Kimi Räikkönen hat eine neue Nemesis. Kam 2015 noch seinem Landsmann Valtteri Bottas diese Rolle zu, so übernimmt ein Jahr später Max Verstappen diesen Job. Bereits in Ungarn wetterte Räikkönen heftig gegen den sich mit Zick-Zack-Linien verteidigenden Youngster. Szenen, die sich nun beim Belgien GP in Spa-Francorchamps gleich doppelt wiederholten.

Damit nicht genug, kam der Red-Bull-Pilot dem Iceman bereits am Start in die Quere. Motorsport-Magazin.com zeichnet den bitteren Belgien GP des mit realistischen Siegambitionen gestarteten Kimi Räikkönen nach.

Der Start: Vettel und Verstappen quetschen Räikkönen ein

Bereits nach wenigen hundert Metern nahm das Übel für Kimi Räikkönen seinen Lauf. Der Finne erwischte von P3 zwar den besseren Start und beschleunigte den von Rang zwei ins Rennen gegangen Max Verstappen auf dem Weg in Kurve eins aus. Gleichzeitig katapultierte sich jedoch Teamkollege Sebastian Vettel von P4 über die Außenbahn an beiden vorbei.

Beim Einlenken in La Source versuchte Verstappen dann, wieder ganz innen hineinzustechen. Räikkönen daneben ließ dem Youngster zwar zunächst genug Platz, doch lenkte von Außen auch noch Sebastian Vettel mit starkem Lenkradeinschlag ein. Zu wenig Platz für Kimi. Es krachte: Vettel drehte sich, Räikkönens in die Mangel genommener Ferrari wurde beschädigt. "Das hat unser Rennen ruiniert", flucht Teamchef Maurizio Arrivabene.

"Max hat gedacht, er kann innen vorbei. Ich habe ihm Raum gelassen, aber dann kam Seb von außen - er war neben mir und hat erwartet, dass ich die Kurve eng nehme, aber das konnte ich nicht. Er konnte nicht sehen, dass da noch ein anderes Auto innen war. Leider war es zu eng und ich konnte nirgendwohin ausweichen. Ich hatte keinen Platz und war zwischen ihnen eingequetscht", beschreibt Räikkönen die Szene.

Beschuldigen möchte der Finne jedoch niemanden. "Der Start ist immer eine Sache, die ein bisschen heikel ist. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll", sagt Räikkönen. Auch Vettel hält die Situation - für ihn ein "Schock" - vor allem für einfach unglücklich gelaufen, geht mit der Schuldfrage jedoch offensiver um als sein Teamkollege.

"Kimi war im toten Winkel. Im Nachhinein ist es einfach zu sagen, ich hätte ihm mehr Platz lassen sollen", sagt Vettel. Aber: "Dass der Max da noch gewesen ist: Da hätte ich nicht gedacht, dass er da noch reinfährt. Die Lücke war nicht wirklich da."

Deshalb sei er davon ausgegangen auf der Innenbahn nur einem Auto, nämlich dem seines Teamkollegen, Raum geben zu müssen. Entsprechend eng stach Vettel in die Kurve. Dank seines guten Starts habe er gegenüber Räikkönen die Nase leicht vorne gehabt, sodass es seine Kurve gewesen sei. Bei Räikkönen sieht Vettel jedoch nicht im Ansatz einen Fehler: "Deswegen musste Kimi in dem Sinn zurückstecken, und das hat er auch getan." Anders Verstappen: "Dass Max noch hinten reinhält - das wäre sich nicht ausgegangen. Das kann man auf den Bildern sehen."

Verstappen macht eingequetschten Räikkönen verantwortlich

Komplett gegensätzlich sieht es Helmut Marko im Interview mit Motorsport-Magazin.com. "Verstappen war ja innen und Räikkönen hatte außen keinen Platz, weil Vettel reingezogen ist. Es ist auf keinen Fall Verstappens Schuld", argumentiert Red Bulls Motorsportberater für seinen Schützling.

Verstappen selbst macht unterdessen nicht nur Vettel, sondern auch noch den eingequetschten und damit völlig handlungsunfähigen Räikkönen verantwortlich. "Ich bin innen, Kimi hat mir keinen Platz gelassen und dann hat Sebastian auch noch eingelenkt, also war dann kein Platz mehr. Ich habe nichts falsch gemacht. Ich habe nicht zu viel gewollt, weil ich niemanden blockiert habe", meint Verstappen.

