Nicht viele hatten vor den Winter-Testfahrten der Formel 1 Aston Martin auf dem Zettel. Doch das Team von Lawrence Stroll belehrte die Königsklasse eines Besseren und zählt bislang zum Kreis der Topmannschaften. Fernando Alonso bewies mit drei Podien in Bahrain, Saudi-Arabien und Australien, dass der AMR23 die zweite Kraft hinter dem Red Bull ist.

Doch stellt sich im Laufe der Saison die gewohnte Ordnung wieder her? Ein Faktor spricht dagegen: Nämlich die Windkanal-Zeit. Seit 2021 wird die Zeit, die Teams im Windkanal verbringen dürfen, durch ein gestaffeltes Handicap-System geregelt. Die aerodynamische Testzeit wird durch die ATRs (Aerodynamic Testing Restrictions) eingeschränkt.

Handicap-System in der Formel 1: Aston Martin profitiert

Bei diesen werden die jeweils erfolgreichen Teams mit einem Handicap belegt, während die langsameren Mannschaften mehr Testzeit erhalten. Der ausschlaggebende Faktor für das erste Halbjahr ist der WM-Endstand aus der Vorsaison. Aston Martin klassifizierte sich in der Formel-1-WM 2022 nur auf der siebten Position. Bis Ende Juni haben sie also einen klaren Vorteil gegenüber Red Bull und Co.

Red-Bull-Teamchef Christian Horner will sich davon nicht einschüchtern lassen. "Bis zu dem Punkt in der Mitte der Saison, an welchem die Windkanal-Zeit zurückgesetzt wird, hat Aston viel mehr Entwicklungszeit zur Verfügung. Aber es kommt darauf an, wie man diese einsetzt", sagte Horner im Rahmen des Australien-GPs.

Zu den sowieso wegen des WM-Titels stark begrenzten Aero-Ressourcen kommt bei Red Bull noch die Strafe aufgrund des Verstoßes gegen die Budgetgrenze der Formel in der Saison 2021 dazu. Laut Reglement kommen die Bullen auf einen Koeffizienten von 70 Prozentpunkten, durch die Strafe vermindert sich dieses Kontingent auf 63 Prozent des veranschlagten Wertes.

Aston Martin: So viel Windkanal-Zeit hat das Alonso-Team

Aston Martin auf der anderen Seite stehen als Siebter der Konstrukteurs-WM die gesamten 100 Prozentpunkte zu. In ganzen Zahlen gerechnet sind das 320 Runs pro Testperiode. Bei drei Testperioden im ersten Halbjahr ergibt das 960 Runs. Red Bull hingegen kann nur 606 Runs abspulen. Im selben Verhältnis werden auch die Windeinschaltzeit, die Belegzeit im Windkanal und die Anzahl an CFD-Simulationen berechnet.

Aston-Martin-Teamchef Mike Krack sieht sein Team trotz dieser Zusatzstunden im Windkanal im Nachteil. "Es stimmt, dass wir mehr Entwicklungszeit haben, aber wir dürfen nicht vergessen, dass wir eine große Lücke aufzuholen haben und wir müssen auch davon ausgehen, dass sie in der Zwischenzeit nicht stillstehen werden, denn sie haben immer noch einiges an Zeit", so der Luxemburger.

"Ich denke es wird schwierig werden (Red Bull einzuholen). Wir werden alles versuchen, um unser Auto zu verbessern", so Krack weiter. In erster Linie sei es aber nicht das Ziel, die Lücke nach vorne zu schließen, sondern einfach insgesamt Verbesserungen zu erzielen und "die Reise fortzusetzen", betonte der ehemalige BMW-Mann.

In der zweiten Saisonhälfte wird der Vorteil, den Aston Martin genießt, dezimiert werden. Denn ab der vierten Testperiode, die am 26. Juni startet, bestimmt die Platzierung in der Konstrukteurs-WM nach dem Kanada-GP den Koeffizienten. Im Moment liegt Aston Martin neun Punkte vor Mercedes auf der zweiten Position. Damit stünden ihnen nur noch 75 Prozent Testzeit zur Verfügung.

Formel 1 WM-Stand 2023: Die Konstrukteurs-WM

  • 1. Red Bull (123 Punkte)
  • 2. Aston Martin (65 Punkte)
  • 3. Mercedes (56 Punkte)
  • 4. Ferrari (26 Punkte)
  • 5. McLaren (12 Punkte)
  • 6. Alpine (8 Punkte)
  • 7. Haas (7 Punkt)
  • 8. Alfa Romeo (6 Punkte)
  • 9. AlphaTauri (1 Punkt)
  • 10. Williams (1 Punkt)