W007. So wird der neue Mercedes F1 W07 Hybrid für die Formel-1-Saison 2016 in Anlehnung an einen gewissen James Bond in den sozialen Netzwerken bereits genannt. Kein unpassender Spitzname, stehen das Team der Silberpfeile und allen voran deren Piloten Nico Rosberg und Lewis Hamilton wie der berühmte Geheimagent von der Kinoleinwand vor einer schwierigen Mission.

Im dritten Jahr in Folge will sich dominante Rennstall der beiden Vorsaisons gleich beide WM-Titel schnappen. Doch die Luft wird immer dünner. Bereits im Vorjahr hatte Ferrari seinen Rückstand drastisch verkürzt, nun blieb das Reglement über den Winter erneut relativ stabil. "Aus diesem Grund beginnt die Entwicklungskurve erwartungsgemäß leicht zu verflachen", warnt Toto Wolff. "Aber als Gruppe von wettbewerbsorientierten Racern ist dies eine Herausforderung, die wir mögen - das letzte Bisschen Performance zu finden", sagt der Mercedes-Teamchef.

Das erscheint auch dringend nötig, präsentierte der wohl erneut schärfste Konkurrent Ferrari am Freitag einen radikal überarbeiteten Boliden - samt Umstellung auf Druckstreben. Ein Element, das sowohl Sebastian Vettel als auch Kimi Räikkönen extrem entgegen kommt, sodass 2016 ein noch engeres Duell um die Spitze zwischen Silber und Rot zu erwarten ist.

Mercedes-Masterplan: Mit vielen Mini-Revolutionen zum Triple

Der neue Silberpfeil hingegen überraschte rein optisch weitaus weniger. Was nicht bedeutet, dass Mercedes nicht viel verändert hätte. Technikchef Paddy Lowe sprach bereits von mehreren Mini-Revolutionen, die gemeinsam ein großes, besseres Gesamtpaket ergeben würden. Zumindest die Basis stimmt auch 2016. So viel lässt sich bereits jetzt sagen. Bei einem Shakedown in Silverstone absolvierte der neue W07 die erlaubte Maximal-Distanz von 100 Kilometern mühelos.

Beim F1-Testauftakt am Montag in Barcelona knüpfte Lewis Hamilton unmittelbar daran an. Als Erster fuhr der Champion aus der Box, spulte in den folgenden Minuten sofort die meisten Runden von allen ab und setzte sich nach knapp zwei Stunden auch an die Spitze des Zeitenklassements. Ohne große Aussagekraft, aber in jedem Fall schon einmal ein gelungener Start. Doch nun gilt es, genau dort weiterzumachen - nicht nur, was die Entwicklung des Boliden anbelangt.

Box-Training: So will Hamilton den Angriff Rosbergs abwehren

"Ich muss sicherstellen, dass ich die Messlatte weiter anhebe", sagt Hamilton. Der Brite weiß genau, dass Teamkollege Nico Rosberg 2016 mit großer Wahrscheinlichkeit erneut sein schärfster Konkurrent werden könnte - und, dass der Deutsche im letzten Saisondrittel der Vorsaison eine starke Erfolgsserie hingelegt hatte. Entsprechend hofft Rosberg, das Momentum ins neue Jahr mitnehmen zu können. "Ich bin vollkonzentriert und fest entschlossen, dass dies mein Jahr werden kann", sagt er.

Hamilton lässt sich davon nicht aus der Ruhe bringen. "Was in den letzten Rennen 2015 passiert ist, macht mich nicht besonders nervös, da es meine Meisterschaft nicht beeinträchtigt hat", sagt Hamilton. "Natürlich liebe ich es, zu gewinnen und das ist stets mein Ziel. Aber ehrlich gesagt lag mein Augenmerk zu diesem Zeitpunkt woanders. Es war eine sehr erfolgreiche Saison und du kannst nicht immer gewinnen. Das war mein Gefühl gegen Ende des Jahres. Wenn überhaupt, hat es mich noch mehr motiviert."

