Man kann also doch noch die Uhr nach ihm stellen. Die Rede ist vom monsunartigen Regen in Malaysia, der die Freien Trainings am Freitag zwar verschonte, doch pünktlich zum Qualifying öffnete der Himmel über Sepang unerbittlich seine Schleusen. Als Konsequenz dessen musste das Zeittraining um fast eine Stunde verschoben werden und auch als die Strecke endlich freigegeben war, machten die äußeren Bedingungen den Piloten schwer zu schaffen.

Ericsson reißt Sutil mit

Wenige Sekunden vor Ablauf von Q1 wurde Marcus Ericsson ein Opfer der unwirtlichen Verhältnisse und verlor seinen Caterham-Boliden. "Es tut mir wirklich leid für das Team", zeigte sich der Rookie nach dem Abflug bestürzt. Der Rennleitung blieb keine andere Wahl als die rote Flagge zu zücken, was wiederum Adrian Sutil nicht in die Karten spielte - für den Sauber-Piloten blieb nur Startplatz 17. "Ich war leider der erste, der hinter dem Caterham war und musste meine Runde natürlich abbrechen und konnte mich nicht verbessern", klagte der Deutsche im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com.

Ericsson konnte sich nicht auf der Strecke halten, Foto: Sutton
Ericsson konnte sich nicht auf der Strecke halten, Foto: Sutton

Immer wieder wechselten im weiteren Verlauf des Qualifyings Niederschlag und trockene Phasen, was die Teams vor eine knifflige Entscheidung stellte: Sollte man Regenreifen aufziehen oder es doch mit den Intermediates versuchen?

Letztlich erwiesen sich die Full Wets als richtige Wahl, denn lediglich Jenson Button wagte sich in Q3 mit Intermediates auf die Strecke, doch der Erfolg hielt sich in überschaubaren Grenzen: Platz zehn mit rund einer Sekunde Rückstand auf seinen Vordermann. "Es war eine mutige Entscheidung, im Q3 auf Intermediates zu bleiben. Das war Jensons Entscheidung. Zu diesem Zeitpunkt war das ein Glücksspiel", erklärte McLaren-CEO Jonathan Neale gegenüber Motorsport-Magazin.com.

Pirelli ist zufrieden, die Fahrer nicht

"Heute war ein sehr guter Test für die Intermediates und Regenreifen unter sehr wechselhaften Bedingungen", strich Pirelli-Motorsportdirektor Paul Hembery hervor. Die Full Wets wurden gegenüber der Vorsaison noch einmal überarbeitet und verdrängen nun bei voller Geschwindigkeit 65 Liter pro Sekunde, was angesichts der Wassermassen in Sepang auch bitter nötig war.

Auch die Trockenreifen standen im Regen, Foto: Sutton
Auch die Trockenreifen standen im Regen, Foto: Sutton

"Wir haben keinerlei Beschwerden über Aquaplaning unter diesen extremen Bedingungen gehört, was eine ziemliche Leistung ist, wenn man bedenkt, dass die neuen Regenreifen für diese radikal überarbeiteten Autos in einer Testsession mit einem 2010er-Renault sowie an einem ungeplanten Regentag in Jerez im Zuge der Testfahrten vor der Saison entwickelt wurden", zeigte sich Hembery mit der Performance des schwarzen Goldes hochzufrieden.

Die Fahrer hingegen waren über die Reifen alles andere als glücklich und konnten den Enthusiasmus von Pirelli nicht teilen. "Ich mag sie nicht. Auf der ersten Runde ist es noch am besten, aber dann wird man langsamer, weil man Grip verliert", kritisierte Felipe Massa. "Der Verschleiß im Nassen, wie sich der Regenreifen verhält, ist nicht gut." Ähnliche Töne schlug Sutil an. "Sie haben die Reifen härter gemacht, den Downforce verringert und jetzt haben wir keinen Grip", so der Force-India-Pilot. "Und im Regen hat man sowieso keinen Grip und dazu einen schlechten Regenreifen."

Erinnerungen an 2009

Am Sonntag könnte sich das Schauspiel jedoch wiederholen und die Piloten erneut gezwungen sein, die ungeliebten Pneus zu verwenden. Für den Rennstart, der um 16:00 Ortszeit erfolgt, sind abermals schwere Regenfälle angesagt, die drohen, den Zeitplan gehörig durcheinander zu wirbeln. Allzu viel Freiraum für wetterbedingte Verschiebungen bleibt allerdings nicht, denn die Sonne über Sepang geht bereits um 19:21 unter. Sollte Petrus also kein Erbarmen haben, könnte es zu einem unliebsamen Déjà-vu kommen.

2009 musste das Rennen abgebrochen werden, Foto: Sutton
2009 musste das Rennen abgebrochen werden, Foto: Sutton

Bereits 2009 wurde der Große Preis von Malaysia aufgrund heftiger Unwetter unterbrochen und konnte angesichts der rasch hereinbrechenden Dunkelheit nicht mehr fortgesetzt werden. Weil damals weniger als 75 Prozent der Renndistanz zurückgelegt wurden, gab es für Sieger Jenson Button und seine Kollegen nur die halben Punkte.

Red Bull hofft auf Regen

Wer hat nun im zweiten Rennen des Jahres die besten Karten, sollte es tatsächlich nass werden? Während bei trockenen Verhältnissen nach den Eindrücken der Trainingssitzungen die Silberpfeil-Piloten Nico Rosberg und Lewis Hamilton wohl kaum zu schlagen sein werden, erweitert sich der Favoritenkreis bei Regen deutlich und ein gleichermaßen spannendes wie unkalkulierbares Rennen ist zu erwarten.

"Wenn es trocken ist, dann sehen wir Mercedes nur von hinten. Wir müssen hoffen, dass es regnet oder sehr heiß wird, sonst können wir vorne nicht mitmischen", ist sich Red Bulls Motorsport-Berater Helmut Marko bewusst, dass es vermutlich der Hilfe von oben bedürfen wird, damit Sebastian Vettel seinen zweiten Startplatz auch im Grand Prix behaupten kann. Aber wie es wirklich kommen wird, weiß auch der gebürtige Grazer nicht. "Das ist Malaysia, da kannst du eher im Lotto gewinnen als das Wetter richtig vorhersagen."

Ein nicht zu vernachlässigender Faktor für die Teams ist die limitierte Anzahl der Regenreifen, denn jedem Fahrer stehen pro Rennwochenende lediglich drei Sätze der Profil-Pneus zur Verfügung. "Wir hatten keine neuen Reifen mehr und mussten uns entscheiden, ob wir beim Start von Q3 neue nehmen oder erst beim Boxenstopp - wir hatten nur mehr einen Satz über", verriet Fernando Alonso, der die Gunst der Stunde nutzte und seinen Ferrari auf Platz vier lenkte.