Finden alle Rennen, die derzeit gehandelt werden, Aufnahme in den Kalender, wird bald die Marke von 20 Grands Prix pro Saison gesprengt. Das Comeback von Mexiko im Jahr 2015 ist bereits fix, zudem soll ab 2016 in Baku der der Große Preis von Europa stattfinden und auch das Rennen in New Jersey bleibt weiterhin eine Option. Sollte der Kalender tatsächlich dermaßen aufgebläht werden, kommt auf die Formel 1 vor allem eine enorme logistische Herausforderung zu, glaubt Pirelli-Motorsportdirektor Paul Hembery.

Import und Export

"Wenn man an neue Orte reist, lautet die Herausforderung, die Dinge nur für ein paar Tage zu importieren und dann wieder zu exportieren, was nicht viele Leute tun", erklärte der Brite. "Das hat Auswirkungen auf die Logistikstruktur, denn wenn man keine Garantie hat, das Equipment wieder aus dem Land zu bringen, muss man zusätzliches Equipment besorgen."

Grundsätzlich sträubt man sich bei Pirelli aber nicht gegen mehr Rennen, denn je öfter die Formel 1 ihre Runden dreht, desto mehr Aufmerksamkeit resultiert daraus, was wiederum dem Werbewert zugutekommt. Lediglich der personelle Aufwand würde ein Problem darstellen, da die Mitarbeiter an ihre Grenzen stoßen würden und der Personalstand somit in gewissen Bereichen bis zu verdoppelt werden müsste.

Die Formel 1 reist mit großem Gepäck, Foto: Sutton
Die Formel 1 reist mit großem Gepäck, Foto: Sutton

"Wir sind nicht gegen mehr Rennen", stellte Hembery klar, der betonte, dass Pirelli auch gerne in Indien und Korea geblieben wäre, da dies wichtige Märkte seien, und man sich sehr freue, bald in Mexiko zu Gast zu sein, wo vor kurzem eine große neue Fabrik eröffnet wurde. Wichtig sei jedoch, dass die Austragungsorte dauerhaft im Kalender bleiben, um eine Bindung zu den Fans aufbauen zu können, was in Korea und Indien eben nicht der Fall war.

Städte bevorzugt

"Wir waren in Korea und Indien und niemand hat zugesehen", klagte der Pirelli-Mann über die vielen leeren Tribünen entlang der Retortenstrecken. "Wir möchten in Länder gehen, wo die Fans die Formel 1 sehen wollen." Besonders interessant seien diesbezüglich Stadtrennen, da man in den Metropolen nicht übersehen werden könne - ganz anders als auf Kursen, die abseits großer Agglomerationen mehr oder weniger im Nichts aus dem Boden gestampft werden. "Man muss sich dann das Rennen ansehen, weil es den Arbeitsweg blockiert", scherzte Hembery und verwies auf Singapur als Erfolgsmodell.

In Korea blieben viele Tribünen leer, Foto: Sutton
In Korea blieben viele Tribünen leer, Foto: Sutton

Hätte die Formel 1 in Südkorea nicht in Yeongam, sondern in der Hauptstadt Seoul ihre Zelte aufgeschlagen, wäre der Abstecher nach Asien ein voller Erfolg gewesen, ist sich der Brite sicher. "Stadtzentren sind zwar teuer, stellen aber die Öffentlichkeit sicher."

Freilich gebe es auch Ausnahmen wie den hervorragend besuchten Großen Preis von Österreich inmitten der Alpen, aber grundsätzlich sei es wichtig, dass die neuen Events nachhaltiger Natur sind, um mit dem Publikum eine langfristige Bindung aufzubauen, wiederholte er. "Wir müssen verstehen, warum die Öffentlichkeit nicht interessiert ist und was wir dagegen tun können", nahm Hembery auf den Zuschauerschwund an vielen Rennstrecken Bezug, so auch jüngst in Hockenheim.

Testfahrten: Bahrain lieber als Spanien

Während man bei Pirelli nichts gegen eine Ausweitung des Rennkalenders einzuwenden hätte, sind dem Reifenhersteller die Testpläne für 2015 ein Dorn im Auge. Wurde vor Beginn der laufenden Saison noch zwei Mal in Bahrain getestet, wo ideale Bedingungen vorherrschten, schlagen die Teams ihre Zelte im nächsten Jahr aus Kostengründen ausschließlich in Spanien auf.

Bahrain bietet ideale Testbedingungen, Foto: Sutton
Bahrain bietet ideale Testbedingungen, Foto: Sutton

"Wir wäre viel lieber wieder nach Bahrain gegangen", machte Hembery seinem Unmut Luft. "Das war eine Änderung, die die Preseason deutlich verbessert hat, aber leider kehren wir wieder zurück." Zwar werde es deutlich weniger Überraschungen als in diesem Jahr geben, weil die neue Technik bereits bekannt und erprobt sei, trotzdem wäre ein repräsentativer Test vor dem ersten Saisonrennen Gold wert, glaubt der Brite, denn: "Zehn Grad in Spanien sind aus Reifensicht völlig nutzlos."