Daniel Ricciardo gab noch vor der Sommerpause sein Comeback im AlphaTauri. Seine Absicht, Sergio Perez aus dem Red-Bull-Sitz zu verdrängen, ist dabei kein Geheimnis. Doch Dr. Helmut Marko will bei einer möglichen Vertragsverlängerung für das Jahr 2024 den gesamten Fokus des Australiers auf dem Team aus Faenza sehen. Außerdem hat der Red-Bull-Motorsportchef bereits Alternativen in der Hinterhand. Unzufrieden ist Marko mit Ricciardos bisheriger Leistung aber nicht.

Marko: Ricciardos Engagement muss 2024 bei AlphaTauri sein

In Ungarn 2023 kehrte Ricciardo in die Formel 1 zurück, Foto: LAT Images
In Ungarn 2023 kehrte Ricciardo in die Formel 1 zurück, Foto: LAT Images

Nachdem McLaren zum Saisonende 2022 Ricciardo auf dem Abstellgleis stehen gelassen hatte, legte der Australier - trotz eines Angebots von Haas - ein Sabbatical ein. Grund dafür war, dass der achtmalige Rennsieger nicht bei einem Hinterbänkler-Team einsteigen wollte. Genau das tat Ricciardo aber knapp acht Monate später, und zwar bei AlphaTauri, ausgerechnet bei dem Team, das aktuell den letzten WM-Platz belegt.

Der Rauschmiss von Nyck de Vries kam zwar überraschend schnell, der Einstieg vom Australier dagegen weniger. Bekanntermaßen ist der Rennstall aus Faenza das Sprungbrett zu Red Bull. Diesen Weg nahm Ricciardo schon einmal im Jahr 2014, als er nach zwei Saisons von Toro Rosso [heute: AlphaTauri] zu Red Bull wechselte. Seine Absicht kommuniziert er nun klar: Er möchte erneut an der Seite von Max Verstappen fahren.

Dafür muss Ricciardo aber erst einmal im Schwesterteam abliefern. Und laut Dr. Helmut Marko sollte sein Fokus - im Falle einer Vertragsverlängerung - rein auf AlphaTauri liegen. "Natürlich muss man von Daniel Ricciardo mal wissen, was seine... Seine Ziele wissen wir, aber wie man sie erreicht, ob er bereit ist, mit vollem Engagement ein volles Jahr im nächsten Jahr bei AlphaTauri zu absolvieren", so der Red Bull Motorsportchef gegenüber Motorsport-Magazin.com. Aber das ist nicht die einzige Hürde, die er nach seinem Comeback bezwingen muss.

Wie gut ist Daniel Ricciardo wirklich? In unserem Talk-Video nehmen Christian und Moritz die 20 Piloten zur Halbzeit-Analyse noch einmal genau unter die Lupe, darunter auch die beiden AlphaTauri-Piloten:

Formel 1 2023: Die große Halbzeitbilanz - Wer hat versagt? (01:13:13)

Der Kampf um den Red-Bull-Sitz

Sergio Perez' Vertrag läuft mit dem Saisonende 2024 aus und sein Sitz ist seit der Dominanz der Bullen begehrter, denn je. Sollte sein Sitz wirklich wackeln, hat der österreichisch-britische Rennstall neben Ricciardo durchaus weitere Optionen. "Yuki Tsunoda ist an und für sich stetig besser geworden, hat seine Emotionen zum Großteil im Griff, ist jetzt auch konditionell in der Lage, einen GP durchzufahren", sagte Marko. Mit dem schwachen AT04 fuhr Tsunoda 2023 dreimal in die Punkteränge. Damit ist er bisher der einzige AlphaTauri-Pilot, der in dieser Saison WM-Punkte erzielen konnte.

