Aktuell sind die großen Themen der Formel 1 die Motorenlieferanten und die Kundenteams. Wenn Sie die freie Wahl hätten, mit welchem Motor würden sie kommende Saison gerne fahren?
Mit einem Ferrari-Motor. Die Werke sind nicht weit auseinander und daher wäre die Logistik kein Problem. Hinzu kommt, dass das Triebwerk sehr gut ist.

Toro Rosso steht nur in Verhandlungen mit Ferrari. Beziehen diese Gespräche auch die Art des Motors ein, sprich aktuelle oder möglicherweise abgespeckte Version?
Das werden wir dann sehen. Soweit ist noch nichts entschieden, sondern immer noch alles offen.

Gibt es Alternativen zu Ferrari - vielleicht sogar den Ausstieg aus der Formel 1? Schließlich besteht auch große Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern.
Es gibt verschiedene Alternativen, aber die möchte ich momentan nicht in Betracht ziehen. Ein Ausstieg wäre jedenfalls eine schlechte Alternative, über die ich noch nicht nachgedacht habe. Die Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern ist natürlich da. Sollte es wirklich dazu kommen, wird sich eine Lösung finden.

Im Nebel: Toro Rosso sucht nach Lösungen für die Zukunft, Foto: Sutton
Im Nebel: Toro Rosso sucht nach Lösungen für die Zukunft, Foto: Sutton

Aktuell ist Renault ihr Motorenpartner. Gibt es eine Möglichkeit der Zusammenarbeit auch 2016?
Ich weiß es nicht und kann das nur schwer beantworten. Natürlich sollte man um diese Zeit schon wissen, welchen Motor man fährt.

Hinken Sie bereits jetzt in der Chassis-Entwicklung hinterher, oder gibt es Bereiche, die jetzt entwickelt werden, ohne den Motorenpartner zu kennen?
Noch hinken wir nicht hinterher, aber sollte sich nicht bald etwas entscheiden, dann sicher. Den vorderen Teil des Autos können wir bereits jetzt entwickeln. Beim Motoren-Part geht es primär darum, wie sich die vordere Bauweise des Motors gestaltet. Beispielsweise, ob spezielle Ölbehälter oder ähnliche Dinge vorhanden sind, oder wie die Batterie und die Elektroboxen untergebracht werden müssen. Für den Öltank müssen wir möglicherweise am Chassis einen Bereich aussparen, damit genug Platz vorhanden ist.

Bezogen auf das, was sie bisher gesehen haben: Wie groß sind die Unterschiede der einzelnen Hersteller?
Es gibt keine sehr großen Unterschiede, aber in der Formel 1 sprechen wir von Zehntel-Millimetern. Das heißt, dass irgendwelche gravierenden Änderungen, die bei einem Hersteller zu beobachten sind, auch in der Chassis-Gestaltung berücksichtigt werden müssen. Es geht zwar nur um Kleinigkeiten, aber natürlich verzögern diese den Prozess. Auch die Thermik - sprich der Kühlbedarf - ist ein wichtiger Punkt, bei dem es natürlich Unterschiede gibt.

Sprechen wir über die Rahmenbedingungen. Motorenhersteller entscheiden, was mit anderen Teams passiert, mit denen sie eigentlich nicht viel zu tun haben. Müsste das Reglement in diesem Bereich anders gestaltet sein, damit so etwas nicht auftreten kann?
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben wir eine Power-Unit-Formel-1-Weltmeisterschaft. Das Werk, das den stärksten Motor hat, gewinnt. In der Vergangenheit war das nicht immer so. Sicherlich müsste bezüglich des Reglements etwas überlegt werden, um die Gleichheit zwischen den Power Units wieder etwas herzustellen. Das würde auch spannendere Rennen bedeuten. Die Zuschauer wollen mindestens zwei oder drei Fahrer unterschiedlicher Teams um die Weltmeisterschaft kämpfen sehen. Aktuell fahren zwei Piloten alleine vorne weg und haben am Ende 20 oder 30 Sekunden Vorsprung - dabei langweilen sich die Zuschauer. In diesem Bereich sollten sich die Regelmacher und das Formel-1-Management etwas einfallen lassen.

Wie geht es weiter mit Toro Rosso?, Foto: Sutton
Wie geht es weiter mit Toro Rosso?, Foto: Sutton

Der angesprochene Punkt war einer, der zur Trennung von Renault geführt hat. Gibt es andererseits die Möglichkeit, einen Motorenhersteller dazu zu verpflichten, eine Mindestanzahl von Teams zu beliefern? Wie kann es schließlich sein, dass ein Hersteller lieber Manor als ein anderes Team beliefert?
Es ist nicht möglich, Motorenhersteller dazu zu verpflichten, ein gewisses Team zu beliefern. Auch die Formel 1 ist eine freie Marktwirtschaft. Es muss zur Philosophie des jeweiligen Herstellers passen. Das Reglement ist nicht da, um Hersteller in eine Richtung zu drängen. Es hätte allerdings vor der Einführung der Power Units bereits festgelegt werden müssen, wie viel ein Aggregat maximal für die Kundenteams kosten darf. Diese enormen Kosten sind es, die die Teams aktuell niederdrücken.

Mittlerweile ist es ohnehin zu spät, da schon auf lange Sicht kalkuliert wurde. Können Sie die Hersteller auch verstehen, die einerseits den Preis halten und andererseits gewisse Teams nicht beliefern wollen, um sich den selbst entwickelten Wettbewerbsvorteil nicht zu nehmen?
Natürlich ist das nachvollziehbar. Deshalb hätte das im Vorfeld geklärt werden müssen. Wenn die großen Teams in der Formel 1 ihre Werbe- und Marketingvorhaben realisieren, hätte klar gesagt werden müssen: Wenn ihr in die Formel 1 kommt, dann müsst ihr ein, zwei, oder drei Kunden beliefern, aber die Motoren dürfen nicht mehr als einen festgelegten Preis kosten. Das ist bis dato aber nicht geschehen und deshalb werden die Motoren auch nicht billiger.

Haben Sie das Gefühl, dass die Formel 1 momentan mehr von den Herstellern als von der FIA gelenkt wird?
Nein, das sehe ich nicht so. Die Hersteller sind Teil der Formel 1. Ein Hersteller hat einen super Job gemacht und dominiert jetzt. Die anderen werden langsam aufschließen, aber das kostet Zeit. Es wird sicherlich noch bis 2017 oder 2018 dauern, bis eine halbwegs ausgeglichene Bilanz herrscht.

Wie kann es aber sein, dass ein Team - trotz gutem Willen - ohne Motorenlieferant da steht? In diesem Fall entscheidet dann der Hersteller, über Sein oder Nichtsein des Teams - wie früher die FIA.
Das entscheidet die FIA auch jetzt noch. Irgendeinen Motor wird es immer geben. Die Frage ist aber, ob das Team mit diesem Motor einverstanden ist und ihn haben will. Es hängt auch immer von den Zielen des jeweiligen Teams ab. Eine Mannschaft wie Red Bull, die vier Jahre in Folge die Weltmeisterschaft gewonnen hat, will auch weiterhin vorne mitfahren. Für Red Bull macht die Formel 1 nur dann Sinn, wenn das Team entsprechend erfolgreich ist. Als logische Konsequenz wird bei fehlendem Erfolg die Sinnhaftigkeit in Frage gestellt.