Der schwere Unfall von Carlos Sainz in Russland überschattete den Samstag in Sochi. Dem Toro-Rosso-Piloten geht es laut eigenem Bekunden gut, doch der Crash hat einen bitteren Beigeschmack hinterlassen. Sainz wurde förmlich unter den so genannten TecPro-Barrieren begraben. Mit zwei Baggern mussten die Streckenposten den 21-Jährigen bergen, um ihn aus dem Toro Rosso zu befördern. Sainz war mit etwa 140 km/h in die Begrenzungen eingeschlagen. Der Zwischenfall sorgte für Bedenken im Fahrerlager.

"Es war schockierend zu sehen, dass er so tief in den Barrieren war und von ihnen bedeckt wurde", sagte Sebastian Vettel. "Das müssen wir verstehen, denn deshalb dauerte es länger, ihn zu bergen. Ich weiß nicht, ob etwas mit der Art und Weise wie sie installiert waren, nicht stimmte. Oder, ob es sich bloß um einen Zufall handelte, wie er einschlug. Aber das ist etwas, das wir vermeiden sollten."

Die Unfallstelle nach dem Einschlag von Sainz, Foto: Sutton
Die Unfallstelle nach dem Einschlag von Sainz, Foto: Sutton

Vettels Rat an Sainz: Kein Rennen

Sainz verbringt die Nacht aus Sicherheitsgründen im Sochi Hospital 4. Er selbst würde gern am Sonntag ins Rennen starten, die endgültige Freigabe erfolgt jedoch durch den zuständigen FIA-Arzt. Toro Rosso ist gerade dabei, das zerstörte Auto wieder aufzubauen. Ein Gespräch soll klären, ob Sainz grundsätzlich einsatzbereit ist. Laut Vettel solle Sainz im Zweifel auf den Start verzichten, statt ein unnötiges Risiko einzugehen.

"Es wäre toll, wenn er morgen bei uns wäre", sagte Vettel. "Aber ich denke, dass man nach solche einem heftigen Einschlag die Ruhe bewahren sollte." Der Ferrari-Star erinnerte sich dabei an Sergio Perez‘ Unfall 2011 im Qualifying zum Monaco Grand Prix. Vettel: "Er wollte am Tag danach das Rennen fahren, aber er konnte noch nicht einmal am darauffolgenden Grand Prix teilnehmen. Es macht Sinn, sich die Zeit zu nehmen."

Der zerstörte Toro Rosso nach dem Unfall, Foto: Sutton
Der zerstörte Toro Rosso nach dem Unfall, Foto: Sutton

Verstappen über Sainz‘ Unfall

Sainz‘ Teamkollege Max Verstappen verunfallte beim diesjährigen Monaco-Rennen ebenfalls heftig, konnte nach dem Einschlag aber eigenständig aus dem Auto aussteigen. Der Umstand, dass Sainz in Sochi unter den Barrieren begraben wurde, missfiel dem jungen Niederländer genauso wie Vettel. "Das war nicht ideal, dafür müssen wir eine Lösung finden", forderte Verstappen. "Es sollte nicht passieren, dass sie hochgehen. Sie könnten den Kopf treffen. Ich bin sicher, dass die Fahrer beim nächsten Meeting darüber sprechen."

Nach dem Unfall war zunächst nicht klar, wieso Sainz die Kontrolle über sein Auto verlor. Die Untersuchungen laufen. Ein Bruch eines Teils am Auto soll jedenfalls nicht zum Unfall geführt haben. Verstappen erklärte, dass dieser Teil der Strecke ziemlich knifflig sei, vor allem mit geöffnetem DRS-Flügel. "Ich kann das verstehen, denn dein DRS ist offen und du versuchst so lange wie möglich zu fahren, bis zu es selber deaktivierst", sagte Verstappen. "Dann kann es beim Bremsen ziemlich knifflig werden mit Blick auf blockierende Räder. Es ist also einfach, in die Mauer einzuschlagen."

Sainz hatte bei seinem Crash Glück im Unglück. Der Einschlag in die Leitplanke hinter den TecPro-Barrieren hätte wegen der hohen Geschwindigkeit schlimmer ausgehen können. Die TecPros sind nicht direkt am Boden befestigt und mit einem niedrigen Rennauto besteht die Möglichkeit, unter ihnen durchzurutschen. "Das Problem war, dass er die Barrieren nicht dazu nutzte, das Auto zu verlangsamen", sagte Jenson Button. "Stattdessen rutschte er darunter und traf die Leitplanken. Das ist das größte Problem. Ich weiß nicht, was man wegen solch einer Situation machen kann. Aber es gibt bei der Sicherheit immer Raum für Verbesserungen."

Sainz' Bolide wird abtransportiert, Foto: Sutton
Sainz' Bolide wird abtransportiert, Foto: Sutton

TecPro: Schumacher als Auslöser

Das havarierte Auto von Sainz rutschte nach dem Einschlag in der Mauer geradeaus unter die Streckenbegrenzung. Dort kommen statt wie früher Reifenstapel die modernen High-Speed-Barrieren namens Tecpro zum Einsatz. Sie sind miteinander verbunden und absorbieren die Energie bei einem Einschlag mit 200 km/h. Gleichzeitig reduzieren sie die einwirkenden g-Kräfte auf den Fahrer auf ein akzeptables Niveau. Die Entwicklung der Tecpro Barrieren dauerte sechs Jahre. Sie bestehen aus drei verschiedenen Schichten und sind direkt mit den anderen Elementen der Barriere verbunden.

Auslöser für die Entwicklung war der Unfall von Michael Schumacher 1999 in Silverstone, als er mit seinem Ferrari unter die Reifenstapel rutschte und sich das Bein brach. Die Technologie kam zum ersten Mal beim Italien GP 2006 in Monza zum Einsatz und ist seither Standard. Ein Test zeigte, dass die Kräfte bei einem Unfall mit 187 km/h auf 55g beschränkt werden konnten.

Fakten zum Unfall von Carlos Sainz in Sochi

  • Carlos Sainz nach schwerem Unfall im Krankenhaus
  • Entwarnung nach Body-Scan: Keine Brüche oder Verletzungen
  • Sainz: "Alles gut! Macht euch keine Sorgen!"
  • Team bestätigt: Sainz verbringt Nacht im Sochi Hospital 4
  • Rennstart aktuell ungewiss: FIA-Arzt muss Freigabe erteilen
  • Sein Toro Rosso wird nach dem Crash aufgebaut
  • Marko bei Motorsport-Magazin.com: Fahrfehler möglich
  • Glock: "Für einen Fahrer eine der schlimmsten Situationen"