"Da ist natürlich auch noch Honda mit im Spiel", merkt der Red-Bull-Motorsportchef an. Der japanische Automobilhersteller - der sich 2021 aus der Königsklasse zurückgezogen hatte - unterstützt die Bullen noch beim eigenen Motorenprogramm 'Red Bull Powertrains', dem Motor, der auch im AlphaTauri steckt. Die Vergangenheit zwischen Tsunoda und Honda ist keinesfalls ein Geheimnis. Der 23-Jährige wurde auf seinem Weg in die Königsklasse durch das 'Honda Formula Dream Project' unterstützt.

Mithilfe des Programms wollte der Automobilhersteller nach langer Zeit wieder einen japanischen Fahrer - zuletzt Kamui Kobayashi im Jahr 2014 - in die Formel 1 bringen. Da Honda Red Bull sowie AlphaTauri noch bis zum Saisonende 2025 in Sachen Motor unterstützt, könnte das auch einen Einfluss auf die Zukunft des 23-Jährigen haben. Ab 2026 wird dann aber Ford als Motorenpartner einsteigen. "Es sind verschiedene Faktoren, die wir beobachten", so Marko.

Sollte Ricciardo in den Red-Bull-Sitz befördert werden oder letztendlich gar nicht abliefern, steht bereits ein weiterer AlphaTauri-Kandidat in den Startlöchern. "Wir haben Alternativen, zum Beispiel [Liam] Lawson, der Zweiter in Japan ist und da sehr erfolgreich ist und in seiner ganzen Entwicklung einen großen Sprung nach vorne gemacht hat, seit er in Japan fährt", verrät Dr. Marko.

Der Neuseeländer fährt derzeit in der Super Formula und befindet sich im Titelkampf. Der Weg über die japanische Rennserie ist bei Red Bull keinesfalls ungewöhnlich. Einen ähnlichen Weg nahm bereits Pierre Gasly im Jahr 2017. Die Bullen parkten den Franzosen zwischenzeitlich in der Super Formula, bevor er sein Debüt im Toro Rosso [heute: AlphaTauri] gab.

Hat Lando Norris eine Chance auf das Red-Bull-Cockpit neben Max Verstappen? Darüber spricht Christian mit Red Bull Motorsportchef Dr. Helmut Marko. Das Interview in unserem Video:

Dr. Marko Interview: Verstappen Rücktritt? Norris zu Red Bull? (34:30 Min.)

Positive Stimmung nach AlphaTauri-Fahrerrochade

Bisher absolvierte Ricciardo nur zwei Rennen, doch Ungarn und Belgien reichten seitens des Australiers aus, um die Stimmung im Team wieder anzuheben. "Der Wechsel hat sich sehr positiv, also Stimmungs- und Motivationstechnisch im AlphaTauri-Team ausgewirkt", so Dr. Helmut Marko.

Fahrerisch konnte Ricciardo das Team aus Faenza jedenfalls überzeugen. "Während der Rückstand von de Vries im Schnitt bei drei bis fünf Zehntel war, ist Ricciardo, wenn man das alles bereinigt, deutlich geringer, wenn nicht sogar gleichauf mit Tsunoda", sagte Marko. In Ungarn besiegte der 34-Jährige seinen Teamkollegen sowohl im Qualifying als auch im Rennen.

Daniel Ricciardo im Regen von Spa-Francorchamps
Ricciardo überzeugte auch in nassen Bedingungen Bedingungen, Foto: LAT Images

Doch in Belgien hielt Tsunoda Ricciardo im Rennen wieder in Schach. Eine gestrichene schnelle Runde beförderte Ricciardo im Qualifying ans Ende des Felds. Im Sprint Shootout und im Sprint konnte er dagegen an seine Performance aus Ungarn anknüpfen. "Wir haben noch 9 Rennen, in diesen 9 Rennen werden wir beobachten, wie sich das weiterentwickelt. Tsunoda hat ein sehr gutes Rennen abgeliefert in Spa, vielleicht im Mittelsektor als es leicht geregnet hat, war er bisschen zu vorsichtig, vielleicht wäre dann sogar noch eine bessere Platzierung möglich gewesen. Daniel war im Sprint nicht weit von Punkten entfernt. Diese Richtung passt", so der Red Bull Motorsportchef.