Die Formel 1 startet an diesem Wochenende in Melbourne in ein neues Zeitalter: Die Autos der neuen Generation sind breiter, spektakulärer und vor allem schneller. Neben der Aerodynamik spielen auch die Reifen bei den Regeländerungen eine große Rolle - im wahrsten Sinne des Wortes groß. Vorne und hinten sind die Pirelli-Pneus um 25 Prozent in der Breite gewachsen.

Fahrer freuen sich über mehr mechanischen Grip, Fans über die Optik, die an längst vergangene Zeiten der Formel 1 erinnert. Doch wie immer im Leben: Kein Vorteil ohne Nachteil. Breitere Reifen bedeuten auch mehr Gewicht, weshalb das Mindestgewicht der Formel-1-Boliden von 722 auf 728 Kilogramm angehoben wurde.

Ein Hinterreifen alleine wiegt 2017 rund zwei Kilogramm mehr als im vergangenen Jahr. Das macht es für die Boxencrew erheblich schwieriger. "Mit ausgestreckten Armen fühlt es sich eher wie 10 kg an", erklärt Williams-Sportdirektor Steve Nielsen auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. "Es verlangt mehr Aufwand und ist anstrengender."

Wow! Mercedes-Boxenstopp mit breiten Reifen: (01:51 Min.)

"In einer idealen Welt würden wir sie öfter zum Training schicken, aber ihr Dienstplan verhindert das", erklärt Nielsen. Denn die Boxencrew ist nicht Vollzeit mit dem Wechseln der Reifen beschäftigt. "Sie sind keine Fitness-Gurus, sie sind Mechaniker", betont Nielsen. "Ihre Zeit im Fitness-Studio ist eingeschränkt, da sie die Autos aufbauen und um die Welt reisen müssen."

Am Prozedere des Reifenwechsels haben sich - neben den Bizeps-Umfängen der Mechaniker - über den Winter nur Details geändert. Trotzdem hat Williams als Gewinner des DHL Fastest Pitstop Award 2016 kleinere Anpassungen vorgenommen, um den Titel 2017 zu verteidigen. "Es gibt einige sehr geringfügige Änderungen am Ablauf der Boxencrew", verrät Nielsen. "Aber von außen betrachtet, wird es genauso aussehen."

Die neuen Dimensionen verlangen nicht nur von der Crew Anpassungen, auch vom Werkzeug. Die breiteren Reifen erfordern auch entsprechend breite Felgen. Die wiederum haben zur Folge, dass die Radmutter weiter innen im Rad sitzt als zuvor. Williams-Mann Nielsen fügt an: "Es gibt viele kleine Veränderungen, aber sie hängen nicht nur mit den breiteren Reifen zusammen. Wir versuchen uns ständig zu verbessern."

Pitstops 2017: Härter, besser, schneller, stärker: (02:15 Min.)

Die große Frage lautet natürlich: Welchen Einfluss haben die breiteren und schwereren Reifen auf die Zeiten? Wird es 2017 nach den Rekorden im Vorjahr nun langsamer? Williams schaffte in der Vorsaison den schnellsten Stopp in sagenhaften 1,92 Sekunden. "Wir absolvieren hunderte, wenn nicht sogar tausende Stopps und letztlich sehen die Zeiten genauso aus", verrät Nielsen. "Wir haben letztes Jahr Stopps von 1,9 Sekunden gezeigt und das ist uns auch in diesem Jahr bei den Tests in Barcelona einmal gelungen."

Doch es geht nicht nur um die Bestzeit - viel wichtiger ist, dass es keine Ausreißer nach oben gibt, denn die können Rennen zerstören. Williams gewann den DHL Fastest Pitstop Award 2016 mit sagenhaften 14 von 21 Tagessiegen. Im Schnitt benötigte die Boxencrew nur 2,70 Sekunden für einen Stopp. Doch damit könnte 2017 Schluss sein.

"In diesem Jahr sehen wir eine breitere Streuung bei den Zeiten", bestätigt Nielsen. "Je größer und schwerer die Räder sind, desto schwieriger ist es, jedes Mal alles perfekt hinzubekommen." Doch die Teams arbeiten bereits mit Hochdruck daran, ihre Boxenstopp-Performance zu verbessern. "Es ist erst März und es liegen noch viele Rennen vor uns. Wir haben noch viel Zeit zum Trainieren. Dadurch wird es wieder engen zusammenrücken."