Die Formel-1-Fans waren jahrelang mit dem Sound von V12, V10, V8 oder den alten Turbo-Motoren aus den 1980ern verwöhnt, doch seit dem Beginn der Turbo-Hybrid-Ära 2014 wurde es leiser an den Rennstrecken. Ab 2026 wollen die Formel 1 und ihre Hersteller die Elektrifizierung sogar noch weiter vorantreiben. Bleibt da der von den Fans geliebte Sound der Boliden noch mehr auf der Strecke? Die Teamchefs der Königsklasse treibt der Zwiespalt zwischen Marktorientierung und Unterhaltungswert um.

Autoindustrie bestimmt Technologie-Entwicklung der Formel 1

"Ich persönlich hätte gerne den V12-Matra-Sound aus den 70er Jahren zurück, wenn Sie sich noch daran erinnern können. Das war fantastisch. Aber leider steht das nicht zur Debatte, weil die Automobilindustrie in eine andere Richtung geht. Sie müssen in diese andere Richtung gehen, weil sie ihre Autos verkaufen müssen", bringt AlphaTauri-Teamchef Franz Tost das Dilemma auf den Punkt.

Franz Tost erinnert sich mit Freuden an den Matra-Motor früherer Zeiten, Foto: Sutton
Franz Tost erinnert sich mit Freuden an den Matra-Motor früherer Zeiten, Foto: Sutton

Die Teamchefs sind sich einig, dass die Königsklasse den Anforderungen der Automobilbranche entgegenkommen muss. "Die Formel 1 ist der wichtigste Prüfstand für die Automobilhersteller, um neue Technologien zu entwickeln. Wir dürfen nicht vergessen, in welche Richtung sich der Automobilsektor derzeit entwickelt, insbesondere bei Motoren, Hybridmotoren und Elektromotoren. Die Formel 1 muss relevant sein und Teil dieses Technologieprozesses und der Entwicklung sein" betont Alfa-Romeo-Teamrepräsentant Allessandro Alunni Bravi.

Red Bull-Teamchef Christian Horner stimmte zu: "Als Fan wäre mir nichts lieber, als einen V10- oder V12-Motor zu sehen. Aber wir haben viele Hersteller in der Formel 1, für die die Elektrifizierung ihrer Produktpalette wichtig ist." Und selbst ein Oldschool-Racer wie Günther Steiner von Haas ist auf diesem Kurs: "Wir können noch so nostalgisch sein, was V10 und V12 angeht, aber die Welt hat sich weiterentwickelt und die Formel 1 auch. Wir müssen mit der Technologie auf dem Laufenden bleiben."

Der Sound der V-Motoren hängt vielen F1-Fans noch im Gehör, Foto: Sutton
Der Sound der V-Motoren hängt vielen F1-Fans noch im Gehör, Foto: Sutton

Und dennoch ergibt sich auch daraus ein Problem. Die Formel 1 hat für die Hersteller nur dann Werbewert, wenn sie großes Interesse weckt. Horner betont auch diesen Aspekt: "Die Formel 1 möchte diese Hersteller wegen ihrer Attraktivität, ihrer Reichweite und des weltweit wachsenden Publikums, insbesondere in neuen Märkten und Schlüsselmärkten, einbinden. Es geht also darum, ein Gleichgewicht zwischen Unterhaltung - Sport muss unterhaltsam sein - und Technologie zu finden, ohne dass das eine das andere überlagert." Dabei schiebt er noch einen Seitenhieb gegen die Formel E hinterher: "Wenn die Formel 1 nicht attraktiv wäre, wären die Hersteller, die kürzlich in die Formel 1 eingestiegen oder zurückgekehrt sind, wie Ford oder Audi, niemals eingestiegen. Sie hatten eine elektrische Formel, in der sie alle hätten antreten können."

E-Fuels machen Hoffnung für Verbrenner-Comeback

Viele fürchten aber auch in der F1 ein neues Ungleichgewicht. Bereits 2014 erlebte die Weltmeisterschaft einen Rückschritt in der Fan-Gunst, als die Motorenhersteller auf die Einführung der Hybride und Ablösung der V8-Motoren bestanden. Doch könnte es diesmal einen Ausweg geben, wie Steiner hofft: "Vielleicht können wir den Verbrennungsmotor mit nachhaltigen Kraftstoffen am Leben erhalten, mit null Emissionen."

Die Entwicklung von E-Fuels wird in der Formel 1 ohnehin vorangetrieben. Ab 2026 muss der Sprit der Hybridmotoren CO2-neutral sein. Doch wenn er ohnehin klimaneutral ist, warum dann nicht gleich wieder einen Motor der alten Schule? Horner äußert leichte Hoffnungen: "Mit den Fortschritten, die wir bei den nachhaltigen Kraftstoffen sehen, sieht es so aus, als hätte der Verbrennungsmotor ein neues Leben und eine neue Relevanz bekommen. Vielleicht ist das etwas, das die Formel 1 auch längerfristig in Betracht ziehen sollte." Steiner wollte nicht zu euphorisch werden: "Vielleicht erlebt der Verbrennungsmotor ein Comeback, ein bisschen anders und nicht als V10 oder V12, wie wir es uns vielleicht wünschen. Aber er ist immer noch da."

Ab 2014 wurde die Formel 1 leiser, Foto: Sutton
Ab 2014 wurde die Formel 1 leiser, Foto: Sutton

Formel-1-Motoren könnten 2026 sogar etwas lauter sein

Im Gegensatz zur langfristigen Zukunft der Formel 1 scheint das Problem der zunehmenden Elektrifizierung zumindest beim neuen Aggregat für 2026 in Sachen Motorensound noch kein akutes zu werden. Hywel Thomas, Geschäftsführer der Mercedes-Motorenabteilung, zeigte sich im Bezug auf das neue Reglement sogar vorsichtig optimistisch: "Wir entfernen die MGU-H und haben immer noch den Turbo, aber er wird nicht so viel Energie herausnehmen, wie im Moment. Wir wissen also, dass der Verbrennungsmotor weniger effizient sein wird. Nach den reinen Regeln der Physik bedeutet das, dass es lauter werden wird. Wir haben dazu noch keine Messwerte, aber es wird mehr Lärm geben."