Doch wie will sich ein bärenstarker Racer wie Lewis Hamilton noch verbessern. Ist das überhaupt möglich? Hamilton glaubt fest daran. "In den vergangenen beiden Jahren habe ich es geschafft. Es zum dritten Mal hintereinander zu schaffen, wird hart, keine Frage. Das ist die Unbekannte", sagt der Brite. "Aber ich war kürzlich im Simulator und glücklicherweise kann ich noch immer fahren. Das ist schon mal ein Anfang!", scherzt Hamilton.

Vorbereitet habe er sich jedoch gewissenhaft, wenn auch etwas anders als sonst üblich. "Es war hauptsächlich Ausdauertraining, um mein Gewicht niedrig zu halten, da ich bei Krafttraining sehr schnell zulege. Laufen, Wandern und sogar etwas Boxen – das war eine neue und sehr intensive Erfahrung", schildert der Champion sein Trainingsprogramm.

Ping-Pong: So will Rosberg Hamilton den Titel abjagen

Nico Rosberg bereitete sich etwas anders vor. "Natürlich habe ich auch hart trainiert", versichert er. "Du musst deine Fitness im Winter aufbauen, da du während dem Rest der Saison nur noch versuchst, dein Niveau zu halten. Ich habe größtenteils an meiner Ausdauer gearbeitet – Schwimmen und Radfahren, ein wenig Krafttraining für die rennsportspezifischen Muskeln wie den Nacken und dann Reaktionstraining mit sehr viel Ping-Pong!"

Das Ziel des Deutschen: Endlich von seinem genialen Auto profitieren und Zählbares mitnehmen. "Bislang hatte ich zweimal ein Auto, das mir bei der Erfüllung dieses Traums helfen konnte, aber leider habe ich noch nicht ganz alles zusammenbekommen", hadert Rosberg - und gibt sich kampfeslustig: "Aber ich habe gezeigt, dass ich Rennen gewinnen kann. Ich habe gezeigt, dass ich kämpfen kann und ich habe gezeigt, dass ich zurückschlagen kann."

Rosberg will Hamilton 2016 endlich in den Hintergrund drängen, Foto: Sutton
Rosberg will Hamilton 2016 endlich in den Hintergrund drängen, Foto: Sutton

Seine Zuversicht schöpft der bald 200-malige GP-Starter aus seinem starken Saisonfinish 2015. "Das Saisonende war für mich im letzten Jahr großartig. An den letzten paar Rennwochenenden habe ich einen etwas besseren Weg gefunden. Natürlich ist es mein Ziel, dies 2016 fortzusetzen", sagt Rosberg. Doch gebe es mit dem neuen Auto nun eine neue Unbekannte. "Damit haben sich leider viele Dinge verändert. Somit ist es schwierig, zu sagen, ob ich die Dinge, die ich vorher gemacht habe, weiterhin so machen kann. Aber warten wir ab, was passiert. Ich bin optimistisch und suche ständig nach dem Schlüssel, um den letzten Schritt in Richtung Titel zu machen", verspricht der Deutsche. Allerdings dürfe er nicht nur Hamilton, sondern auch Ferrari auf dem Zettel haben.

Toto Wolff setzt auf Wettbewerb seiner Fahrer

Um diese rote Gefahr abzuwehren, setzt Toto Wolff dieses Mal auf den engen Wettbewerb zwischen seinen eigenen Fahrern statt einen Abstauber eines lachenden Dritten wie Sebastian Vettel oder Kimi Räikkönen - der damit Erfahrung hat - zu befürchten. "Der Zweikampf zwischen Lewis und Nico ist für uns interessant und fordernd. Wenn du zwei konkurrenzfähige Fahrer im gleichen Team hast und sie um die Weltmeisterschaft kämpfen, wird es niemals einfach. Aber wir akzeptieren das nicht nur, wir machen es uns zu eigen. Beide Fahrer sind Profis", sagt der Teamchef.

Ein ganz klares Saisonziel gibt es bei den Silberpfeilen fast schon selbstverständlich. "Nach den Erfolgen der letzten beiden Saisons ist es offensichtlich unser Ziel, darauf aufzubauen, was wir bislang erreicht haben - wir wollen weiter Rennen und Weltmeisterschaften gewinnen", sagt Wolff. "Aber in diesem Sport darf man nichts als selbstverständlich ansehen - oder sich auf vergangenen Erfolgen ausruhen. Alle Punkte wurden wieder auf null zurückgesetzt."