Mercedes gilt seit zwei Jahren als das Maß aller Dinge in der Formel 1. Doch was die Silberpfeile zum Testauftakt in Barcelona zeigten, sorgte selbst in den eigenen Reihen für Überraschung. Lewis Hamilton avancierte am Montag zum Marathon-Mann und spulte 156 Runden ab. Ein neuer Rekord für das Weltmeister-Team! So viele Kilometer hatte zuvor noch kein Silberpfeil in der Geschichte der V6-Ära an einem Tag geschafft.

"Der Schlüssel ist, in der kurzen Testzeit, die uns bleibt, so viele Kilometer wie möglich zu absolvieren und der Anfang lief fantastisch", sagte Hamilton. "Das Team hat unglaubliche Arbeit geleistet, damit das Auto so funktionierte und so viele Runden ohne Probleme zurücklegen konnte. Das ist am ersten Tag sehr beeindruckend." In der Zeitenliste ordnete sich der Weltmeister mit einem Rückstand von knapp einer halben Sekunde auf Sebastian Vettel auf dem zweiten Platz ein.

Keine Pause für Lewis Hamilton am Montag, Foto: Sutton
Keine Pause für Lewis Hamilton am Montag, Foto: Sutton

Springt Wehrlein ein?

Rundenzeiten spielten beim Mercedes-Werksteam jedoch nur eine untergeordnete Rolle auf dem Circuit de Catalunya. Schon im Vorfeld lautete die Devise, so viele Kilometer wie möglich abzureißen, um das Auto auf Probleme zu überprüfen. Erstes Ergebnis: Der F1 W07 wirkt genauso kugelsicher wie seine erfolgreichen Vorgänger. "Es lief besser als erwartet", war auch Paddy Lowe überrascht. "Wir sind mehr gefahren als wir geplant hatten. Das war in Sachen Kilometerleistung unser bislang bester Tag."

Am Dienstag übernimmt zunächst Nico Rosberg den Silberpfeil von Hamilton. "So einen ersten Tag wie heute hatte ich noch nie", schwärmte Hamilton seinem Teamkollegen vor. "Es gab gar keinen Grund, nach Motivation zu suchen. Die Motivation bestand darin, mit dem Auto so viel Reichweite wie möglich zu erlangen. Das bringt uns in eine gute Lage für den Beginn der Saison."

Die Kilometer-Männer von Mercedes. Greift vielleicht sogar ein Dritter ein, wenn es für Hamilton und Rosberg zu anstrengend wird? Durchaus eine Option, wie Motorsport-Magazin.com erfahren hat. Möglicherweise könnte im Verlauf der Woche Manor-Rookie Pascal Wehrlein statt einem der beiden Stammfahrer ins Mercedes-Cockpit steigen. "Das kann eventuell sein, ja", bestätigte Wehrlein diese Option.

Wechselt Wehrlein spontan das Cockpit?, Foto: Sutton
Wechselt Wehrlein spontan das Cockpit?, Foto: Sutton

Bis zu 900 Kilometer täglich

Vermutlich verfolgt Mercedes seinen Kilometer-Plan auch an den kommenden Tagen. Das sei jedoch kein Meilen-Kampf mit Rivale Ferrari, betonte Lowe. "Wir haben ein Programm, dem wir folgen", sagte der Technikchef. "Wie sich Ferrari am besten auf Melbourne vorbereitet, ist ihre Sache." Schon ab Dienstag will sich Mercedes unterdessen der Performance des Autos widmen - und dabei noch mehr Kilometer fressen, um auf alles vorbereitet zu sein.

"Paddy sagte, dass wir sieben- acht- oder neunhundert Kilometer am Tag schaffen können", erklärte Wolff. "Das war ein ambitioniertes Ziel. Wir haben aber gezeigt, dass das Team und auch der Fahrer dazu in der Lage sind." Hamilton spulte schon am Montagvormittag eine Renndistanz über 66 Runden ab und legte nachmittags noch weitere 90 Umläufe obendrauf. Keines der anderen Teams konnte auch nur 100 Runden beim Testauftakt aufweisen.

Mercedes legte zum Testauftakt eine Rekordfahrt hin, Foto: Sutton
Mercedes legte zum Testauftakt eine Rekordfahrt hin, Foto: Sutton

Wolff kündigt Ungewöhnliches an

Klingt, als ob Mercedes schon jetzt ausreichend gerüstet sei für die Formel-1-Saison 2016. Aber: Es soll potenziell noch besser werden. Nachdem Teamchef Toto Wolff bereits angekündigt hatte, dass das Team bei der Entwicklung des neuen Autos keinen ultrakonservativen Weg gewählt habe, will man nun Taten sprechen lassen. Wolff verriet, dass in den kommenden Tagen einige neue Teile ausprobiert werden sollen.

"Ich denke, dass wir einige Dinge haben, die vielleicht etwas ungewöhnlich sind", kündigte Wolff an. Wann genau die Updates den Weg ans Auto finden, hänge nun von der Analyse der reichlich gesammelten Daten ab. Wolff weiter: "Es sind aber sicherlich ein paar Dinge, auf die man ein Auge werfen sollte. Ich war ziemlich überrascht, als ich die neuen Teile zum ersten Mal gesehen habe." Worum es sich dabei genau handelte, wollte der Mercedes-Chef unterdessen noch nicht verraten.