Stadtkurse haben in der Formel 1 stets ihr ganz eigenes Flair. Wo auf normalen Rundkursen Auslaufzonen ein frühes Ausscheiden verhindern oder Fehler bis zu einem gewissen Grad verzeihen, endet das eigene Rennen auf Stadtkursen gerne mal in der Leiplanke. Auch wenn der Marina Bay Street Circuit deutlich großzügiger gestaltet ist, als etwa der Leitplankendschungel in Monaco, so sind Zwischenfälle dennoch eher die Regel denn die Ausnahme. In den ersten beiden Trainings am Freitag wurde diese Annahme sofort bestätigt.

Rosberg crasht im ersten Training

Ob Nico Rosberg der schnellste Fahrer im Feld ist, darüber darf heftig gestritten werden. Auf jeden Fall zählt der Deutsche zu jenen Piloten, die die wenigsten Fehler begehen. Rosberg versteht es sehr gut, sein Auto auch am Limit fehlerfrei um den Kurs zu bewegen. Doch auch diese Eigenschaft schützt nicht vor dem einen oder anderen Ausritt. So gesehen etwa 12 Minuten vor Ende des ersten Trainings in Singapur. Bei der Anfahrt zu Kurve 18 blockierten die Bremsen des Mercedes-Piloten, er rutschte geradeaus in die Streckenbegrenzung. Doch Glück im Unglück: Bis auf den Verlust des Frontflügels blieb größerer Schaden aus.

Nico Rosberg hinterließ seine Spuren, Foto: Sutton
Nico Rosberg hinterließ seine Spuren, Foto: Sutton

"Die erste Session war okay, bis ich die Mauer in Kurve 18 getroffen habe", sagte Rosberg danach. "Das war nicht ideal, aber zum Glück war der Einschlag nicht zu stark. Daher konnte ich das Auto zurück in die Box bringen und die Jungs haben es für FP2 wieder hinbekommen", lobte der 31-Jährige seine Crew. Zwar war die Session für Rosberg vorzeitig beendet, der Zeitverlust hielt sich jedoch im Rahmen.

Grosjean mit neuartigem Design

Unfälle sind nicht immer spektakulär, auch Rosbergs Crash wird seinen Platz im Saisonrückblick nicht unbedingt finden. Die Aktion von Romain Grosjean dagegen schon. Der Franzose in Haas-Diensten erlebte einen gebrauchten Tag. Im ersten Training musste Grosjean das Training nach einem technischen Defekt und nur zwei Installationsrunden vorzeitig beenden. In Training Nummer zwei dann sorgte er für ein besonders Bild.

In der letzten Kurve vor Start und Ziel verlor er die Kontrolle über seinen Boliden und schlug rückwärts in die Streckenbegrenzung ein. Auch er konnte weiterfahren. Doch das Erscheinungsbild seines Autos hatte sich deutlich verändert. Die Endplatten seines Heckflügels blieben in der Streckenbegrenzung stecken, übrig blieb nur die Pylone als fast freischwebendes Element. Zwar sah der Bolide gar nicht übel aus, für den ohnehin schon gebeutelten Grosjean war jedoch auch das zweite Training nach nur zwölf Runden wieder beendet. Sowohl Unterboden, als auch die Hinterrad-Aufhängung mussten getauscht werden.

Romain Grosjean fügte seinem Boliden ein neuartiges Design hinzu, Foto: Sutton
Romain Grosjean fügte seinem Boliden ein neuartiges Design hinzu, Foto: Sutton

"Es war der schlimmste Freitag, den man sich vorstellen kann", klagte Grosjean später. "Ich habe am Morgen keine Runde hinbekommen und am Nachmittag hatten wir einige Probleme, die wir lösen mussten. Es ist eine sehr schlechte Art und Weise, eines der schwierigsten Wochenenden des Jahres zu beginnen", war der Franzose komplett bedient.

Heikle Ausfahrt für Sainz

Das Verlassen der eigenen Garage ist für die Fahrer oftmals gar nicht so einfach, wie es aussieht. Gerade, wenn Boxengassen extrem eng gebaut sind, benötigt es perfektes Timing beim Einlenken. Ansonsten kann es peinlich werden. Carlos Sainz kann nun ein Lied davon singen. Er lenkte im ersten Training zu spät auf die Fastlane ein und touchierte die Boxenmauer. Eine Szene wie von Michael Schumacher 2006 in der Rascasse-Kurve zu Monaco war geboren. Doch es war nur Training und mitten in der Boxenstraße. Die Toro-Rosso-Mechaniker schoben den Spanier zurück, nach einem kurzen Check ging es wieder auf die Strecke - dieses Mal ohne Probleme.

Mauerküsse en masse

Der Freitag ist in erster Linie dazu da, sich an das Limit heranzutasten. Dies führt öfters zu Ausritten oder - wie auf Straßenkursen üblich - zu Mauerkontakt. In den ersten beiden Trainings gab es gleich mehrere Berührungen. Max Verstappen machte in Kurve 21 den Anfang, wenig später folgte an gleicher Stelle Sebastian Vettel. Über Funk sprach er direkt von einem rein "kosmetischen Schaden".

Am Abend ging es munter weiter. Fernando Alonso und Carlos Sainz lehnten sich kurz nacheinander in Kurve neun an die Barrieren an, Esteban Ocon berührte in einer Runde gleich zweimal die Bande. Doch es blieb nicht immer bei leichten Berührungen. Daniel Ricciardo verlor am Ausgang von Kurve elf seinen Boliden, drehte sich und schlug mit dem linken Hinterrad an der Wand ein. Danach stand er quer über der Fahrbahn, doch der Australier brachte seinen Boliden selbständig zur Box zurück. "Ich hatte einen Dreher und habe die Barriere touchiert. Aber das Auto war mehr oder weniger okay", kommentierte Ricciardo lapidar.

Technik, die begeistert

Es gibt aber auch Vorfälle, die nicht unbedingt dem Fahrer zuzuschreiben sind. Nämlich jene, die durch streikende Technik verursacht werden. Auch hier erwischte es einige Fahrer. Im ersten Training kam Jenson Button nur ein paar Meter weit, ehe er seinen Boliden aufgrund von Problemen mit der Benzineinspritzung abstellen musste. Doch dank der Streckenposten, die ihn in die Box zurückschoben, konnte er das Training einige Minuten später wieder aufnehmen.

Im zweiten Training erwischte es zwei weitere Weltmeister. Lewis Hamilton verlor aufgrund eines Hydraulik-Problems gar den Großteil des Trainings, Long Runs konnte der Brite gar nicht absolvieren. Während die Konkurrenz um den Sieg Runde um Runde drehte, arbeiteten seine Mechaniker am Auto. Einige Minuten vor dem Trainingsende dann die Mitteilung: Hamilton muss den Tag beenden. Doch der Weltmeister beruhigte: "Es sieht nicht nach etwas Ernstem aus." Als das Training schon beendet war, rollte dann auch noch Fernando Alonso aus.