"Das ist das letzte Jahr der Formel 1, wie wir sie kennen. 2015 nehmen acht Teams an der Weltmeisterschaft teil und einige Teams werden drei Autos ins Feld schicken." Rund eine Stunde nach dem Rennende des Großen Preis von Italien sorgte Adam Parr mit diesem Eintrag auf seiner Twitter-Seite für Wirbel. Im Fahrerlager von Monza begannen schnell heiße Diskussionen. Was ist wirklich dran an der düsteren Vision des ehemaligen Williams-Geschäftsführers? Welche Teams könnten die F1 schon nächstes Jahr verlassen?

Parr beließ es zunächst bei seinem Twitter-Eintrag. "Leider kann ich momentan nichts weiter dazu sagen. Das ist aber ein sehr interessantes Thema", antwortete er auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com am Montagmittag.

Angesprochen auf die kontroverse Aussage, sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff: "Adam Parrs absolut paranoide Vision ist, dass es nur noch Ferrari, Red Bull und Mercedes gibt. Und die fahren jeder mit 17 Werkswagen." Was genau Parr, der nach seinem Ausstieg bei Williams häufiger die Ökonomie der Formel 1 kritisierte, zu seiner Aussage führte, ist nicht bekannt.

Finanz-Probleme als Wegbegleiter

Kein Geheimnis ist, dass die Königsklasse des Formelsports immer wieder mit finanziellen Schwierigkeiten konfrontiert ist. Die enormen Kosten des Sports sorgen dafür, dass einigen Teams der Abschied angedichtet wird. Stets heiße Kandidaten sind die Hinterbänkler-Teams Caterham und Marussia. Auch Lotus und Sauber steckten immer wieder in finanziellen Problemen.

Zu Parrs Aussagen passt, dass es bei den 'kleinen Teams' hinter den Kulissen zuletzt mächtig rund ging. Da war zum einen Caterham-Besitzer Tony Fernandes, der immer wieder mit einem Ausstieg geliebäugelt hatte und kürzlich sagte, dass in der Formel 1 im wirtschaftlichen Sinne alles verkehrt laufe. Dass Caterham am vergangenen Rennsonntag plötzlich vermeldete, dass Kurzzeit-Teamchef Christijan Albers die Truppe schon wieder verlässt, passte ins düstere Bild. Das Fahrer-Hickhack bei Marussia um Max Chiltons Cockpit sorgte ebenfalls für Stirnrunzeln bei sämtlichen Beteiligten.

Lotus hat angeblich Schwierigkeiten, Motorenpartner Renault zu bezahlen und überhaupt gerät die Truppe aus Enstone wegen finanzieller Engpässe fast regelmäßig in die Schlagzeilen. Auch um Sauber war es nicht immer rosig bestellt. Ein kanadischer Investor aus der Mode-Industrie war zuletzt im Gespräch, bei Sauber einzusteigen. Vom Team aus Hinwil gab es allerdings keine Stellungnahme.

Funktioniert eine Formel 1 mit nur acht Teams?, Foto: Sutton
Funktioniert eine Formel 1 mit nur acht Teams?, Foto: Sutton

Was sagt Ferrari zum dritten Auto?

In Maranello dürften Parrs Aussagen gern gehört werden. Vor allem bei Luca di Montezemolo, der sich traditionell für die Einführung eines dritten Autos pro Team in der Formel 1 ausspricht. Am Wochenende war der Ferrari-Präsident höchst persönlich in Maranello und erzählte unter anderem, wie fantastisch es Ferrari als Unternehmen gehe. Montezemolos wiederholt geforderte Rückkehr der Motorenentwicklung sowie Testfahrten unter der Saison dürfte bei den klammen Vertretern in der Formel 1 nicht allzu gut angekommen sein.

Ferrari-Teamchef Marco Mattiaci wollte sich am Wochenende nicht so konkret zum Drei-Auto-Plan äußern wie sein Chef. "Darüber möchte ich nicht nachdenken", sagte er. "Ich will erst einmal schauen, dass unsere zwei Autos perfekt laufen." Die Möglichkeit, neben Motoren auch Chassis an Kundenteams zu verkaufen, missfiel ihm unterdessen: "Wenn wir das immer noch Konstrukteurswertung nennen wollen, müssen wir ja eigentlich dabei bleiben, dass jeder sein eigenes Chassis baut. Sonst wird die DNA der Formel 1 verletzt." Jedes Team solle demnach ein eigenes Auto aufbauen.

Wohin führt der Weg der Königsklasse?, Foto: Sutton
Wohin führt der Weg der Königsklasse?, Foto: Sutton

Ecclestone: Bereit für F1 mit acht Teams

Bernie Ecclestones Haltung zu dieser Diskussion ist eindeutig. Der F1-Chefvermarkter könnte auf Teams wie Carerham und Marussia verzichten. Das hatte der Brite immer wieder deutlich gemacht. "Ich habe keine Angst davor, dass die finanzschwachen Teams Probleme bekommen und auf der Strecke bleiben könnten. Ehrlich gesagt wäre ich sogar froh darüber", sagte Ecclestone Ende Juli dieses Jahres.

Ecclestone hatte Parrs jüngster Vision damals sogar schon vorgegriffen und klar gesagt: "Ich bin bereit für eine Formel 1 mit acht Teams, die je drei Autos haben."

Adam Parr: Früher ein hohes Tier bei Williams, Foto: Sutton
Adam Parr: Früher ein hohes Tier bei Williams, Foto: Sutton

Gegen die Natur des Sports

Parr hatte die Formel 1 und Williams zu Beginn der Saison 2012 überraschend verlassen. Zu Beginn dieses Jahres hieß es, dass der Brite bei Motorenbauer Cosworth angeheuert habe. In seinem 2013 erschienenen Buch mit dem Titel 'The Art of War' (Kunst des Krieges;d.Red.) hatte er unter anderem die ökonomische Seite der Formel 1 in Comic-Form angeprangert.

In einem Exklusiv-Interview mit Motorsport-Magazin.com aus dem vergangenen Jahr sagte Parr mit Blick auf das Concorde Agreement: "Um im Hinblick auf Nachhaltigkeit, Fairness und soziale Bedeutung effektiv zu sein, muss im Sport Fairness vorherrschen. Es ist nicht im Interesse der Öffentlichkeit, dass zwei Teams den Sport beherrschen, unabhängig davon, ob es finanziell oder auf andere Art und Weise geschieht - das ist gegen die Natur des Sports."

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Eine Formel 1 mit nur noch acht Teams? Ja, warum eigentlich nicht? Die Neueinsteiger der vergangenen Jahre fahren nur hinterher - mit Attraktivität hat das nicht viel zu tun. Sicherlich ist es schwer denkbar, dass plötzlich drei Teams aus der Königsklasse verschwinden. HRT hat allerdings vorgemacht, wie schnell die Lampen ausgehen können. So düster Adam Parrs Vision auch klingen mag, ganz von der Hand zu weisen ist sie definitiv nicht. In welcher anderen Sportart wird so häufig über die finanziellen Probleme diskutiert wie in der Formel 1... Am Ende ist die F1 nun mal mehr Business als Sport. Und was passiert, wenn sich ein Geschäft nicht rentiert, sollte bekannt sein. (Robert Seiwert)