Kimi Räikkönen hatte keinen Spaß am Duell mit Max Verstappen, Foto: Sutton
Kimi Räikkönen hatte keinen Spaß am Duell mit Max Verstappen, Foto: Sutton

Räikkönens Ferrari in Flammen

Räikkönens Rennen war somit beim Teufel. "Wir hatten platte Vorderreifen, ein Feuer, einen beschädigten Unterboden und mussten an die Box kommen", fasst der Finne genervt zusammen. Dabei verlor Räikkönen eine komplette Runde. Immerhin: Dank Safety Car und Rennunterbrechung wegen des Magnussen-Crashes waren Rundenrückstand aufgelöst und Anschluss ans Feld wiederhergestellt. Mit mehr als 30 Runden zu gehen also noch einiges zu gewinnen für den King of Spa?

"Das Auto hat sich nicht allzu schlecht angefühlt. Aber ich musste so eben viel den anderen Autos hinterherfahren und kämpfen", beschreibt Räikkönen die Schwierigkeiten im Vergleich zum eigentlich erwarteten ruhigeren und damit vor allem Reifen schonenderen Rennen an der Spitze. Dennoch wäre wohl mehr drin gewesen als der schließlich neunte Rang im Ziel. Doch es gibt ja noch Max Verstappen.

Zick-Zack-Kurs: Verstappen machts schon wieder

In Runde 13 lief Räikkönen bei seiner Aufholjagd auf den Red Bull auf, zog Ende der langen Kemmel-Geraden aus dem Windschatten und setzte seine Attacke. Verstappen, sehr spät auf der Bremse, hielt jedoch extrem hart dagegen. Räikkönen musste die Schikane abkürzen. "Muss ich ihn wirklich wieder vorbeilassen? Sein einziges Interesse liegt ja nur daran, mich von der Strecke zu drängen!", fluchte der Iceman in den Funk. Er musste.

Also neuer Angriff in der nächsten Runde. Und auch der endete wieder mit einem wutentbrannten Kimi-Funkspruch: "C'mon! Das ist verdammt nochmal lächerlich, er bewegt sich, wenn ich ausgeschert bin!" Was war passiert? Im Grunde genau dasselbe wie in Ungarn.

"Andere Fahrer hier verteidigen sich auch. Aber sie tun es größtenteils korrekt. Aber wenn ich ihm hinterherfahre mit DRS und 15, 20 km/h Überschuss, dann wartet er und wartet und bewegt sich erst nach mir. Und das ist eben schwierig. Da musste ich hart bremsen. Das sollte nicht passieren. Es ist nicht gut", schildert Räikkönen Motorsport-Magazin.com seine erneute unangenehme Begnung mit Verstappen.

"Mit gutem, hartem Racing habe ich überhaupt kein Problem. Aber wenn ich vor Kurve fünf mitten auf der Geraden, wenn ich gerade angefangen habe mich zu positionieren, bremsen muss, um Verstappen nicht zu treffen, weil er sich dann erst bewegt, dann ist etwas nicht korrekt. Das ist absolut nicht in Ordnung", wettert Räikkönen.

Mindestens genauso sehr wie Verstappen scheint den Finnen jedoch noch etwas anderes aufzuregen. "Aus welchem Grund auch immer finden die Stewards das okay. Aber wenn ich nicht gebremst hätte, hätte es einen heftigen Unfall gegeben. Ich hätte ihn mit Vollgas getroffen. Früher oder später wird das sicherlich passieren, wenn er das nicht ändert. Auf den Rest der Fahrer kann man sich verlassen, aber auf den nicht", schimpft der Finne.

Max Verstappen sieht keinen Fehler bei sich

Verstappen indessen tut die Angelegenheit ganz lapidar ab. "Es ist mir egal. Er hat ja schon vorher in der ersten Kurve mein Rennen beendet", sagt er. Da sei ein bisschen Wut im Bauch gewesen. "Ich war am Limit, aber es war kein Problem, nicht gefährlich - es ist ja nichts passiert", meint Verstappen.

Aussagen, die zahlreiche Experten im Fahrerlager sowie nach derzeitigem Stand rund 86% der Leser von Motorsport-Magazin.com (s. Umfrage oben) nur mit dem Kopf schütteln lassen. Räikkönen dagegen erhält von nahezu sämtlichen Kollegen und Experten aus der F1-Welt viel Zustimmung für seine Kritik, wenig überraschend abgesehen vom Red-Bull-Lager. "Es wurde ja noch nicht einmal untersucht. Die ganze Sache wird einfach nur aufgeschaukelt", meint auch Motorsport-Berater Marko gegenüber Motorsport-Magazin.com.. Daran, dass Verstappen von der FIA protegiert werde, sei auch nichts dran.

Die übrigen, teils extremen, Reaktionen haben wir hier ausführlich zusammengefasst: