Aus der Box fahren, ein paar Runden drehen, wieder zurück zu den Mechanikern. Zwischendurch ein paar Longruns. Alles entspannt. Alles locker. Daten auswerten. Ergebnisse analysieren. Irgendwann die Sachen wieder zusammenpacken und abreisen. So sehen Testfahrten oberflächlich aus. Die Fahrer sind immer wieder in der Garage, warten auf Umbauten und gehen an der Strecke eher selten ans Limit. Doch selbst weit weg vom Maximum lauert oftmals die Gefahr. Motorsport-Magazin.com blickt vor dem Start der Wintertests auf die schwersten Unfälle der vergangenen 40 Jahre zurück.

Fernando Alonso, Barcelona, 2015

Fernando Alonsos Unfall während der Barcelona-Testfahrten, Foto: Sutton
Fernando Alonsos Unfall während der Barcelona-Testfahrten, Foto: Sutton

Am 22. Februar 2015 ereignete sich in Barcelona der letzte wirklich große Unfall während Testfahrten. Der Crash von Fernando Alonso während der zweiten Vorsaison-Testphase zog weite Kreise und hatte für den Spanier einiges an Konsequenzen. Nach Kurve 3 schlug der Spanier mit seinem McLaren in die Mauer ein und rutsche sie entlang.

Die rote Flagge wurde geschwenkt, Alonso zunächst ins Medical Center gebracht und schließlich ins Krankenhaus geflogen. Schnell rankten sich die wildesten Gerüchte rund um den Unfallhergang. Normalerweise würde ein Auto bei einem derartigen Unfall in der Kurve nach außen getragen werden, Alonsos McLaren kam aber nich innen von der Fahrbahn ab. Eine Windböe, ein Fahrfehler, ein mechanischer Defekt am McLaren, ein Stromschlag durch das KER-System, bis hin zur krankheitsbedingten Bewusstlosigkeit Alonsos - alles Thesen zur Ursache.

Die Auswirkungen jedenfalls waren groß. Zunächst musste Alonso eine Nacht im Krankenhaus bleiben, daraus wurden schließlich drei. Dann sagte er die Teilnahme an den abschließenden Testfahrten vor dem Saisonstart ab. Plötzlich hieß es, der Spanier leide an Amnesie und habe die vergangenen 20 Jahre vergessen. All diese Gerüchte wurden stets dementiert und immer wieder betont, wie gut es Alonso doch gehen würde.

Am 3. März folgte allerdings die Hammer-Nachricht: Alonso verzichtete auf einen Start in Melbourne. Erst für das zweite Rennen in Malaysia bekam er von den Ärzten wieder grünes Licht und war am Start. Was genau die Hintergründe des Unfalls waren, kann - oder will - McLaren nicht preisgeben. Laut Alonso lieferten die Daten nur unzureichend Auskunft. Auch weshalb er letztlich so lange nicht in seinem Auto sitzen konnte, hat Alonso bis heute nicht wirklich beantwortet.

Michael Schumacher, Monza, 2001 und 2004

Michael Schumacher wurde nach seinem Testunfall in Monza von Einsatzkräften untersucht, Foto: Sutton
Michael Schumacher wurde nach seinem Testunfall in Monza von Einsatzkräften untersucht, Foto: Sutton

Am 17. Juli 2001 ereignete sich auf dem Autodromo Nazionale Monza ein schwerer Testunfall von Michael Schumacher. In der Variante della Roggia brach das Heck seines Ferrari bei hoher Geschwindigkeit links hinten aus, weshalb er nach rechts in die Leitplanke einschlug.

Beim ersten Aufprall riss der rechte Vorderreifen ab und von diesem Moment an konnte Schumacher weder lenken noch bremsen. Er rutschte die Leitplanke entlang, dann übers Kiesbett und kam schließlich erst in der nächsten Leitplanke zum Stehen.

"Es war einfach nur brutal, ein gewaltiger Einschlag", sagt er. "Ich hatte keine Kontrolle mehr. Im Nachhinein, muss ich sagen, hatte ich verdammt viel Glück." Verletzungen trug Schumacher nicht davon und konnte sogar zwölf Tage später beim Großen Preis von Deutschland wieder an den Start gehen.

Noch wesentlich dramatischer allerdings sein Testunfall am 02. September 2004. Bei etwa 340 km/h krachte er mit seinem Ferrari in die Mauer. Er stieg selbstständig aus, für einen Moment blieb ihm aber die Luft weg und Bilder vom auf dem Boden liegenden Schumacher machten die Runde. Als Grund wurde später ein Reifenschaden hinten links genannt. Dadurch drehte sich der Ferrari des Rekordweltmeisters und krachte 150 Meter nach der Boxeneinfahrt mit dem Heck voran in die Mauer. Nur zehn Tage später war Schumacher bereits wieder beim großen Preis von Italien am Start und wurde Zweiter hinter Teamkollege Rubens Barrichello.

Maria de Villota, Duxford , 2012

Maria de Villota war Testfahrerin bei Marussia, Foto: Sutton
Maria de Villota war Testfahrerin bei Marussia, Foto: Sutton

Der 3. Juli 2012 hat das Leben der Spanierin Maria de Villota für immer verändert und es ihr schließlich sogar genommen. Es ist ein wolkenverhangener Tag auf dem Flugfeld in Duxford, England. Die Marussia-Testfahrerin de Villota sitzt zu Straightline-Tests im Marussia MR-01, als sie mit rund 40 km/h in die geöffnete Laderampe eines LKWs knallt.

Sofort sind Rettungskräfte vor Ort. Die Pilotin wird mit schweren Schädel- und Gesichtsverletzungen ins Krankenhaus eingeliefert und zunächst ins künstliche Koma versetzt. Nach und nach dringen mehr Informationen an die Öffentlichkeit. Es wird bekannt, dass die Spanierin bei dem Unfall ihr rechtes Auge verlor.

Davon lässt sich de Villota aber nicht unterkriegen. Sie beginnt den langen und mühsamen Weg der Rehabilitation, findet neuen Lebensmut und spricht von ihrem Unfall sogar als positive Veränderung ihres Lebens. Diese Freude währt allerdings nur kurz. Am 11. Oktober 2013 wird sie in ihrem Hotelzimmer in Sevilla tot aufgefunden. Die Familie erklärt später, dass der Tod aufgrund von neurologischen Spätfolgen des Unfalls eingetreten war.

Lange wurden die Ursachen und Gründe für den Unfall auf dem Flugfeld diskutiert und untersucht. Erst im Juni 2015 - also knapp drei Jahre später - wurden die Ergebnisse veröffentlicht. Danach wurde keine Schuld bei Marussia festgestellt. Lediglich hatte das Team de Villota keine genauen Anweisungen darüber gegeben, wie sie den Boliden zu stoppen hatte. Aus diesem Grund kam es zu einer Verkettung unglücklicher Umstände, die zu diesem tragischen Unglück führten.

Elio de Angelis, Le Castellet, 1986

Elio de Angelis in seinem Brabham, Foto: Sutton
Elio de Angelis in seinem Brabham, Foto: Sutton

Am 15. Mai 1986 standen in Le Castellet die offiziellen FOCA-Testfahrten auf dem Programm. Auch der Italiener Elio de Angelis nahm daran in seinem Brabham BT55 teil. Bei einer Geschwindigkeit von rund 300 km/h kam das Auto von der Strecke ab, überschlug sich mehrmals und kam schließlich kopfüber zum Stehen. Die genaue Ursache des Unfalls wurde nie aufgeklärt. Vermutungen legen einen Bruch des Heckflügels nahe.

Nigel Mansell und Elio de Angelis, Foto: Sutton
Nigel Mansell und Elio de Angelis, Foto: Sutton

Der Wagen fing sofort Feuer und de Angelis, der sich bei dem Unfall nur einen Schlüsselbeinbruch zugezogen hatte, konnte nicht rechtzeitig befreit werden, da die Marschalls nicht mit dem nötigen Equipment ausgerüstet waren. Auch Alan Jones, der kurze Zeit später mit seinem Auto an der Unfallstelle hielt, konnte dem Verletzten nicht helfen.

Als der Italiener endlich aus dem Auto befreit war, musste er mit dem Krankenwagen abtransportiert werden, da kein Helikopter an der Strecke vorhanden war. Im Hospital erlag er schließlich einer Rauchgasvergiftung.

Patrick Depailler, Hockenheim, 1980

Auch Patrick Depailler ließ bei Testfahrten sein Leben, Foto: Sutton
Auch Patrick Depailler ließ bei Testfahrten sein Leben, Foto: Sutton

Am 1. August 1980 - nur wenige Tage vor dem Großen Preis von Deutschland - kam es auf dem Hockenheimring zu einem tragischen Testunfall. Der Franzose Patrick Depailler verlor aus bis heute ungeklärter Ursache die Kontrolle über seinen Alfa Romeo und verunglückte in der Ostkurve tödlich.

Durch Schleifspuren auf dem Asphalt am Kurveneingang vermuteten die Ermittler einen Materialbruch. Das tragische an diesen tödlichen Testunfall: Es hätte nicht soweit kommen müssen. Für das Rennen waren Fangzäune geplant, die allerdings zur Zeit des Unfalls noch nicht angebracht waren.