Teams wie Ferrari, Mercedes und McLaren haben angesichts ihrer sportlichen Schwierigkeiten in der bisherigen Saison 2023 bereits angekündigt, an großen Updates für ihre Autos zu arbeiten. Da kommt doch die vierwöchige Pause zwischen Melbourne und Baku gerade recht, um genau daran zu arbeiten? Ex-Formel-1-Pilot und Aston-Martin-Botschafter Pedro de la Rosa sowie Ex-Techniker Rob Smedley, bekannt als Renningenieur von Felipe Massa, zweifeln an diesem Gedankenspiel.

Im offiziellen Formel-1-Podcast 'F1 Nation' dämpfte de la Rosa die Erwartungen an ein kommendes Update-Feuerwerk: "Ich glaube nicht, dass ein Monat ohne Rennen den Zugang der Teams irgendwie ändert. Die arbeiten immer mit Vollgas im Windkanal, um die meisten Punkte Abtrieb herauszuholen." Smedley stimmte dem Spanier zu: "Die Weiterentwicklung des Autos ändert sich nicht, weil es eine einmonatige Pause gibt. Die Jungs haben ein Programm und das ist durch die Laufzeiten des Windkanals bestimmt. Ob da ein Rennteam um die Welt reist oder nicht, ändert daran kaum etwas."

De la Rosa: Schockierend wie stark Budgetcap Formel-1-Produktion einschränkt

Die Fans sollten sich also nicht auf ein Update-Feuerwerk einstellen. Der Faktor Zeit ist in der Formel 1 nicht mehr das limitierende Element, wie de la Rosa beobachtet hat: "Was das Entwicklungsrennen viel mehr bestimmt als diese Pause ist der Budgetdeckel. Es ist fakt, dass die Teams nicht damit beginnen neue Teile zu bauen, die im Windkanal bereits schneller sind, bis eine gewisse Menge an Abtriebspunkten herausgeholt wurde. Erst dann entscheidest du dich zur Produktion." Der 52-Jährige berichtet von seinen Endrücken bei Aston Martin: "Es hat mich wirklich schockiert zu sehen, wie sehr die Budgetobergrenze in der modernen Formel 1 die Entwicklungsrate neuer Teile beeinflusst. Wie vorsichtig die Teams dabei sind, neue Teile zu produzieren, die sie Geld kosten würden, wenn sie nicht komplett sicher sind, dass es sich um eine Verbesserung handeln wird."

Obwohl die Budgetobergrenze von einem Großteil der Beobachter als positiv für die Königsklasse eingeschätzt wird, sieht der Wegbegleiter von Fernando Alonso in diesem Punkt einen Nachteil: "Das frustrierende in der heutigen Formel 1 ist, dass alle Teams Automodelle in ihren Windkanälen haben, die schneller oder gar sehr viel schneller als ihre aktuellen Wägen sind. Manche halten sich aber mit der Produktion zurück, um noch mehr Abtriebspunkte aus dem Windkanal mitzunehmen, bevor sie das Teil produzieren. Wir müssen also abwarten, wer diese neuen Teile schon für Baku baut und wer noch länger wartet."

Pedro de la Rosa kam mit Fernando Alonso zu Aston Martin, Foto: LAT Images
Pedro de la Rosa kam mit Fernando Alonso zu Aston Martin, Foto: LAT Images

Dauerproduktion in der Formel 1 war einmal: Sparkurs nimmt extreme Formen an

Auch hier pflichtete Smedley seinem Ex-Ferrari-Kollegen bei: "Was die Entwicklung angeht, so stimme ich Pedro zu. Alle haben sie schnelle Autos im Windkanal, aber wegen des Budgetdeckels halten sie sie zurück. Du kannst nicht zu jedem Rennen 1, 2 oder nur einen halben Punkt [Abtrieb, Anm. d. Red.] bringen, wie es die Top-Teams früher getan haben. Das ist jetzt eine sehr andere Formel 1." Vor ein paar Jahren operierten vor allem die drei Top-Teams von Red Bull, Ferrari und Mercedes noch mit wesentlich mehr Personal und einem heute fast schon utopisch wirkenden Budget, das die stetige Produktion neuer Teile zuließ.

Unfälle wie dieser von Alex Albon im Williams gehen auf das Budget, Foto: LAT Images
Unfälle wie dieser von Alex Albon im Williams gehen auf das Budget, Foto: LAT Images

Heutzutage sehen sich die Teams mit dem anderen Extrem konfrontiert. De la Rosa nennt ein Beispiel: "Ein Unterboden ist ein sehr teures Teil, das geht groß in den Kostendeckel ein. Du kannst nicht so viele davon bauen. Die Teams denken darüber wirklich nach: Wie viele brauchen wir davon? Sind fünf wirklich nötig oder kommen wir mit Zwei plus Eins [als Ersatz, Anm. d. Red.] durch? Es ist echt unglaublich, da werden von allen Teams richtig große Risiken eingegangen." Der 105-fache Grand-Prix-Starter gab einen Einblick in die Gedankenwelt der Ingenieure: "Wenn es einen Unfall gibt, dann stellen sich die Teams sofort zwei Fragen: 1. Haben wir überhaupt noch genug Teile, um wieder zu fahren? 2. Wie sehr wird das das Budget beeinflussen?"

F1-Pause nutzlos für Red-Bull-Verfolger? Smedley macht Fans mit anderem Aspekt Hoffnung

Also hilft den Jägern von Red Bull und Sorgenkindern wie McLaren die Pause gar nichts? Rob Smedley macht den Fans dieser Mannschaften etwas Hoffnung: "Wo es den Teams, die aufholen müssen, schon helfen kann, ist die reduzierte Ablenkung. Die Rennen produzieren immer ein Element der Ablenkung. Wenn du zurückliegst - und diese Situation kenne ich - und es kommen so viele Rennen auf dich zu, während du überall Probleme hast, etwa mit der Zuverlässigkeit oder du verstehst nicht, wie das Auto zu optimieren ist, dann kannst du dich nie auf das Gesamte stürzen. Du bist immer gefangen in der Vorbereitung auf das nächste Rennen und dort kommen dann vielleicht neue Probleme. Und dann ist das nächste Rennen auch schon wieder in einer oder zwei Wochen."

Rob Smedley war für viele Jahre Renningenieur von Felipe Massa, Foto: Sutton
Rob Smedley war für viele Jahre Renningenieur von Felipe Massa, Foto: Sutton

Gerade für sein Ex-Team sieht der Brite daher durchaus Möglichkeiten durch die Pause: "Ich denke für die operativen Leute [an der Strecke, Anm. d. Red.] und in Sachen Zuverlässigkeit, wie wir es beim Saisonstart bei Ferrari gesehen haben, ist das schon die Chance einer Verschnaufpause, um diese Probleme zu lösen. Sie können also nach Aserbaidschan mit einem besser optimierten und zuverlässigerem Paket kommen." Auch zu einer solchen Entwicklung würden die Tifosi angesichts des Ferrari-Katastrophenstarts 2023 sicher nicht nein sagen.