Neben schnelleren Autos und aggressiverer Optik erhofft man sich von der neuen Formel 1 eine wieder zunehmende Selektierung zwischen den Fahrern. Nach den ersten Sessions der neuen Saison wirft Motorsport-Magazin.com einen Blick auf die Zeiten. Wo sind die Unterschiede besonders groß? Und wie ist die Situation bei den Top Teams? Gibt es besondere Gründe für die Differenzen? Beim Blick auf das Qualifying zählen immer nur die Zeiten innerhalb eines Segmentes, an dem beide Fahrer beteiligt waren.

Mercedes: Bottas beweist sich als Top-Fahrer

An seinem ersten Wochenende für Mercedes waren und sind die Augen auf Valtteri Bottas gerichtet. Ist der Finne tatsächlich ein Spitzenfahrer oder wird er von Lewis Hamilton vermöbelt? Die Antwort: Bottas hat sich das Cockpit verdient. Nach einem eher schleppenden Einstieg am Freitag, als dem 27-Jährigen eine halbe Sekunde auf Hamilton fehlte, steigerte er sich am Samstag deutlich und fuhr im dritten Training gar schneller als der dreimalige Champion. Im Qualifying fehlten ihm dann keine drei Zehntel.

"Bottas ist wettbewerbsfähig. Er hat sich seine eigenen Ziele gesetzt und das ist die richtige Herangehensweise", lobte Toto Wolff Bottas. "Er hat sich im Auto hier sehr gut verbessert. So nah in unterschiedlichen Sessions dran zu sein, ist das, was wir uns erhofft hatten. Da herrscht extrem viel Druck, wenn man ihn in das Auto setzt und an die Seite von Lewis. Damit ist er sehr gut umgegangen", so Wolff weiter.

Vettel dank Räikkönen-Fehler klar vorn, Foto: Sutton
Vettel dank Räikkönen-Fehler klar vorn, Foto: Sutton

Ferrari: Vettel deklassiert Räikkönen

Bei Ferrari gab es letztes Jahr die große Überraschung. Kimi Räikkönen setzte sich in der Gesamtbilanz im Qualifying-Duell gegen Sebastian Vettel durch. Überraschend war es nicht, weil Räikkönen ein schlechterer Fahrer sei, was sicher nicht der Fall ist. Sondern weil seine Stärken eher im Rennen liegen.

In Australien 2017 rückte Vettel das Bild zumindest am Samstag wieder gerade. In den ersten Trainings am Tag zuvor fuhren beide auf Augenhöhe, in Training drei sowie im Qualifying war Vettel jeweils eine halbe Sekunde schneller als sein finnischer Landsmann. Der haderte mit seinen Versuchen in der Qualifikation, die ihm überhaupt nicht gelangen. "Nach dem ersten Run war es etwas chaotisch - von meiner Seite. Ich habe nicht das gemacht, was ich hätte machen müssen", schimpfte er auf sich selbst. "Keine meiner Runden war wirklich gut. Ich habe nicht eine anständige hinbekommen."

Renault: Palmer um Klassen schlechter als Hülkenberg

Das war eine schallende Ohrfeige, die Jolyon Palmer bislang an diesem Wochenende kassierte. In jeder Session lag der Brite um Sekunden hinter Nico Hülkenberg, im Qualifying waren es im ersten Abschnitt ganze 3,3 Sekunden. Unglaublich: Palmers Quali-Zeit von 1:28.244 Minuten war sogar eine Sekunde langsamer als seine Marke aus dem Vorjahr. Nach eigenen Angaben hatte er im Qualifying mit Bremsproblemen und mangelndem Grip zu kämpfen. Über eine 1:27.549 im zweiten Training am Freitag kam er aber dennoch nicht hinaus - obwohl sich das Auto dort gut angefühlt habe, wie er erklärte. Dies reichte aber dennoch zur zum letzten Platz in jener Session - zwei Sekunden hinter Hülkenberg.

Grosjean hatte Haas-Neuling Magnussen voll im Griff, Foto: Sutton
Grosjean hatte Haas-Neuling Magnussen voll im Griff, Foto: Sutton

Haas: Grosjean bügelt Magnussen

Romain Grosjean feierte mit Platz sechs das beste Qualifying-Ergebnis in der noch jungen Geschichte des Haas-Teams. Sein Teamkollege Kevin Magnussen dagegen schied bereits in Q1 aus. Satte 1,4 Sekunden verlor der Däne im ersten Abschnitt auf Grosjean. Dabei schien es, dass Magnussen nach einem überaus schlechten Freitag im dritten Freien Training den richtigen Zugang gefunden habe. Platz zehn, "nur" sechs Zehntel Rückstand auf Grosjean.

Doch dann folgte das Qualifying, in dem er seine zwei Stunden zuvor aufgestellte persönliche Bestzeit um sieben Zehntel verpasste. Der Grund: in beiden fliegenden Runden kam er in Kurve 12 zu weit raus. "Das nervt mich wirklich. Das Auto war da für das Qualifying und meine Runden waren gut - bis ich zu weit rausgekommen bin. Wir müssten viel weiter vorne stehen in der Startaufstellung", meint Magnussen. Doch auch dies ist ein Effekt der neuen Autos. Die höhere Belastung erschwert es noch einmal zusätzlich, sich auf den Punkt zu konzentrieren und keine Fehler zu machen.

Routinier Massa deutlich schneller als Jungspund Stroll, Foto: Sutton
Routinier Massa deutlich schneller als Jungspund Stroll, Foto: Sutton

Williams: Jungspund Stroll sieht alt aus

Rookies, die auf Anhieb mit den gestandenen Profis mitfahren? 2017 scheint das auf den ersten Blick unmöglich zu sein. Bei Williams sieht man bei detaillierter Betrachtung jedoch, dass man Vorsicht walten lassen sollte. Bekanntermaßen ist das Team freitags mit mehr Sprit unterwegs. Mit sechs respektive zwei Zehnteln Rückstand auf den Brasilianer verkaufte sich Stroll gut. Doch am Samstag lief es schlechter für den Kanadier. Crash im dritten Training, der eine lange Reparatur nach sich zog. Zwar wurde das Auto rechtzeitig zum Qualifying fertig, doch Stroll blieb eine halbe Sekunde über seiner Bestzeit des Vortages. Auf Massa, der sich enorm steigerte auf 1:25.0, fehlten satte zwei Sekunden.

McLaren: Alonso hat Vandoorne im Griff

Auch der zweite Rookie im Feld, Stoffel Vandoorne, zog gegen seinen erfahrenen Teamkollegen Fernando Alonso deutlich den Kürzeren. Eine satte Sekunde schneller als der Belgier war Alonso in Q1. Während der Spanier damit ziemlich locker den nächsten Abschnitt der Qualifikation erreichte, war für Vandoorne Endstation. Doch auch hier gibt es eine Erklärung: Vandoorne konnte keinen finalen Versuch mehr fahren. Ein Problem mit dem Benzindruck zwang ihn zur vorzeitigen Aufgabe. "Es wäre mehr drin gewesen, wenn ich die Chance gehabt hätte, drei Runden zu fahren", ist sich Vandoorne sicher.