Williams hat sich 2014 aus dem Tief herausgezogen. Nun scheint McLaren nach einer Umstrukturierung in einer ähnlichen Situation wie Williams zu sein...
Alex Wurz: Jein, McLaren ist in einer relativ starken Umbruchsituation bei den Ingenieuren und der Organisation mit sehr vielen Positionen, die wechseln. Bei Williams gab es nur eine Neuorientierung an der Spitze. Die Kerntruppe ist geblieben, der Rest ist aufgefüllt worden. Bei McLaren werden sie ausgetauscht. Das ist in der heutigen Formel 1 aus Teamsichtmanagementsicht ein sehr großer Unterschied.

Was ist für diese Unterschiede verantwortlich?
Alex Wurz: Das hat einen Grund: McLaren besitzt eine Struktur mit sehr vielen Leuten, einem großen Overhead. Williams war in den letzten paar Jahren extrem schlank, zu schlank um sich wieder nach vorne zu kämpfen. Es war also relativ einfach, mit neuen Leuten aufzufüllen und die bestehende Struktur zu stärken. Bei McLaren ist gerade ein kompletter Strukturaustausch im Gange. Sie tauschen langjährige Mitarbeiter durch Neuzugänge aus. Das ist untypisch für McLaren. Man kann es also nicht wirklich vergleichen.

Ja, McLaren bekommt einen neuen Motor. Sie werden sich lange genug Gedanken gemacht haben, wie sie das Paket aufbereiten müssen, wie der Motor designt ist, wie die Kühlung für das Paket auszusehen hat. Auf diesem Bereich hat Williams gute Erfahrung gehabt, weil sie in den letzten Jahren oft den Hersteller gewechselt haben. Cosworth, Renault, Toyota, etc. sie haben das Mercedes-Triebwerk gut verpackt.

Hat McLaren dann also in den letzten Jahren ineffizient gearbeitet?
Alex Wurz: Die beste Antwort darauf gibt die Stoppuhr. Sie lügt nicht. Sie spricht die Effizienz aus. Wir sind in einem Geschäft, in dem es um Rundenzeiten und Punktesammeln geht. Da lag McLaren heuer deutlich unter dem Schnitt der letzten 20 Jahre. Darüber müsste sich McLaren Gedanken machen. Warum ist das so, obwohl sie ein Triebwerk haben, das Weltmeistermaterial ist? Dementsprechend würde die Stoppuhr sagen, dass McLaren im heurigen Jahr nicht so effizient gearbeitet hat wie Williams.

Was kann McLaren von Williams lernen?
Alex Wurz: Das sage ich dir nicht. [lacht] Ich bin bei Williams als Berater angestellt. Das sollen sie selbst rausfinden.

So nah kam McLaren selten an Williams heran, Foto: Sutton
So nah kam McLaren selten an Williams heran, Foto: Sutton

Gibt es überhaupt ein allgemeines Erfolgsgeheimnis?
Alex Wurz: Es ist nicht Plug and Play. Keiner eurer Leser sollte glauben, dass man einfach den Drucker einsteckt und es funktioniert. Es ist sehr delikat, weil du hier mit sehr vielen Menschen zu tun hast, die ein Produkt entwickeln. Du glaubst gar nicht, wie wichtig jeder Zulieferer zu dem Produkt ist. Zwischen 50 und 150 Leute haben im Designoffice direkten Kontakt zum Produkt. Da ist jeder Einzelne extrem wichtig. Neuzugänge müssen sehr vorsichtig sein, damit die zwischenmenschlichen Beziehungen passen. Das ist teilweise wichtiger, als einzelne Toppersonen zu haben. Aber jetzt sage ich eh schon zu viel, warum es bei Williams gut funktioniert. Das müssen sich die McLaren-Besitzer selbst überlegen. Sie ziehen ja die Fäden.

Kann Ron Dennis Fernando Alonso die Saison 2007 verzeihen?
Alex Wurz: Im Motorsport reden wir nur von Zweckbeziehungen. Du gehst nicht in den Motorsport, um Freunde zu finden. Wenn du einen Freund findest, ist es ein Bonus. Aber es sind in Wirklichkeit Zweckbeziehungen. Alonso und Dennis sind eine sehr gute und schlagkräftige Beziehung. Wenn sie zusammenfinden und Alonso bekommt, was ihm versprochen worden ist, also ein Auto, das relativ schnell Rennen gewinnen kann, dann kann es funktionieren. Wenn sie keine Rennen gewinnen, werden beide nicht happy sein. Dann werden wir sehen, was passiert.

Lesen Sie eine ausführliche Hintergrundgeschichte zu Williams und McLaren in der aktuellen Print-Ausgabe von Motorsport-Magazin.com. Das Magazin ist ab sofort im Handel erhältlich oder am besten gleich online zum Vorzugspreis bestellen: