Der neue Herausforderer von Lewis Hamilton heißt Valtteri Bottas. Doch ist der Finne in der Lage, seinem Mercedes-Teamkollegen auf Anhieb gefährlich zu werden? Und wie wird das Verhältnis der beiden potenziellen Titelanwärter? Nach der nervenzehrenden Schlacht der letzten Jahre zwischen Hamilton und Weltmeister Nico Rosberg würden sich die Silberpfeile vermutlich wünschen, dass es künftig etwas ruhiger zugeht.

Doch Bottas machte keine Anstalten, sich hinter Hamilton einzureihen. Im Gegenteil: Sein Ziel ist die Weltmeisterschaft. "Ich setze mir immer hohe Ziele", sagte der Neuzugang bei seiner Vorstellung am Montag. "Den Druck mache ich mir selbst. Ich will Rennen und Titel gewinnen. Ich weiß, dass hier ein tolles Team hinter mir steht und dass sie in den vergangenen Jahren das schnellste Auto hatten. Ich gehe in meine fünfte Saison in der Formel 1 und habe schon etwas Erfahrung. Ich denke aber, dass ich noch nichts erreicht habe. Ich bin jung, schnell und hungrig auf Erfolg."

Einer der härtesten Teamkollegen

Mit Hamilton bekommt Bottas den vermutlich härtesten Teamkollegen in der Königsklasse. Nach dem verlorenen Titel dürfte der Brite heiß darauf sein, sich 2017 die Krone zurückzuholen. Niki Lauda sah unterdessen keine Schwierigkeiten in dieser neuen Fahrerpaarung. Der Mercedes-Aufsichtsratsvorsitzende war sogar überzeugt, dass Bottas dem arrivierten Hamilton das Wasser reichen kann.

"Ich glaube, dass er ähnlich schnell fahren kann wie Nico", sagte Lauda zu RTL. "Die Aufregung, die ich nach dem Verlust von Nico hatte, hat sich gelöst. Ich bin komplett relaxt, weil ich glaube, dass wir eine ebenbürtige Fahrerpaarung haben können so wie in den letzten Jahren. Wir hatten immmer zwei Top-Fahrer, die um die WM kämpfen konnten. Nico und Lewis waren das beste Beispiel - ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Die Geschwindigkeit und Erfahrung von Bottas waren deshalb der Anlass, ihn zu nehmen."

Valtteri Bottas: Das erste Interview als Mercedes-Werksfahrer: (05:30 Min.)

Wild trifft ruhig

Der wilde Hamilton auf der einen Seite - auf der anderen Bottas, der als eher ruhiger Vertreter seiner Art gilt. Kann das auf Dauer funktionieren? Bottas über seinen künftigen Teamkollegen: "Lewis wird eine tolle Referenz für mich sein. Jeder weiß, wie gut er ist. Ich will ab dem ersten Rennen performen und alles rausholen. Ich weiß, dass ich dazu in der Lage bin. Ich denke, dass es sehr eng zugehen wird mit Lewis."

In der Zusammenarbeit sah er keine Schwierigkeiten, stellte sich aber auf ein hartes Duell ein. "Ich kenne ihn noch nicht so gut", sagte Bottas. "Aber ich freue mich darauf, ihn noch besser kennenzulernen. Es gibt überhaupt keine Probleme zwischen uns beiden. Ich bin sicher, dass wir fair und sehr hart gegeneinander Rennen fahren werden und gleichzeitig das Team nach vorne bringen. Es ist sehr gut, dass ich mich mit ihm vergleichen kann. Zuerst geht es aber darum, dass wir gut zusammenarbeiten."

Mercedes verkündet Rosberg-Nachfolger Bottas: (07:13 Min.)

Schwerer Start für Bottas

Teamwork ist gerade mit Blick auf die anstehende Saison ein entscheidender Faktor. Wegen des neuen, umwälzenden Reglements sind die Teams verstärkt auf das Feedback ihrer Fahrer angewiesen, um die Autos weiterzuentwickeln. Hamilton kennt das Silberpfeil-Team zwar seit Jahren, muss sich aber genau wie Bottas mit neuen Gegebenheiten beschäftigen. "Das wird kein leichter Start in die Saison", war Bottas sicher. "Es kommen neue Regeln und ich muss lernen, wie Team und Auto funktionieren. Ich verbringe jetzt viel Zeit in der Teamfabrik, um für den ersten Test bereit zu sein."

Für Hamilton scheint Bottas als neuer Teampartner ebenfalls kein Problem darzustellen. In der Vergangenheit hatte er argumentiert, dass zwei Alphatiere ein Team vergiften könnten - das habe er selbst bereits erlebt. Mit Bottas erscheint dieses Risikopotenzial eher begrenzt zu sein. "Lewis hat damit überhaupt kein Problem", sagte Lauda. "Bottas auch nicht, er kennt Lewis ja. Ich glaube, dass wir sehr ruhig und beruhigt mit den beiden losfahren können. Er ist ein ruhiger Finne, was mich persönlich freut. Er redet nicht viel, er ist ein harter Arbeiter. Ich glaube, dass er gut ins Team passt."

Der neue Mann im Silberpfeil: Valtteri Bottas, Foto: Mercedes-Benz
Der neue Mann im Silberpfeil: Valtteri Bottas, Foto: Mercedes-Benz

Weiter keine Teamorder

Klar ist noch vor dem ersten Rennen des neuen Jahres: Teamorder wird es weiterhin nicht geben bei den Silberpfeilen. Stallregie war in der Vergangenheit immer wieder ein Thema - eher: Drohung - gewesen, wenn es zwischen Hamilton und Rosberg geknallt hatte. Letztendlich entschieden sich Wolff und Co. Jedoch stets dafür, die Fahrer offen gegeneinander kämpfen zu lassen. An dieser Herangehensweise soll sich auch mit Bottas nichts ändern. Lauda: "Beide Fahrer können volle Pulle frei fahren. Das hat sich bei Mercedes nie geändert und wird es auch in Zukunft nicht."