Realistische Chancen auf die Formel-1-Weltmeisterschaft 2022 darf sich Charles Leclerc schon länger nicht mehr machen, seit Spa kann er den Titel nicht einmal mehr aus eigener Kraft gewinnen - und das schon acht Rennen vor Saisonende. Max Verstappen hat nach seinem neunten Saisonsieg 98 Punkte Vorsprung auf Leclerc, der inzwischen nur mehr auf Rang drei hinter Sergio Perez liegt.

Nach dem Desaster vor einigen Wochen beim Frankreich GP hatte Ferrari-Teamchef Mattia Binotto noch Siege am Fließband angekündigt, um die WM noch einmal zu drehen. Inzwischen ist auch bei der Scuderia Ernüchterung eingekehrt.

Gegen Max Verstappen konnte sich Carlos Sainz in Spa nicht wehren, Foto: LAT Images
Gegen Max Verstappen konnte sich Carlos Sainz in Spa nicht wehren, Foto: LAT Images

Obwohl Carlos Sainz in Spa von Pole Position startete, überquerte er die Ziellinie fast eine halbe Minute hinter Verstappen, der von Rang 13 aus ins Rennen gegangen war. "Ich glaube nicht, dass das ein großer Ausreißer von uns war, ich glaube, das ist eine Reflektion des aktuellen Kräfteverhältnisses", sagte Binotto nach dem Rennen zu Motorsport-Magazin.com.

"Red Bull hat derzeit das bessere Auto, das war auch schon in Ungarn der Fall. Nur der Abstand wurde wurde durch Spa vergrößert", so der Teamchef. "Red Bull hat ein effizientes Auto, bei Aerodynamik und Power Unit, und das braucht man hier in Spa." Egal welche Bedingungen, ob kalt oder warm, Ferrari war immer deutlich langsamer als Red Bull. Aber nicht nur das: "Auch beim Reifenverschleiß waren sie besser, da hatten wir große Probleme."

Technische Direktive nicht Schuld am Ferrari-Debakel

Die neue Technische Direktive gegen das Porpoising soll jedenfalls keinen Einfluss auf die Performance auf der Ardennenachterbahn gehabt haben. "Das ist definitiv nicht der Fall", so Binotto. Ferrari musste eigenen Angaben zufolge keine Änderungen am F1-75 vornehmen, die auf TD-039 zurückzuführen sind.

Das Grundproblem könnte aber damit zusammenhängen. In Spa mussten alle Teams - unabhängig von der Technischen Direktive - mit mehr Bodenfreiheit fahren. Auf dem 7,004 Kilometer langen Kurs geht es wie nirgends sonst im Formel-1-Kalender hoch und runter. Damit die Autos vor allem in Eau Rouge nicht so stark aufsetzen, wird die Bodenfreiheit angehoben. Red Bulls RB18 scheint damit am besten zurecht gekommen zu sein.

Auch wenn der Rückstand in Spa besorgniserregend groß war und die Situation in der WM aussichtlos scheint - Ferrari hat 2022 noch nicht aufgegeben. In den letzten acht Rennen sind durchaus weiter Updates zu erwarten, so Binotto: "Ich glaube, die nächstjährigen Autos werden nicht so anders aussehen, weil das Regelkorsett recht eng ist. Deshalb macht es Sinn, weiterzuentwickeln. Wenn man zum Beispiel den Reifenverschleiß verbessert, dann ist der auch im nächsten Jahr besser."

Außerdem rechnet der Teamchef noch mit Erfolgen in der Saison 2022: "Auch wenn der Rückstand hier signifikant war, glaube ich aufgrund der Streckencharakteristika nicht, dass es bei den nächsten Rennen so sein wird."