Das Qualifying für den Großen Preis von Australien hätte auf den beiden Seiten der Williams-Garage kaum unterschiedlicher ausfallen können. Während Felipe Massa in den Top-10 die Fahne für den britischen Traditionsrennstall hochhielt, erlebte Lance Stroll an seinem Debüt-Wochenende einen schwarzen Samstag. Nach einem Unfall im 3. Freien Training landete der Rookie im Zeittraining auf dem vorletzten Platz.

Youngster Lance Stroll zeigte an seinem ersten Rennwochenende bis kurz vor Schluss der letzten Trainingssession eine saubere Leistung, in dem er dort anknüpfte, wo er bei den Barcelona-Tests aufgehört hatte. Mit seinem Abflug jedoch warf er sich im entscheidenden Moment vor dem Qualifying wieder zurück. "Was im FP3 passiert ist, war eigentlich keine große Sache, aber es hatte doch schwere Konsequenzen", hält der 18-jährige Rookie fest.

Die Konsequenz war, dass das Team seinen FW40 bis zum Start des Qualifyings noch nicht wiederhergerichtet hatte und Stroll erst mit Verspätung auf die Strecke kam. "Das Zeittraining war in einer ziemlichen Hetze und wir konnten nicht das machen, was wir geplant hatten", so Stroll weiter. Letztendlich bedeutete das für ihn über zwei Sekunden Rückstand auf den Teamkollegen und knappe fünf Sekunden Rückstand auf Polesitter Lewis Hamilton.

Williams neuer Chief Technical Officer Paddy Lowe glaubt nicht, dass das Team dem jungen Piloten wegen eines angeknacksten Selbstvertrauens angesichts des vorletzten Startplatzes gut zureden muss. "Für einen 18-Jährigen ist er sehr reif und vernünftig. Er ist sehr gut darin, seine mentale Verfassung selbst zu managen. Er braucht uns nicht zum Händchenhalten", so der Brite.

Stroll positiv eingestellt für Rennen, Foto: Sutton
Stroll positiv eingestellt für Rennen, Foto: Sutton

Stroll will Tag schnell vergessen

Stroll selbst war nach dem verkorksten ersten Samstag seiner Formel-1-Karriere relativ abgeklärt, wie man es schon bei den Testfahrten in Barcelona von ihm gesehen hatte. "Das Team hat einen großartigen Job gemacht, mich im Qualifying nochmal auf die Strecke zu bringen. Dafür ein großes Dankeschön. Aber jetzt müssen wir den Tag heute einfach vergessen", so der Kanadier, der sein Augenmerk bereits auf das Rennen gelegt hat: "Es ist ein langes Rennen und wenn wir uns intelligent anstellen, können wir noch etwas daraus machen."

Strolls Ausgangslage für das Rennen sieht Lowe nicht einmal als großen Nachteil. "Das ist vielleicht gut, mit etwas weniger Druck, denn die Erwartungen sind nicht sonderlich groß am Ende des Feldes. Es ist für ihn eine Möglichkeit zu trainieren, wie es ist, in einem richtigen Rennen zu sein. Ohne den Druck, ein Resultat einfahren zu müssen. Dann kann er mit mehr Selbstvertrauen nach China kommen."

Massa holt die Kohlen aus dem Feuer

Während sich beim Teamkollegen wieder kleine Dramen abspielten, holte Routinier Massa mit Startplatz sieben die Kohlen für seine Mannschaft aus dem Feuer. Eine solide Leistung, vor allem angesichts der Tatsache, dass er am Vortag viel Trainingszeit durch einen Defekt verlor. "Ich bin glücklich mit meinem Qualifying und meinen Runden. Es war das erste Mal, dass ich die Ultrasoft-Reifen gefahren bin, nachdem ich gestern viele Runden verpasst habe", so der Brasilianer.

Die Niederlage gegen Romain Grosjean im Haas wurmte Massa dann allerdings doch. Schließlich war Williams mit der Favoritenrolle für den Best of the Rest-Titel hinter den drei Top-Teams nach Melbourne gereist: "Sechster wäre für uns heute eine super Position gewesen, aber ich denke Romain hat eine sehr gute Runde hingelegt, die ich nicht schlagen konnte."

Lowe beeindruckt von Massa, Foto: Sutton
Lowe beeindruckt von Massa, Foto: Sutton

Lowe: Hut ab vor Haas

Paddy Lowe zollte dem Gegner ebenfalls Respekt. "Haas war eine Überraschung. Hut ab, das sah nach echter Pace aus. Das hatten wir nicht kommen sehen", so der Ex-Mercedes-Mann, der in der Niederlage sogleich die erste Aufgabe für sein Team sieht: "Wir akzeptieren heute, dass Haas schneller ist und wir nicht das Mittelfeld anführen. Das ist etwas, woran wir jetzt arbeiten müssen."

Während es im Mittelfeld richtig eng zugeht, klafft auf die Spitzenteams Mercedes und Ferrari ein Loch von über zwei Sekunden. "Ich muss sagen, ich würde in dieser Hinsicht noch nicht aufgeben. Wir werden schauen, ob wir diesen Abstand während der Saison schließen können. Das ist ein ziemlich gutes Ziel", gibt sich Lowe kampfeslustig. Gerade der Rückstand von lediglich einer Sekunde auf Red Bull motiviert ihn, dieses Ziel zu verfolgen: "Ich fand es etwas ermutigend, dass der Red Bull hier fast in Reichweite scheint. Das ist interessant."