viel größeren Dimensionen. Magnussen und Hülkenberg müssen sich im Rennen oft komplett wehrlos der Konkurrenz geschlagen geben. Mit den Qualifying-Ergebnissen allein hätte Haas in dieser Saison 46 Punkte gesammelt - 35 Punkte mehr, als das amerikanische Team derzeit auf dem Konto hat.

Ist Nico Hülkenberg ein Formel-1-Kandidat für Audi? (10:44 Min.)