Daniel Ricciardo ist als Drittplatzierter in der Fahrer-WM schärfster Verfolger der beiden Mercedes-Piloten. Teamkollege Sebastian Vettel liegt 60 Punkte hinter ihm. Auf Schützenhilfe des Deutschen will Ricciardo im Titelkampf nicht angewiesen sein. Rein rechnerisch seien sie beide noch in der Lage, nach dem Pokal zu greifen. "Wir sind immer noch da draußen, um Rennen zu fahren und zu tun, was wir können", verdeutlichte er. Er glaube nicht, dass der Kommandostand einen von ihnen bevorzugt.

"Ich möchte vor Seb sein und mich nicht darauf verlassen müssen, dass er für mich Platz macht", betonte Ricciardo. "Es macht mich hungriger darauf, sicherzugehen, dass ich vor ihm bin und ihn nicht brauche. Das ist nichts gegen ihn oder das Team, sondern es ist einfach so." Es sei zudem noch relativ früh und es sei nicht so, dass er gewinne, wenn Vettel ihm helfe. "Wir brauchen beide etwas Glück und nicht nur eine kleine Teamorder."

Überraschende Sonntage

Der Australier ist zudem bemüht, seinen Teamkollegen ins rechte Licht zu rücken. Vettel habe nicht so viel zu kämpfen, wie es nach außen hin den Anschein macht. "Er kommt offensichtlich besser zurecht. Meine Rennperformance, meine Sonntage, waren das Überraschende, das war ziemlich gut", analysierte er. Was ihm außerdem in den letzten beiden Rennen in die Karten spielte, war das Reifenmanagement. "Es sah so aus, als könnte ich sie besser schonen", meinte er. "Aber was den reinen Speed angeht, ist er jetzt auf gleicher Höhe. Er hat mich in den letzten Qualifyings unter Druck gesetzt", gab Ricciardo zu bedenken und fügte lachen hinzu: "Bis zum Ende der Saison sollte es keine Fragezeichen mehr geben. Ich hoffe, dass wer auch immer vorne ist, vorne ist."

Ricciardo vermutete, dass ihm sein Wechsel von Toro Rosso zu Red Bull in mehrerlei Hinsicht zum Vorteil gereicht und ihn daher - zumindest zu Beginn - stärker machte als seinen deutlich erfahreneren Teamkollegen. "Die Autos haben dieses Jahr an Grip verloren. Natürlich hatte mein Toro Rosso weniger Grip als Sebs Red Bull letztes Jahr, also war für ihn der Gripverlust möglicherweise größer als für mich, um fair zu sein." Daher sei es für Vettel wohl auch eine größere Herausforderung gewesen, sich anzupassen. Zudem lerne er bei Red Bull viel und könne sich dabei als Fahrer verbessern.

Das Verhältnis zwischen ihm und Vettel habe sich seit Januar nicht verändert. "Ich hatte bislang die Nase vorne und er hat mir das nicht vorgeworfen. Er ist immer noch sehr respektvoll. Bei jedem Sieg ist er zu mir gekommen und hat gesagt: 'Gut gemacht!' Und wenn er das nicht persönlich machen konnte, weil er etwa ausgeschieden war, dann hat er mir eine Nachricht geschickt: 'Gut gemacht!'", verriet Ricciardo. "Es hat sich nicht verändert. Ich respektiere ihn auch. Unter Teamkollegen kann es nicht viel besser laufen", fügte er lachend hinzu.

Bis auf wenige Zehntel an Mercedes heran

Das Verhältnis wird in dieser Saison allerdings wohl noch das eine oder andere Mal auf die Probe gestellt werden. In Singapur erwartet Ricciardo nämlich den siebten Podestplatz der Saison. "Ich erwarte einen Podestplatz. Wir müssen das anpeilen, zumal wir uns ja im Kampf um den Titel halten wollen", verdeutlichte er. "Wenn ich eine Vorhersage treffen muss, würde ich sagen, dass wir das zweitbeste Team sein werden, wenn wir morgen auf die Strecke gehen. Die Frage ist, wie nah wir an Mercedes herankommen. Ich denke aber definitiv, dass wir näher dran sein werden als in Monza." Die Streckencharakteristiken in Singapur würden dem RB10 entgegenkommen.

"Wenn wir bis auf ein paar Zehntel herankommen, ist das ein gutes Ergebnis. Das würde bedeuten, dass wir am Sonntag gegen sie [Mercedes] fahren können. Ich erwarte außerdem, dass wir ein paar Zehntel vor den Nächstbesten sind. Das ist meine Vorhersage. Wenn alles gut läuft, sollten wir auf dem Podium stehen."

Ein weiterer Sieg hätte nach Ricciardos Ansicht keine dramatischen Folgen für die Meisterschaft, da seine Herangehensweise ohnehin seit Saisonbeginn unverändert ist. "Wenn wir den Sieg holen können, dann holen wir ihn. Und wenn mich das näher an den Führenden heranbringt, ist das natürlich gut. Die Herangehensweise lautet, zu attackieren und so viel herauszuholen wie möglich und das wird sich nicht ändern. Das müssen wir machen, um nah an die Mercedes heranzukommen."