24 reguläre Boxenstopps gab es bei der Premiere des US GPs in Austin im Jahr 2012.Genau einen mehr gab es im zweiten Jahr. Das ganze bei 24, respektive 22 Startern. In diesem Jahr könnte es mehr Boxenstopps geben, als in den ersten beiden Jahren zusammen - bei lediglich 18 Startern. In Austin könnte der Reifenabbau das Zünglein an der Waage sein. Motorsport-Magazin.com macht die Longrun-Analyse.

Formel-1-Welt überrascht

In den vergangenen Jahren brachte Pirelli jeweils die gleichen Reifenmischungen mit nach Texas. Die Italiener entschieden sich für die härteste Kombination aus Medium und Hard. Nach den Rutschpartien in der Vergangenheit hat Pirelli für den US GP erstmals die Soft-Variante im Gepäck, Prime-Reifen ist der Medium. Da die Reifenmischungen 2014 allerdings um etwa eine Mischung härter sind als im Vorjahr, sollten sich die Reifen eigentlich ähnlich verhalten, wie in der Vergangenheit.

Erstmals bringt Pirelli die Soft-Reifen mit nach Austin, Foto: Sutton
Erstmals bringt Pirelli die Soft-Reifen mit nach Austin, Foto: Sutton

Zumindest in der grauen Theorie. Denn der Freitag in Austin offenbarte eine andere Welt. "Wir sahen auf den Long Runs einen ordentlichen Reifenabbau - sowohl auf dem Prime- als auch auf dem Option-Reifen", gestand Paddy Lowe, der sich ebenfalls noch gut an die vergangenen Jahre erinnern kann: "Das sollte mit Blick auf die Strategie zu einem deutlich anderen Rennverlauf als bei den früheren Rennen auf dieser Strecke."

Fernando Alonso war richtig überrascht, so viel Grip vorzufinden. "Die Streckenbedingungen waren definitiv anders als in den letzten Jahren. Möglicherweise haben die Rennen, die hier ein paar Wochen zuvor stattgefunden haben, dabei geholfen, die Strecke zu reinigen", so der Spanier. Doch kein Vorteil ohne Nachteil: "Der weiche Reifen scheint ein bisschen schlechter zu halten, als wir angenommen hatten."

Vettel bei der Musik

Nicht nur bei Ferrari hielten die Reifen schlechter als erwartet. Bei allen Teams war nach rund zehn Runden ein deutlicher Knick bei den Rundenzeiten zu sehen. Am besten sieht es noch immer bei Mercedes aus. Weil Lewis Hamilton allerdings mit Hydraulikproblemen zu kämpfen hatte, entfällt der Mercedes-interne Longrun-Vergleich leider.

Auffällig: Zu Beginn der Longruns sind die Zeiten sehr dicht beieinander. Erst nach und nach trennt sich die Spreu vom Weizen. Besonders sticht Nico Hülkenberg aus der Reihe hervor. Bei taktisch interessanten Rennen ist Force India meist am ehesten eine Überraschung zuzutrauen. Hülkenbergs Longrun zeigte aber, dass das an diesem Wochenende schwierig werden könnte.

Der Emmericher legte los wie die Feuerwehr, musste aber anschließend den Preis dafür zahlen. Zwar zeigte sich der VJM07 insgesamt stark verbessert, im Longrun konnte er aber nicht vollends überzeugen. Besser sieht es da einmal mehr bei Williams aus. Auf den Soft-Reifen konnte Felipe Massa einigermaßen mit den Zeiten von Nico Rosberg mithalten, auch wenn die Reifen des Deutschen zu Beginn seines Runs schon eine schnelle Runde mehr auf dem Buckel hatten.

Auf den zweiten Blick nicht mehr so gut: Vettels Longrun, Foto: Red Bull
Auf den zweiten Blick nicht mehr so gut: Vettels Longrun, Foto: Red Bull

Neben Massa sticht auch Sebastian Vettel aus der Masse hervor. In der Tat sieht es auf dem Graphen so aus, als würde der Red Bull besonders schonend mit den Reifen umgehen. Allerdings fuhr Vettel ausschließlich einen Longrun, die Reifen mussten zuvor nicht - wie bei allen anderen - auf Zeitenjagd gehen. Korrigiert sieht es dann gar nicht mehr so rosig für den Heppenheimer aus.

Hinter Mercedes und Williams geht es eng zu. Ferrari, McLaren und der reifenbereinigte Red Bull fuhren auf den Softs etwa auf einem Niveau. Im Mittelfeld wird viel davon abhängen, wie sich die Strecke noch über das Wochenende entwickelt und wer die Entwicklung bei der Abstimmung des Setups am besten antizipiert.

Der Soft-Medium-Vergleich

Die meisten Piloten sind ihren Longrun auf den Soft-Reifen gefahren. Auf Williams ist allerdings immer Verlass: Der Traditionsrennstall splittet seit dem ersten Rennwochenende in Australien die Strategien am Freitag regelmäßig. Felipe Massa kam in den Genuss der weichen Reifen, Valtteri Bottas musste mit den Mediums ran.

Und beim Vergleich offenbarte sich erneut die große Schwachstelle des Williams. Der Unterschied zwischen den beiden Reifenmischungen ist zu groß. Schon in Sotchi hatte Valtteri Bottas große Probleme, seine Pace auch auf den Mediums zu finden. Als die härtere Mischung endlich ins Betriebsfenster kam, war Nico Rosberg schon an ihm vorbeigezogen und das Rennen bald zu Ende.

Weil Sebastian Vettel an diesem Wochenende eine komplett untypische Vorbereitung fährt, wurden die Longruns auch bei Red Bull gesplittet. Vettel durfte Soft fahren, Ricciardo Medium. Der Unterschied zwischen den beiden Reifenmischungen ist bei Red Bull deutlich geringer als bei Williams. Zugutehalten muss man Williams, dass Bottas' Reifen zu Beginn seines Stints bereits 13 Runden alt waren, Ricciardos Mediums hingegen erst 7 Runden. So lässt sich auch der Einbruch bei Bottas erklären.

Fazit: Mercedes ist klar. Dahinter siedelt sich einmal mehr Williams an. Allerdings könnte Williams der Umgang mit den Medium-Reifen zum Verhängnis werden. Weil es jedoch - anders als in Sochi - mehr als einen Boxenstopp geben wird, muss nicht besonders lange auf dem ungeliebten Compound gefahren werden. Hinter Williams ist das Feld so eng, dass genaue Prognosen schwer sind.