29 Tausendstel - das war alles, was Charles Leclerc im Formel-1-Qualifying von Österreich auf Polesetter Max Verstappen fehlte. Die beiden Tonangebenden der Saison 2022 lieferten sich auch in Spielberg wieder einen Schlagabtausch auf höchstem Niveau, und diesmal zog Leclerc den Kürzeren. Nicht nur er, auch Teamkollege Carlos Sainz unterlag im Qualifying-Ergebnis von Österreich mit weniger als einer Zehntel Rückstand.

Den Grund dafür glauben Leclerc und Sainz nach dem Qualifying auch schnell gefunden zu haben. Es war kein Fehler auf der Runde, kein offensichtliches Defizit zu Verstappen, sondern man muss ein paar Minuten zurückgehen. Die zweite rote Flagge im dritten Qualifying-Segment kostete Ferrari in diesem Krimi höchstwahrscheinlich eben diese paar Tausendstel.

"Auf der letzten Runde hatte ich Probleme damit, die Reifen nach einer so langen Zeit an der Box wieder ins Fenster zu bringen", erklärt Leclerc. Das Problem: Q3 war zwei Mal für zwei Mercedes-Unfälle unterbrochen worden. Nach der ersten fuhren Leclerc und Sainz relativ schnell wieder auf dem zweiten - und letzten noch vorhandenen - Soft-Reifensatz für ihre letzte schnelle Runde raus.

Mercedes-Unfälle bremsen Ferrari im Qualifying Probleme

Dann crashte George Russell, das Qualifying wurde wieder unterbrochen. Leclerc und Sainz hatten da gerade die Box verlassen. Nun mussten sie in langsamer Fahrt um den Kurs bummeln und an die Box kommen. Neun Minuten dauerte die Unterbrechung, ehe es weiterging. Und jetzt mussten Leclerc und Sainz mit den gleichen Reifen antreten. Wenn die sensiblen F1-Pirellis aber einmal eine Runde - selbst eine langsame - hinter sich haben, verhalten sie sich etwas anders.

Dass sich beide Ferrari gleich an der Boxenausfahrt anstellten, um schnell auf die Strecke zu kommen, und dass sie aufgrund der nun knappen Zeit kein optimales Aufwärmprogramm fahren konnten, machte es beiden noch schwieriger. Die Reifen waren im letzten Versuch im ersten Sektor schlichtweg zu kalt, erklärt Sainz: "Dem Auto in den Kurven eins und drei zu vertrauen war nicht einfach."

Leclerc stimmt zu: "Das hat bei mir gereicht, um ein bisschen mehr Untersteuern zu haben, und ich habe ein Problem damit, um dieses Untersteuern herumzufahren." Beide Ferraris untersteuerten und kamen schlecht aus den engen ersten Kurven raus. Hauptgegner Max Verstappen hingegen war zwischen den beiden roten Flaggen nie auf die Strecke gefahren, nur aus der Garage. Direkt vor ihm schaltete die Boxenampel auf Rot. Seine Mechaniker mussten ihn deshalb zwar zurückschieben, aber dafür waren seine Reifen nicht angefahren. Diesen Vorteil räumt auch Red Bull ein.

Sainz glücklich mit Qualifying-Fortschritt

Während Leclerc sich über die verpasste Pole ärgern muss, kann Sainz den Frust damit übertünchen, dass er ein eigentlich sehr gutes Qualifying fuhr. Am Ende nur 0,053 Sekunden hinter Leclerc zu liegen ist für ihn ein kleiner Durchbruch: "Ich hatte viele Q3s dieses Jahr, die nicht nach Plan gingen - heute wollte ich zum richtigen Zeitpunkt Tempo machen, ohne zu viele Risiken einzugehen."

"Heute war ich immer schnell, in jeder Kurve", freut sich Sainz. Auch sein Hauptproblem, das Vertrauen in den Ferrari in schnellen Kurvenkombinationen, schien gelöst: "Jedes Mal, wenn ich in eine schnelle Kurve kam, habe ich es hinbekommen."

Nach all dem blickt Ferrari optimistisch auf die nächsten zwei Tage. Im Sprintrennen am Samstag haben Leclerc und Sainz schon die Chance, Druck zu machen. Wobei der von bitteren Niederlagen gebeutelte Leclerc eigentlich bloß einmal ein fehlerfreies Wochenende erleben möchte: "Ich hoffe nur, dass alles sauber abläuft und dass wir endlich die Punkte holen, die wir verdienen." Den ganzen Sprint-Tag der Formel 1 heute in Österreich gibt es hier im Liveticker.